Ein interdisziplinäres Forscherteam hat die Grundlagen für einen neuen Typ von Solarzellen entwickelt. Die Funktion der Festkörper-Solarzelle besteht aus dem Mineral Perowskit und beruht auf sogenannten Polaron-Anregungen.
Das sind kombinierte Anregungen von Elektronen und Gitterschwingungen des Festkörpers. Die Methode, die jenseits der herkömmlichen Wirkmechanismen Infrarotlicht in elektrische Energie umwandelt, entwickeln Forscher der Universität Göttingen, des Göttinger Max-Planck-Instituts für biophysikalische Chemie, der Technischen Universität Clausthal und vom Deutschen Elektronen-Synchrotron (DESY) in Hamburg. Die Ergebnisse sind in der Fachzeitschrift Advanced Energy Materials erschienen.
»In konventionellen Solarzellen führt die Wechselwirkung von Elektronen mit Gitterschwingungen oft zu unerwünschten Verlusten. Die Polaron-Anregungen in der Perowskit-Solarzelle werden hingegen bei bestimmten Betriebstemperaturen fraktal und langlebig genug gebildet, damit ein ausgeprägter photovoltaischer Effekt auftritt«, erläutert Erstautor Dirk Raiser vom MPI für biophysikalische Chemie und vom DESY. Dafür sei aber ein geordneter Grundzustand der Ladungen nötig, der einer Art Kristallisation der Ladungen entspricht und kooperative Wechselwirkungen der Polaronen ermöglicht.
Um diesen Effekt zu erzielen, mussten die Forscher die Perowskit-Solarzellen im Labor auf etwa minus 35 Grad Celsius kühlen.
Damit sich die Solarzellen auch praktisch anwenden lassen, versuchen Göttinger Materialphysiker das Material zu modifizieren und optimieren, um eine höhere Betriebstemperatur zu erreichen. Sollte eine dieser Strategien erfolgreich sein, könnten zukünftig Solarzellen oder photochemische Energieträger mittels reichlich vorhandener Perowskit-Oxidverbindungen erzeugt werden.
»Um hocheffiziente und einfach gebaute Festkörper-Solarzellen zu entwickeln, müssen das Material und der Bau schon etablierter Solarzellen optimiert sowie neue Mechanismen des lichtinduzierten Ladungstransports und der Umwandlung in elektrische Energie erforscht werden.«, betont Forschungsleiter Prof. Dr. Christian Jooß vom Institut für Materialphysik der Universität Göttingen. Auf diese Weise sollte es möglich sein, Solarzellen basierend auf neuen Wirkprinzipien zu entwickeln.
Genau dies ist den Forschern nun im Rahmen des Göttinger Sonderforschungsbereichs 1073 „Kontrolle der Energiewandlung auf atomaren Skalen“ gelungen. Um die neuartigen Solarzellenfunktion zu erforschen, nutzten die Forscher schnelle optische und strukturelle Analysemethoden, wie sie in aktuellen und früheren Arbeiten zu diesem Thema zum Einsatz kamen. Im Zentrum steht dabei, Materialien zu entwickeln, deren Anregungen sich mittels starker Wechselwirkungen steuern lassen.