Fusionsreaktoren

Fortschritte auch beim Tokamak

2. Mai 2016, 13:20 Uhr | Hagen Lang
Das Plasmagefäß und die Magnetspulen des Garchinger Forschungsreaktors sind hier (während des Aufbaus von ASDEX Upgrade) noch gut sichtbar.
© IPP, 1989

Der Fusionsreaktor ITER vom Typ Tokamak im französischen Cadarache arbeitet nicht kontinuierlich, sondern in Pulsen. Forscher vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik in Garching erproben an der dortigen Tokamak-Anlage »ASDEX Upgrade« Verlängerungen der Pulse und hoffen sogar auf einen Dauerbetrieb.

Der Testreaktor ITER in Cadarache und der ASDEX Upgrade in Garching nutzen zum Aufbau eines Magnetkäfigs zwei sich überlagernde Magnetfelder, ein ringförmiges, das durch flache äußere Spulen erzeugt wird und das eines im Plasma fließenden Stromes. In dem kombinierten Feld verlaufen die Feldlinien schraubenförmig und bauen die magnetischen Flächen auf, die den zur Führung des Plasmas nötigen Käfig bilden.

Die Induktion des Plasmastromes durch eine Transformatorspule in diesen Fusionsreaktoren vom Typ Tokamak kann bislang nur in Pulsen und nicht kontinuierlich erfolgen. Das hat Nachteile, wie Alexander Bock vom Max-Planck-Institut für Plasmaphysik (IPP) in Garching erklärt: »Zum Beispiel könnte die ständig wechselnde Belastung die Lebensdauer des Kraftwerks verkürzen.« Zudem ist der Plasmastrom recht anfällig für allerlei Instabilitäten. Weil die in Greifswald vom IPP betriebene Anlage vom Typ Stellarator, Wendelstein X-7, den Feldaufbau ohne Plasmastrom allein durch die komplexe Form ihrer Spulen erreicht, ist sie »von Hause aus« für den Dauerbetrieb geeignet. 

In seiner Doktorarbeit hat Alexander Bock am IPP Garching mit Erfolg Wege untersucht, die Pulse des ASDEX Upgrades in Garching zu verlängern. Gezielt nahe dem Plasmazentrum eingestrahlte Mikrowellen und Teilchenstrahlen veränderten den Plasmapuls erheblich: Der 800 kA starke Plasmastrom blieb drei Sekunden lang auch ohne Transformator konstant. Teilweise von außen getriebener Strom beeinflusst das Profil des Stroms im Plasma so, dass die Verdrillung der Feldlinien maßgeschneidert verändert werden kann.

Dies verstärkt über komplexe Mechanismen der Teilchenbewegungen den sogenannten Bootstrap-Strom am Plasmarand, den das Plasma bei Druckunterschieden von alleine aufbaut und der bis zu einigen zehn Prozent des Gesamtstroms ausmacht.  Er wird genutzt, um längere Pulse zu erreichen. Die Garchinger Anlage ist, anders als beim ITER vorgesehen, nicht mit supraleitenden Magnetspulen, sondern normalleitenden Kupferspulen ausgestattet.

Hätte sie über solche verfügt, hätte der Plasmastrom ungleich länger ohne Transformator aufrechterhalten werden können, möglicherweise, so hoffen die Forscher, wäre sogar ein Dauerbetrieb möglich. Alexander Bock resümiert: »Die Entladungen zeigen, dass der attraktive Betrieb ohne Transformator in ASDEX Upgrade möglich ist. Es lohnt sich also, die Studien zum Advanced Tokamak fortzusetzen«.

 


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