Bremer Raumfahrt 4.0 in Kiruna

Rakete mit „Bio“-Treibstoff hebt ab

20. April 2016, 12:28 Uhr | Hagen Lang
ZEpHyR-Rakete auf der Startrampe auf dem Raketenstartplatz esrange in Kiruna, Schweden
© ZARM

Im vierten Versuch gelang dem Zentrum für angewandte Raumfahrttechnologie und Mikrogravitation (ZARM) der Universität Bremen in Kiruna, Schweden, doch noch der Start der ZepHyR-Rakete. Als Treibstoff verwendet sie Paraffin und flüssigen Sauerstoff.

Der von Bremer Studenten entwickelte Hybrid-Antrieb erzeugte in Testläufen für 25 Sekunden sechs Megawatt thermische Leistung, umgerechnet ca. 8100 PS. Dreimal scheiterte der Start in Schweden, doch das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) genehmigte als Projektförderer schnell die Projektverlängerung.

Das Team vom Fachbereich Produktionstechnik der Uni Bremen flog im Rahmen des STERN-Programms nach Schweden, das vom Deutschen Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR) gefördert wird und deutschen Universitätsteams die Chance bietet mit der Entwicklung einer Rakete praxisnahe Erfahrungen in der Raumfahrtforschung zu sammeln. Die Studenten erledigten in Schweden alle Vorbereitungen selbst, vom Zusammenbau und dem Betanken der Rakete über das Befestigen des Launch-Adapters an der Startrampe bis zum Betätigen des Startknopfs.

"Wir sind alle unglaublich froh, dass der Start nun geklappt hat", erklärte Projektleiter Peter Rickens.  "1500 Meter Höhe ist zwar weniger als erwartet, aber das liegt wahrscheinlich daran, dass wir bei diesem Versuch übervorsichtig waren und zu wenig Sauerstoff getankt haben. Genaueres werden wir erfahren, wenn wir die Rakete geborgen haben. Da wir bis 500 Meter vor der Landung ein GPS-Signal hatten, stehen die Chancen gut, dass wir sie auch wiederfinden. Die gesammelten Daten werden dann eingehend analysiert und hoffentlich für eine verbesserte Version des Antriebs für das STERN-2-Projekt genutzt."

Die 80 kg schwere Rakete sollte eigentlich mit Schallgeschwindigkeit mindestens auf 4.000 Meter steigen. Doch der erfolgreiche Start mit dem ungewöhnlichen Hybrid-Paraffin-Sauerstoff-Treibstoff ist bereits ein Erfolg. Er wurde von den Bremern mit Blick auf das Konzept der "Raumfahrt 4.0" entwickelt. Das bedeutet: weg von explosiven und toxischen Treibstoffen wie Hydrazin, Fokus auf Risiko- und Kostenminimierung und einfache Handhabung.

Im Vorlauf des Raketenstarts wurden 30 Triebwerkstests durchgeführt, in denen das optimale Mischungsverhältnis von Wachs und Sauerstoff ermittelt und die Systemkomplexität reduziert wurde. Teile wie Schubdüsen wurden im 3D-Drucker aus einer Mischung aus Baumwolle und Harz selbst hergestellt. Die Steuerelektronik stammt aus dem Elektrohandel, der Fallschirm aus dem Outdoor-Bereich. Die einfachen Beschaffungsmöglichkeiten der Bauteile sollen bewusst Nachahmer aus dem privaten Bereich anregen, sich mit der Materie zu beschäftigen. Insgesamt entstanden aus dem Projekt über 35 Bachelor- und Master-Arbeiten.


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