Beton mit energetischem Zusatznutzen

Sonnenwärme in der Wand speichern

2. Mai 2022, 15:52 Uhr | Kathrin Veigel
Das Small House Village auf dem Gelände der TU Ksierslautern dient als Experimentierraum für die Bauforschung. Im abgebildeten Small House IV hat die Arbeitsgruppe von Prof. Dr.-Ing. Matthias Pahn untersucht, wie sich die Gebäudetragstruktur mittels multifunktionaler Bauteile energetisch nutzen lässt.
© Sven Paustian

Wie sich diese Sonnenwärme effizient für die Gebäudeheizung nutzen lässt, hat jetzt eine Arbeitsgruppe von der Technische Universität Kaiserslautern untersucht. Ergebnis ist ein Heizsystem mit neuartigen Bauteilen, die ihre eigene Masse als Wärmespeicher nutzen.

Im Gebäudesektor gibt es zwei Stellschrauben, um Treibhausgasemissionen zur reduzieren: Entweder man optimiert die Dämmung oder setzt auf Erneuerbare Energien. »Der Faktor Dämmung ist mittlerweile technisch, ökonomisch und ökologisch nahezu ausgereizt und birgt in punkto Emissionen kaum noch zusätzliches Potenzial. Deswegen haben wir untersucht, wie sich die Solarthermie in der Praxis bestmöglich zum Heizen nutzen lässt«, erklärt Prof. Dr.-Ing. Matthias Pahn von der TU Kaiserslautern.

Sonnenwärme steht nicht rund um die Uhr zur Verfügung. Deswegen war der konzeptionelle Ansatz der Forschenden, die Energie in der Gebäudewand langanhaltend bis in die Nacht hinein verfügbar zu halten. »Beton hat grundsätzlich ein sehr gutes Wärmespeichervermögen«, so Tillman Gauer, Doktorand in der Arbeitsgruppe von Pahn. Aber erst mit Einsatz multifunktionaler Bauteile – aufgebaut aus einer Tragschale, einer 14 cm dicken Dämmung und einer Vorsatzschale – lasse sich die Wärme auch effizient für die Gebäudeheizung nutzen.

TU Kaiserslautern Multifunktionales Bauteil
Die neuartigen Bauteile bestehen aus (von unten nach oben) einer Tragschale, die die Last abträgt, Wärme speichert und über dünne Rohleitungen transportiert (20 cm), einer schmalen Dämmung, die als Wärmeschutz fungiert (14 cm) sowie einer Vorsatzschale, die die Dämmung schützt (7 cm).
© TU Kaiserslautern

In den Bauteilen verlaufen dünne Rohrleitungen, wie sie auch bei der Fußbodenheizung zum Einsatz kommen. Diese transportieren warmes Wasser ins Bauteil, kaltes Wasser zurück zum Heizsystem und speichern so Wärme ein. So kann das Heizsystem bedarfsgerecht auf die Sonnenenergie zugreifen.

Wenn sich die Wand nur um wenige Grad Celsius aufheizt, reiche das laut der Forscher aus, um innen eine behagliche Wärme zu erzeugen. Gekoppelt sind die multifunktionalen Bauteile und die Solarthermie mit einem regulären Heizsystem, zum Beispiel einer Fußbodenheizung mit Wärmepumpe, die einspringen kann, wenn nicht genug Sonnenwärme zur Verfügung steht. Ist zu viel Sonnenwärme verfügbar, kann diese in einem Pufferspeicher zwischengelagert werden.

Dieses innovative System wird im Hintergrund geregelt: Temperaturfühler melden ihre Messwerte an den Zentralrechner, der Algorithmus-gesteuert entscheidet: Wie warm ist es aktuell im Raum, gibt es ein solares Angebot usw.? Dabei hat die Solarthermie als klimafreundlicher Energieträger grundsätzlich den Vorzug.

Die Langzeittests hat Gauer in einem der kleinen Gebäude im Small House Village der TU Kaiserslautern durchgeführt, die Forschenden als baulicher Experimentierraum zur Verfügung stehen. Dort ist die Hybridheizung, in dem Fall eine Kombination aus Solarthermie und Erdwärme, seit über drei Jahren im Regelbetrieb und hat sich bewährt. »Über zwei Durchbrüche in der Betonwand, in die sich Bauteile ein- und ausbauen lassen, konnten wir dabei verschiedene neuartige Bauteile und Materialien testen und so das System optimieren«, ergänzt der Bauingenieur.

Was jetzt noch fehle, sei der praktische Einsatz in einem klassischen Einfamilienhaus. »Wir suchen Bauherren, die das System testen möchten – idealerweise in Kombination mit einer Fußbodenheizung, die ebenfalls geringe Vorlauftemperaturen benötigt«, so Gauer. Was die bauliche Umsetzung betrifft, reicht es völlig aus, einen Teil der schattigen Nordfassade mit den funktionalisierten Betonbauteilen auszustatten. Innen nimmt das System kaum Platz weg – die Rohleitungen verlaufen in der Wand und die Steuerungstechnik passt in eine Ecke beziehungsweise in einen kleinen Heizraum.


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