»Entlastung ja, Netzausbau aber nicht überflüssig.«

SMA über blindleistungsfähige Wechselrichter

7. Dezember 2010, 9:00 Uhr | Heinz Arnold
Dr. Bernd Engel: »Tatsache ist, dass manche Maßnahmen zum Netzausbau durch den Einsatz von blindleistungsfähigen Wechselrichtern zeitlich gestaffelt oder sogar vermieden werden können.«
© SMA Solar Technology

»Blindleistungsfähige Wechselrichter können stark beanspruchte Niederspannungsnetze entlasten und ihren Ausbaubedarf deutlich verringern«, sagt Dr. Bernd Engel, Senior Vice President Technology bei der SMA Solar Technology AG. SMA liefert solche Geräte bereits seit einigen Monaten aus.

Energie & Technik: Neue, blindleistungsfähige Wechselrichter sollen den Netzausbau im Niederspannungsbereich überflüssig machen. Ist das tatsächlich eine realistische Prognose bei rasant steigender PV-Einspeiseleistung in ländlichen Gebieten?

Dr. Bernd Engel: Die neuen Wechselrichter bringen hier tatsächlich Vorteile, von denen auch die Netzbetreiber profitieren. Tatsache ist, dass manche Maßnahmen zum Netzausbau durch ihren Einsatz zeitlich gestaffelt oder sogar vermieden werden können. Bestimmte Netzabschnitte, in die in die über Jahrzehnte kaum investiert wurde, müssen dennoch ausgebaut werden, da helfen die Wechselrichter alleine nicht weiter.

Erlauben die neuen Wechselrichtern, die Energie künftig so dezentral zu erzeugen, dass der Bau großer neue Trassen überflüssig wird?

Solarstrom wird zu großen Teilen dezentral erzeugt – das war schon immer so und wir mit Sicherheit auch so bleiben, weil es zu den besonderen Vorteilen der Photovoltaik gehört. Aufgrund dieser Dezentralität und der guten zeitlichen Korrelation der photovoltaischen Erzeugung mit dem Energiebedarf werden neue Kapazitäten zum Ferntransport für Solarstrom nicht benötigt. Was die Photovoltaik angeht, reden wir ausschließlich über den Ausbau schwacher Verteilnetze in ländlichen Regionen mit starker PV-Leistung. Davon abgesehen gibt es einen generellen Bedarf an neuen, leistungsfähigen Stromtrassen – ob für die Anbindung großer Windparks im Norden Deutschlands, Speicherlösungen in Norwegen oder die bessere Vernetzung mit unseren europäischen Nachbarn.

Kommt die neue Wechselrichter-Generation den Endanwender teurer?

Nein, überhaupt nicht. SMA bietet die Wechselrichter-Baureihe Sunny Mini Central in einer blindleistungsfähigen Version mit 9, 10 oder 11 kVA Scheinleistung – zum gleichen Preis wie die bisherigen Geräte. Da es sich um einphasige Geräte handelt, sind sie für Anlagenleistungen ab etwa 27 kWp geeignet. Einziger Wermutstropfen für den Anwender: Der maximale Wirkungsgrad sinkt um rund 0,2 Prozent, was dann die Rendite minimal verringert. Der neue dreiphasige Sunny Tripower für AC-Nennleistungen von 10, 12, 15 und 17 kVA war von vorne herein blindleistungsfähig ausgelegt. Die Geräte erfüllen auch sämtliche Anforderungen der Mittelspannungsrichtlinie, schließlich werden mit ihnen auch Großanlagen realisiert. Und trotz diverser Features und Verbesserungen sind die spezifischen Preise wie bei jeder neuen Generation gesunken.

Welchen konkreten Mehrwert hat ein blindleistungsfähiger Wechselrichter für den Anlagenbetreiber?

Der konkreten Mehrwert und Nutzen wird an zwei typischen Beispielen deutlich: Aufgrund der Spannungsanhebung in schwachen Verteilnetzen wurden die zulässigen Anlagenleistungen vom Netzbetreiber oft auf 30 kWp begrenzt. Jetzt hat der Anlagenbetreiber die Möglichkeit, die Lieferung spannungssenkender Blindleistung anzubieten. Daraufhin kann der Netzbetreiber sogar weitergehende Angebote machen, etwa eine 50-kWp- anstatt einer 30-kWp-Anlage genehmigen. Unter Umständen lässt sich so also eine rentablere, weil größere Anlage realisieren, als ohne Blindleistungseinspeisung.

Ein weiteres Beispiel wäre ein Aussiedlerhof: Bei einer Leitungslänge von zwei Kilometern kommt dort aufgrund des ohmschen Widerstands relativ wenig Spannung an, der induktive Widerstand der Leitung verstärkt diesen Effekt noch. Zum Ausgleich  wird meist am Transformator eine erhöhte Spannung eingestellt. Bei der Einspeisung von Solarstrom am anderen Ende der Leitung kann das allerdings dazu führen, dass die Spannung am Trafo das zulässige Maximum überschreitet. Mit einer spannungssenkenden Blindleistungseinspeisung kann der Wechselrichter hier gegensteuern und so das Problem lösen.

Haben Sie damit einen Vorsprung gegenüber den kostengünstiger angebotenen Wechselrichtern aus Asien gewonnen?

Man kann die Angebote nicht so einfach miteinander vergleichen. Billigmodelle verfügen häufig noch nicht einmal über sicherheitsrelevante Bauteile wie DC-Freischalter, die in Deutschland vorgeschrieben sind. Wechselrichter wie der Sunny Tripower bieten darüber hinaus einiges an Mehrwert: Neben der Blindleistungsfähigkeit auch einen sehr hohen Wirkungsgrad, ein umfangreiches Sicherheitskonzept und viele weitere Funktionen, die z. B. die Gesamtkosten über die Betriebsdauer der PV-Anlage für den Betreiber signifikant senken.


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