Grundlagenforschung

»Nachlaufen« von Perowskit-Solarzellen erklärt

30. Juli 2018, 9:59 Uhr | Hagen Lang
Darstellung der Schicht-Struktur in einer Perowskit-Solarzelle. Mit einer Spitze über der Oberfläche können die Spannungsverhältnisse in der Zelle gemessen werden.
© MPI-P

Wird es um Solarzellen aus Perowskit-Halbleitern dunkel, produzieren sie einen Moment weiter Strom. Mainzer Forscher konnten den Effekt jetzt aufklären.

Die gute Lichtausbeute und der geringe Materialverbrauch sprechen für Perowskit-Solarzellen. Mit nur wenigen Tausendstel Millimetern dünnen Perowskit-Halbleiter-Schichten lassen sich bereits hocheffiziente Solarzellen herstellen.  Mit 27 Prozent Effizienz bei der Umwandlung von Lichtenergie in elektrische Energie übertreffen sie bereits den Wirkungsgrad der besten multikristallinen Siliziumsolarzellen.

Andererseits sind die Vorgänge im Material noch nicht vollständig geklärt. Das Bayerische Zentrum für Angewandte Energieforschung e.V. (ZAE) stellte z.B. sehr lange Relaxationszeiten von mehreren Sekunden für Leerlaufspannungen fest, was durch ungewöhnlich lange Ladungsträgerlebensdauern verursacht wird. Ladungsträger halten sich bei zunächst mit Licht bestrahlten Perowskit-Solarzellen bei plötzlicher Dunkelheit noch eine Weile, man spricht hier von einer Hysterese, einem verzögerten Einsetzen der Wirkung nach Änderung der Ursache.

Juniorprofessor Dr. Stefan Weber und Gruppenleiter Dr. Rüdiger Berger (AK Prof. Butt) vom Max-Planck-Institut für Polymerforschung in Mainz haben mit Forschern der École polytechnique fédérale de Lausanne diese Phänomene entschlüsselt. Dazu zerbrachen sie die Solarzellen und polierten sie auf einer einige Millionstel Millimeter breiten Fläche glatt. In einem Rasterkraftmikroskop positionierten sie dann eine 10 Nanometer dünne Metallspitze über der Querschnittsfläche der Solarzelle.

Mi tdieser Kelvinsondenmikroskopie genannten Methode konnten sie den Spannungsverlauf in den Solarzellenschichten räumlich und zeitlich hochauflösend vermessen. Der Spannungsverlauf beeinflusst die Trennung der durch Lichteinfall erzeugten elektrischen Ladungen: durch elektrostatische Kräfte wandern positive Ladungen zum Minuspol und negative zum Pluspol.

Auf der beleuchteten Querschnittsfläche der Solarzelle entdeckten die Forscher eine Ansammlung von Ladungen an den Rändern der Perowskitschicht, die auch nach Abschalten des Lichts kurzzeitig stabil war. »Diese Ladungen an den Grenzflächen des Perowskits spielen die Hauptrolle für die Hysterese, da sie auch nach dem Ausschalten des Lichts für etwa eine halbe Sekunde ein elektrisches Feld in der Zelle aufrecht erhalten«, sagt Stefan Weber. »Umgekehrt bedeutet das, dass Hysterese durch gezielte Modifikationen an diesen Grenzflächen beeinflusst oder ganz unterdrückt werden kann.«

Damit könnte ein wichtiger Schritt auf dem Weg zur Anwendung von Perowskitsolarzellen genommen sein. Zwar wurde von der Vorstellung erster Exemplare 2009 bis heute der Wirkungsgrad experimentell von nur vier auf 27 Prozent gesteigert. Bislang halten sie aber nur wenige Jahre (ausschließlich unter Laborbedingungen) und sind noch meilenweit von der Lebensdauer herkömmlicher Siliziumsolarzellen (etwa drei Jahrzehnte) entfernt.

 


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