Europäisches Kooperationsprojekt entwickelt die Messtechnik für die Energieübertragung

Wie viel Energie aus Offshore-Anlagen kommt wirklich an?

4. Oktober 2010, 17:35 Uhr | Karin Zühlke
© ABB

Je weiter Offshore-Anlagen von der Küste entfernt liegen, umso schwieriger ist es, den Strom möglichst verlustarm zu übertragen. Auf weite Strecken geht das nur mit Gleichstrom. Wie hoch die Transportverluste dabei sind, kann man aber bisher nur beim Wechselstrom messen. Um für ein zukünftiges Netz von Gleichstrom-Übertragungswegen eine messtechnische Infrastruktur aufzubauen, ist jetzt ein europäisches Kooperationsprojekt gestartet.

Aus Deutschland sind die Technischen Universität (TU) Braunschweig und die Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) am Projekt beteiligt. Weil Hochspannungsleitungen oftmals am Protest der Anwohner scheitern und bei Offshore-Anlagen sowieso nicht in Frage kommen, ist europaweit ein neues unterirdisches Kabel-Übertragungsnetz geplant. Will man Strom über Kabel und so weite Strecken übertragen, dann geht das aber nur mit Gleichstrom, denn dabei sind die Verluste geringer. Zwar gibt es bereits regenerative Energieerzeugungsanlagen, die ihren Strom per Gleichstromkabel liefern. Bei der Einspeisung ins Hochspannungs-Verbundnetz muss er aber in Wechselstrom transformiert werden. »Wie hoch die Transportverluste dabei sind, kann man bisher nur beim Wechselstrom messen – der ganze Bereich des Gleichstromes ist für uns noch eine ‚Black Box’«, erklärt Wolfgang Lucas, der bei der PTB für das Projekt verantwortlich ist.

Denn genormte Messtechnik existiert bisher nur für Wechselstrom. »Es wird Zeit, die gesamte messtechnische Infrastruktur auch auf die Gleichstromtechnik auszuweiten«, fordert der Projektleiter. Diese Infrastruktur hat eine wissenschaftliche Seite, etwa die Entwicklung von immer besseren Messgeräten. Und es gibt eine bürokratische Seite, nämlich ein gut funktionierendes System zur Überprüfung dieser Messgeräte. Die PTB ist in Deutschland die oberste Instanz für die Bauartprüfung etwa von Elektrizitätszählern; bisher nur für Wechselstrom. »Dennoch sind wir auch schon gut für die Gleichstromtechnik gerüstet«, betont Lucas.

Die weiteren Beteiligten des Projektes sind die metrologischen Staatsinstitute von Schweden (wo auch die Projektleitung liegt), den Niederlanden, der Türkei, Italien, Großbritannien und Finnland. Es wird finanziert im Rahmen des Europäischen Metrologie-Forschungsprogrammes (European Metrology Research Programme, EMRP), mit dem die europäischen Metrologie-Institute ihre Forschung koordinieren.

Das Projekt soll zunächst drei Jahre lang laufen. Die Teilnehmer erwarten entscheidende Anstöße für das europäische Hochspannungs-Gleichstrom-Netz, wie es für Projekte wie „Desertec“ benötigt wird. Andere Bereiche, in denen Gleichstrom eine Rolle spielt, etwa für Photovoltaikanlagen oder Elektroautos, werden ebenfalls davon profitieren.


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