Nachhaltigkeit im Fokus

Mit Solarantrieb um die Welt

20. April 2022, 9:30 Uhr | Autor: Frank Riemenschneider, Redaktion: Irina Hübner

Fortsetzung des Artikels von Teil 1

emWin reduziert den Entwicklungsaufwand

Ein wesentliches Element moderner Fahrzeuge sind auch die Anzeigen für Fahrer und Beifahrer. Sicherlich wäre Solaride in der Lage gewesen, eine leistungsfähige Benutzeroberfläche selbst zu programmieren. Doch ohne die emWin-Bibliothek von Segger wäre der Arbeitsaufwand nach internen Schätzungen mehr als zehnmal so hoch gewesen.

Der Grund dafür ist sehr einfach: emWin ermöglicht es selbst ressourcenbeschränkten Mikrocontroller-basierten Systemen, interaktive Schnittstellen mit einer leistungsstarken und einfach zu bedienenden API zu betreiben. Solarides MCU-Lieferant Renesas zum Beispiel hat emWin aufgrund seiner Ressourceneffizienz und leistungsstarken Funktionalität für alle RA- und RX-Mikrocontroller lizenziert [1], um den Kunden die kostenlose Nutzung von emWin zu ermöglichen.

Schaubild eines emWin-Systems
Bild 2. Schaubild eines emWin-Systems.
© Segger Microcontroller

Bild 2 stellt die allgemeine Struktur eines emWin-Systems dar. Obwohl emWin die ressourceneffizienteste Grafikbibliothek für Embedded-Geräte auf dem Markt ist, ist sie natürlich nicht die einzige. Aus Platzgründen können nicht alle von Solaride verwendeten Funktionen beschrieben werden, daher sind die wichtigsten hervorgehoben [2].

Nach Seggers Informationen gibt es kein Tool mit einer vergleichbaren Vielfalt an Optionen zur Skalierung von Bildern und Schriften wie emWin. Standardmäßig werden Bilder so für die Hardware umgerechnet, dass die bestmögliche Performance erreicht wird. Aber es kommt nicht immer nur auf die Leistung an, sondern auch auf die Notwendigkeit, Ressourcen zu erweitern. Bei diesem Aspekt bietet emWin größtmögliche Flexibilität.

Mit Variablen lassen sich verschiedene Dinge in einem GUI realisieren: Zum Beispiel können extern veränderte Variablen als Auslöser für beliebige Aktionen verwendet werden. Ein konkretes Anwendungsbeispiel im Automobilbereich ist die Anzeige der Motordrehzahl. Die aktuelle Drehzahl wird auf dem Bildschirm in Form eines Schiebereglers visualisiert, dessen Länge proportional zur Drehzahl ist. Wird ein Wert außerhalb des effizientesten Bereichs (hohes Drehmoment, geringer Energiebedarf) erreicht, wird ein Trigger gesetzt, der die Farbe der Anzeige zum Beispiel von Grün auf Rot ändert.

Neben den vordefinierten Widgets könnte Solaride auch andere grafische Elemente wie ein Potenziometer verwenden, um beispielsweise den Ladezustand der Batterie von 0 bis 100 % anzuzeigen. Auch solche Elemente lassen sich einfach über sogenannte Drawings realisieren.

Drawings sind Zeichenfunktionen für verschiedene Elemente wie Linien, Kreise, Rechtecke und in diesem Fall Tortenstücke. Sie geben den Mittelpunkt des Kreises, den Radius, den Start- und Endwinkel und die Farbe an. Das Spannende daran ist, dass diese Werte auch aus Variablen ausgelesen werden können, sodass im Falle des Potenziometers die aktuelle Position grafisch als kleineres oder größeres Tortenstück dargestellt wird. Zu diesem Zweck ist es möglich, für jedes einzelne Objekt sowohl ein Predraw als auch ein Postdraw anzugeben. Das sind Aktionen, die vor oder nach der Darstellung des Elements ausgeführt werden. Die Möglichkeiten sind nur durch die Phantasie des GUI-Designers begrenzt.

Der GUI-Builder AppWizard

Neben emWin setzt Solaride den AppWizard ein, Gewinner des von der Design&Elektronik verliehenen »Innovator des Jahres«. AppWizard ist ein GUI-Builder, mit dem der Benutzer keinen Code programmieren muss, sondern die Benutzeroberfläche vollständig visuell gestalten kann. AppWizard generiert C-Quelldateien, die mit jedem Zielsystem funktionieren, das mindestens 130 KByte RAM und 256 KByte Flash hat. Ein MS-Visual-Studio-Simulationsprojekt ermöglicht das Debuggen der Anwendung und das Hinzufügen von benutzerdefiniertem Code, auch wenn die endgültige Zielhardware (noch) nicht verfügbar ist.

Es erleichtert die Nutzung aller Kernfunktionen von emWin, wie zum Beispiel Rendering-Animationen, Sprachmanagement, Widgets usw. Das Kernmerkmal von AppWizard ist der WYSIWYG-Editor. Mit diesem Editor lassen sich Anwendungen erstellen, die nicht nur die Benutzeroberfläche darstellen, sondern auch Schnittstellen zu anderen Funktionen der Anwendung.

Auf diese Weise können Entwickler Anwendungsoberflächen mit den zugehörigen Interaktionen und Ereignissen entwerfen und sofort sehen, wie sie in der Anwendung tatsächlich aussehen werden. Zu diesem Zweck integriert AppWizard einen Replay-Modus zum einfachen Testen der erstellten Anwendungen in einer simulierten Umgebung. Durch Drücken der F5-Taste wird der aktuelle Zustand der Anwendung ausgeführt, ähnlich wie beim Debuggen in einer IDE. Auf der Website von SEGGER stehen mehrere Videos zur Verfügung, die zeigen, wie man mit AppWizard Benutzeroberflächen erstellen kann, ohne auch nur eine Zeile Code programmieren zu müssen [3].

Mit einem solarbetriebenen Fahrzeug trifft Solaride den Nerv der Zeit und bringt in Zeiten des Klimawandels Nachhaltigkeit in den Rennsport. Segger Microcontroller, seit 2021 selbst ein klimaneutrales Unternehmen [4], unterstützt mit seinem Friendly-Licensing-Modell seit jeher Schüler, Studenten und Maker, die die Embedded Software von SEGGER kostenlos nutzen können. So konnte Solaride auch dank des RTOS embOS und der Grafikbibliothek emWin in Kombination mit dem GUI-Builder AppWizard ein wettbewerbsfähiges Auto entwickeln, das sich Chancen bei der »Bridgstone World Solar Challenge« ausrechnet.

 

Literatur

[1] Renesas lizensiert emWin für alle RA-Microcontroller
[2] Interview mit emWin-Produktmanager Jörg Ehrle
[3] Video-Tutorials über die Erstellung von Benutzeroberflächen ohne Programmierung mit dem AppWizard
[4] SEGGER ist klimaneutral
[5] Website von Solaride

 

 

Der Autor

 

Riemenschneider_Frank
© Segger Microcontroller

 

Frank Riemenschneider

studierte Elektrotechnik mit dem Schwerpunkt Prozessorarchitekturen an der Leibniz-Universität in Hannover. Seit März 2021 ist er bei Segger Microcontroller als Marketing- und PR-Manager beschäftigt. In seiner Position bei Segger hat Riemenschneider noch einen weiteren Artikel über ein anderes Studententeam namens Forze Hydrogen Racing  verfasst, das im Automotive-Bereich innovativ ist:


  1. Mit Solarantrieb um die Welt
  2. emWin reduziert den Entwicklungsaufwand

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