Elektronik in Windenergie-Anlagen

Realitätsnahe klimatische und elektrische Belastungstests

4. November 2022, 11:42 Uhr | Kathrin Veigel
Großanlage im HiPE-Lab in Bremen: In der Klimakammer mit Doppelboden und externem Technikraum führen Forscher Langzeit-Belastungstests an kompletten Umrichtersystemen von Windenergieanlagen durch.
© Weiss Technik

Die Universität Bremen erforscht im Rahmen des Verbundprojekts HiPE-WiND wie die Lebensdauer von Windenergieanlagen-Elektronik verlängert und die Wartung optimiert werden kann. Weisstechnik hat dafür eine Klimaprüfkammer für multidimensionale Belastungstests geplant und realisiert.

Federführend beim Verbundprojekt HiPE-WiND (High Power Electronics in Wind Energy Plants) ist das Institut für Elektrische Antriebe, Leistungselektronik und Bauelemente der Universität Bremen in Zusammenarbeit mit dem Fraunhofer-Institut für Windenergiesysteme (IWES) in Bremerhaven. Um herauszufinden, welche Komponenten der Leistungselektronik unter welchen Bedingungen ihren Dienst versagen, werden Langzeit-Belastungstests an kompletten Umrichtersystemen von Windenergieanlagen bis zur Zehn-Megawattklasse durchgeführt. Dabei werden die hohen Belastungen durch sich ändernde Windbedingungen und durch das Stromnetz unter verschiedenen Klimabedingungen – von der Arktis bis zur Sahara – simuliert.

Die Tests finden in der von Weisstechnik entwickelten Klimakammer statt. Als klimatechnisches Herzstück des HiPE-Labs in Bremen hilft sie, realitätsnah und im Zeitraffer nachzuvollziehen, wie die Umrichtersysteme während eines 20-jährigen Einsatzes unter den multimodalen Belastungen altern.

Das Unternehmen hat das Projekt aus einer Hand geplant und realisiert. Dabei war die Größe und Leistungsstärke der begeh- und befahrbaren Kammer mit einem nutzbaren Prüfraumvolumen von circa 190 m3 und einem elektrischen Anschlusswert von knapp 300 kW eine anspruchsvolle Aufgabenstellung. Die Flächenlast des Schwerlastbodens im Prüfraum liegt bei mehr als 10.000 N/m2. Die großen, bis zu 5.000 kg schweren Prüflinge – Schaltschränke mit Umrichtern – werden auf Rollen über ein Doppelflügeltor in die Prüfkammer eingefahren. Die Kammerinnenwände sind in Edelstahl (dampfdicht verschweißt) ausgeführt und mit einer 200 mm dicken Zweischicht-Isolierung, bestehend aus Spezial-Schaum und Mineralwolle, versehen. Eine Seitentür dient als Zugang für das Personal.

Umweltfreundliche CO2-Kälteanlage

Der geforderte Temperaturbereich für die durchzuführenden Tests liegt bei -40 °C bis 120 °C. Um dies möglichst effizient und umweltfreundlich zu realisieren, wurde eine CO2-Kältekaskade eingesetzt. Damit sind Temperaturen bis -45 °C sehr gut erreichbar; gleichzeitig ermöglicht dieses Design eine hohe Wärmekompensation. Das ist für die Belastungstests wichtig, weil die unter Last getesteten Prüflinge eine hohe Wärmelast erzeugen. Diese beträgt rund 70 kW bei 100 °C und einem Feuchtebereich bis 95% r.F und 50 kW bei 85 °C/85% r.F.

Der Einsatz von CO2 als Kältemittel macht zusätzliche Sicherheitseinrichtungen erforderlich. So war es notwendig eine Stillstandskühlung mit separater Stromversorgung zu integrieren, um eine Ausdehnung des CO2 zu verhindern und einen zu hohen Systemdruck beim Anlagenstillstand zu vermeiden. Darüber hinaus ist eine Gaswarnanlage in der Prüfkammer und im Technikraum integriert, die optische und akustische Alarme auslöst und die Notspülung aktiviert, wenn CO2 entweicht. Zusätzlich wird der Sauerstoffgehalt mit redundant ausgeführter Messtechnik kontinuierlich überwacht.

Maßgeschneiderte Technik

Für eine besonders homogene Klimaverteilung im Prüfraum wurde eine vertikale Luftführung gewählt. Dabei wird die vortemperierte Luft über einen Schwerlast-Doppelboden aus Edelstahl-Lochblech, in dem auch die Anschlussleitungen für die Prüflinge verlegbar sind, über den Wärmetauscher von unten in den Prüfraum geführt und nach oben geleitet. Unter der Decke wird die Luft seitlich abgeführt und wieder in den Luftbehandlungsraum geleitet. Die eingesetzten Umluftventilatoren lassen sich stufenlos regeln, die Luftfeuchtigkeit wird hygienisch über Dampfbefeuchtung realisiert. Der neben der Prüfkammer befindliche Technikraum enthält alle erforderlichen Aggregate und Schaltschränke. Eine wichtige Vorgabe ist, dass der Schallpegel der Anlage unter 72 dBA liegen muss. Um das zuverlässig zu erreichen, wurden die Aggregate mit einer speziellen Schallisolierung versehen.

Gesteuert wird die Anlage einfach und intuitiv über die für Umweltsimulationsanlagen optimierte SiMPAC-Steuerung, dem digitalen Mess- und Regelsystem zur Bedienung, Überwachung und Dokumentation. Die Bedienung kann über ein Touch Panel (mit der innovativen Bedienoberfläche WEBSeason) außen am Technikraum erfolgen. Zusätzlich lässt sich die Anlage über eine EtherCAT-Schnittstelle sowie Netzwerkschnittstelle im komfortablen Remote Modus betreiben.


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