Auf die Anforderungen von Windenergieerzeugern ausgelegt

Modulare Steuerungen für Windkrafträder

5. August 2010, 15:59 Uhr | Heinz Arnold
© Bachmann

Windkrafträder stellen besondere Anforderungen an alle Komponenten, das beginnt schon mit den Halbleitern. »Es kommt auf Langzeitverfügbarkeit und Zuverlässigkeit an, das sind die wesentlichen Kriterien«, sagt Gunnar Vogel von Bachmann electronic. Mit modular aufgebauten Steuerungen ist das Unternehmen zum größten Hersteller von Steuerungen für Windkraftanlagen aufgestiegen.

Energie&Technik:Welches sind die wichtigsten Kriterien, um Halbleiterkomponenten für die Steuerung von Windkraftanlagen auszuwählen?

Gunnar Vogel: Für die Steuerung von Windkraftanlagen werden hoch- und langzeitverfügbare Komponenten für die gesamte Signalkette benötigt. Angefangen mit den entsprechenden Schnittstellen (±10 V, 20 mA), über die OPVs, die A/D- und D/A-Wandler bis hin zu Bauteilen, die für die galvanische Trennung sorgen. Um spezielle Signale wie beispielsweise eines piezoelektrischen Schwingungssensors zu digitalisieren, sind entsprechende hoch auflösende und schnelle A/D-Wandler notwendig.

Für die Erfassung bzw. Ausgabe der Signale der unterschiedlichsten Sensoren bzw. Aktoren sind Auflösungen im Bereich von 14, 16 und 18 Bit mit mittleren bis moderaten Abtastraten im Bereich von 20 bis 200 kSPS notwendig. Dazu setzen wir vorwiegend SAR-Wandler ein. Für die hochgenaue Signalmessung im Condition Monitoring erreichen wir eine Genauigkeit von über 18 Bit auf Basis eines 16-Bit-SAR-ADCs mit Hilfe spezieller Filterungen. Auf diese Weise ist Bachmann electronic in der Lage, eine vergleichsweise preiswerte, aber dennoch hochpräzise Lösung zu bieten, weil diese Ausführung kein Patent berührt, wie es Lösungen mit Sigma-Delta-Wandler tun.

Wie sehen beispielsweise die Anforderungen im Bereich der Operationsverstärker aus?

Hier ist für uns vor allem eine geringe Verlustleistung wichtig, weil wir möglichst dicht packen wollen. Die Geschwindigkeit ist nicht so bedeutend, hier kommen wir mit einer Bandbreite von 4 MHz aus – wobei der Offset natürlich nicht zu hoch sein sollte. Weil wir Instrumentenverstärker teilweise diskret aufbauen, benötigen wir Typen mit ±15 V, um die in der Industrie üblichen Eingangsspannungen von ±10 V abdecken zu können. 1 bis 2 Volt benötigen wir als Gleichtaktreserve. Jedoch ist die Kombination von niedriger Stromaufnahme bei hohen Spannungen am Markt eher selten anzutreffen. Dementsprechend langwierig war die Suche nach einem Operationsverstärker, der beide Kriterien erfüllt.

Aber im Grunde bieten die Hersteller die richtigen A/D-Wandler und OPVs an, die Sie für die Steuerungen von Windkraftanlagen benötigen?

Dies kann nicht ohne Einschränkungen mit ja beantwortet werden. Denn neben den technischen Werten und dem Preis sind zwei weitere Faktoren entscheidend: die Zuverlässigkeit und die Langzeitverfügbarkeit. Hier engt sich der Kreis der in Frage kommenden Hersteller schon etwas mehr ein. Und wie gesagt: Es war nicht einfach, einen ±15V-OPV zu finden, der wenig Leistung aufnimmt.

Spielt es für die Anwender eine große Rolle, die Produkte über eine zweite Quelle beziehen zu können?

Unsere Strategie ist es, zu möglichst allen Bauteilen eine Second Source zur Verfügung zu haben, um Lieferengpässe zu vermeiden. Im Bereich modernster A/D- und D/A-Wandler stehen kaum noch mehrere Quellen zur Verfügung. Das entscheidende Kriterium ist für Bachmann electronic vor allem die Langzeitverfügbarkeit. Zwar liegt hier die Messlatte mit 20 bis 25 Jahren hoch. Partner wie Analog Devices, mit denen wir schon seit mehr als 20 Jahren zusammenarbeiten, haben in der Vergangenheit gezeigt, dass es durchaus möglich ist, Produkte über einen so langen Zeitraum zu liefern. Auch Texas Instruments oder Linear Technology bieten diesen Service. Außerdem lagern wir auch selber Produkte in Stickstoff ein, um unsere Kunden so lange beliefern zu können. Ein wichtiger Bestandteil der Philosophie von Bachmann electronic war es von jeher, langlebige und robuste Produkte anzubieten. Deshalb verwenden wir bei allen unseren Geräten, ob Steuerung oder auch Terminals, nur stabile Metallgehäuse. Alle Stecker werden verschraubt. Die Anwender können fühlen, dass alles robust und hochwertig ist.

Bachmann electronic ist über die letzten Jahre zu einem der größten Lieferanten für Steuerungen von Windkraftanlagen aufgestiegen. Wo sehen Sie weitere Differenzierungsfaktoren?

Ein wesentliches Thema für Windkraftanlagen ist die Vernetzungstechnik und die Fernwartung. WKAs in den Pyrenäen sind oft tagelang nicht erreichbar, wenn Schnee liegt, Offshore-Anlagen können nur ein paar Tage im Jahr überhaupt angefahren werden. Ein sicherer und zuverlässiger Fernzugriff bietet auch eine hohe Flexibilität, beispielsweise um Programme und Funktionen auf den neusten Stand der Technik zu bringen bzw. wechselnden Anforderungen anzupassen. Um den Anlagenhersteller optimal bei der Umsetzung von neuen Projekten zu unterstützen, bieten wir beispielsweise einfach konfigurierbare Software-Motion-Controller für die Pitch-Regulierung an. Mit dem AIC212 steht dem Anlagenentwickler ein hoch auflösendes Mess-Interface für das Condition- Monitoring zur Verfügung. Für die Anlagenvisualisierung gibt es ein universelles Tool speziell für die Windkraft, mit dem sich Visualisierungen schnell und einfach konfigurieren lassen.

Bachmann electronic hat von Anfang an auf offene Standards gesetzt: auf Steuerungen mit Ethernet- Schnittstellen, auf offene stabile Betriebssysteme wie VxWorks von Windriver Systems und auf offene Protokolle. Man kann alles problemlos in C/C++, Java oder IEC 61131-3 programmieren. Erweiterbare Regelungsaufgaben können mit MATLAB und Simulink modelliert werden. Das treiben wir voran, indem wir an der Weiterentwicklung von für die Energiewirtschaft relevanten Protokollen und Standards in den entsprechenden Gremien aktiv mitwirken.

Welche Rolle spielt dabei der FAST-Bus des M1-Steuerungssystems?

Mit zunehmender Leistung nimmt die Komplexität von Anlagen zu, und damit steigen auch die Herausforderungen für die Steuerung. Neben der ursprünglichen SPS kommen Aufgaben wie Datenbanken, Messtechnik und Regelung hinzu. Nur ein Beispiel: Die Rotorblattstellung in Windkraftanlagen muss schnell, aber auch sanft an das Windangebot bzw. im Volllastbetrieb an die Leistungsanforderungen der EVUs angepasst werden. Parallel dazu werden ständig die Umweltbedingungen, Temperaturen und Hydraulikwerte, Drehzahlen und Schwingungen überwacht, um bei kritischen Werten gegebenenfalls rasch reagieren zu können.

Über den FAST-Bus – eine Eigenentwicklung von Bachmann electronic – lassen sich dezentrale Komponenten über Lichtwellenleiter mit der Hauptstation (Verbund aus Steuerungs-CPU und lokalen EAs) verbinden, wobei bis zu Übertragungslängen von 150 m in Echtzeit zuverlässige Kommunikation bzw. Datenübertragung möglich ist. Das System arbeitet also wie ein verlängerter Backplane-Bus. Die CPU – in unserem M1-System arbeitet ein Pentium-Prozessor ohne Lüftung von –30°C bis 60 °C, das Chipset ist langfristig lieferbar – kann direkt auf die E/A-Module zugreifen.

Die Zeitverzögerung beträgt pro Unterstation weniger als 3 µs. Auf diese Weise können die EAs im Turmfuß, in der Gondel und in der Nabe störsicher über LWL verbunden werden. Über den FAST-Bus lassen sich bis zu 15 Unterstationen mit jeweils 15 EA-Modulen anschließen. Ein weiterer Vorteil des FAST-Busses liegt in der Programmierung des Automatisierungssystems, weil die Verbindung zu den Unterstationen transparent ist. Das bedeutet, dass der Techniker sich nicht mit der Konfiguration von Feldbussen herumschlagen muss. Der Programmcode »sieht« die dezentralen Module quasi als lokale Module der Hauptstation mit nahezu gleichem zeitlichen Verhalten zu lokalen EAs.


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