Servicelifte in Windenergieanlagen

Neue Verordnung für mehr Betriebssicherheit

11. Dezember 2015, 13:06 Uhr | Stephan Reis, Regionalleiter Nord-West, TÜV SÜD Industrie Service GmbH

Für Servicelifte in Windenergieanlagen gelten seit dem 1. Juni 2015 neue Bestimmungen. Die Einzelheiten wie verkürzte Prüffristen regelt die novellierte Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV). Die wichtigsten Änderungen im Überblick.

Windenergieanlagen (WEA) sind mit Serviceliften ausgestattet, denn jeder Meter zählt: Bei modernen Anlagen sind es mehr als 100 Meter vom Fundament bis ins Maschinenhaus – Türme so hoch wie ein Gebäude mit 30 Stockwerken. Die Lifte ermöglichen Wartungs- und Instandhaltungsarbeiten. Sie transportieren Personal, Bauteile und Werkzeug schnell und sicher. So gewährleisten sie auch die Funktionsfähigkeit und Verfügbarkeit der WEA.

Auch wenn die Servicelifte vergleichsweise selten genutzt werden: Sie befördern Personen. Deshalb muss die Sicherheit jederzeit gewährleistet sein. Voraussetzung dafür ist, dass Sicherheitseinrichtungen, die Elektrotechnik und sämtliche Bauteile inklusive Seile, Seilendbefestigungen und der Fahrkorb frei von Schäden sind und einwandfrei funktionieren. Daher stuft die neue BetrSichV, die am 1. Juni 2015 in Kraft trat, die Servicelifte weiterhin als überwachungsbedürftige Anlagen ein.

Jährliche Prüfung gilt für alle Anlagen

Damit legt die Verordnung fest, dass Servicelifte widerkehrend von einer Zugelassenen Überwachungsstelle (ZÜS) geprüft werden müssen. Die Fristen wurden verkürzt und für alle Anlagen vereinheitlicht. Die Lifte müssen nun jährlich überprüft werden, wobei sich Haupt- und Zwischenprüfungen im jährlichen Turnus abwechseln..

Einzelne Betreiber gehen immer noch davon aus, dass der Servicelift eine Maschine und damit ein gewöhnliches Arbeitsmittel ohne besondere Prüfpflichten sei. Dazu verweisen sie auf die CE-Kennzeichnung und die Nutzung der Aufzüge durch geschultes Fachpersonal. Diese Auffassung wird durch die aktuelle Verordnung ausdrücklich nicht gedeckt. Servicelifte sind überwachungsbedürftige Aufzüge nach Maschinenrichtlinie (Anhang IV Ziffer 17) zum Heben von Personen, für die ein umfangreiches Konformitätsbewertungsverfahren vorgeschrieben ist. Die neuen Prüffristen gelten für alle Serviceaufzüge in Windkraftanlagen.

Haupt- und Zwischenprüfung im Wechsel

Die unabhängigen Experten der ZÜS führen die Prüfungen vor Ort durch und klären, ob der Servicelift in einem Zustand ist, der die sichere Nutzung gewährleistet. Dazu werden alle Sicherheitseinrichtungen, Komponenten und die Tragseile auf Verschleiß und Mängel untersucht. Geprüft wird auch, ob der Gefahrenbereich frei ist und ob seit der letzten Prüfung Wartungsarbeiten oder Reparaturen durchgeführt wurden. Dann beurteilen die Prüfer, ob diese fachgerecht und im nötigen Umfang ausgeführt wurden.

Bei der Hauptuntersuchung wird zusätzlich die Sicherheit der elektrischen Anlagen begutachtet. Spannung und Stromfluss werden gemessen und die Kabel, Sicherungen, Isolierungen und Steuerungen auf ihren ordnungsgemäßen Zustand untersucht. Ebenfalls geprüft wird, ob die CE-Konformitätserklärung, technische Dokumente, Schaltpläne und Zeichnungen vollständig und aktuell sind. Denn Veränderungen der Anlage müssen stets dokumentiert werden.

Wie bisher wird die Prüfung von der ZÜS bescheinigt. Neu ist indes, dass im Fahrkorb eine Prüfplakette angebracht werden muss, die den Zeitpunkt der nächsten Prüfung sowie die ausführende Stelle angibt.

Weitere wichtige Punkte, die von der neuen BetrSichV geregelt werden, betreffen

-       Notfallpläne: Betreiber bestehender Anlagen müssen bis zum 1. Juni 2016 einen Notfallplan erstellen. Dieser muss Angaben enthalten zum Standort der Anlage, dem verantwortlichen Betreiber und zu den Personen, die zur Befreiung eingeschlossener Personen befähigt sind.

-       Notbefreiungseinrichtungen: abhängig von den örtlichen Bedingungen und technischen Gegebenheiten muss der Betreiber vor Ort ein geeignetes Gerät zur Notbefreiung vorhalten. Für Neuanlagen, die nach dem 1. Juni 2015 errichtet wurden, gelten diese Regelungen ab sofort und somit ohne Übergangsfrist.

Ordnungswidrigkeiten: Erstmals benennt die BetrSichV konkrete Umstände, die mit Ordnungsgeldern belegt werden können. Rechtliche Konsequenzen können beispielsweise drohen, wenn die Prüffristen nicht eingehalten oder angezeigte Mängel nicht beseitigt werden.

E-Mail: stephan.reis@tuev-sued.de


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