Fraunhofer IWS / Elektromobilität

Batterieelektroden umweltfreundlicher herstellen

2. September 2021, 8:30 Uhr | Ralf Higgelke
Fraunhofer IWS, Batteries
Das trockene Ausgangsmaterialgemisch wird in den Kalanderspalt der DRYtraec-Anlage gegeben.
© Fraunhofer IWS

Tesla arbeitet schon seit einiger Zeit an einem Trockenbeschichtungsverfahren für Batterieelektroden, das im Gegensatz zu nass-chemischen Verfahren umweltfreundlich und kosteneffizient ist. Nun hat das Fraunhofer IWS mit DRYtraec ebenfalls ein solches Verfahren entwickelt.

Für das Jahr 2030 prognostiziert das Bundesministerium für Wirtschaft und Energie (BMWi) einen Energieverbrauch von etwa 655 Terawattstunden in Deutschland – ein Anstieg um fast 20 Prozent im Vergleich zu heute. Dieser Wert ist aber nur eine erste Abschätzung, endgültige Ergebnisse sollen im Herbst 2021 vorliegen. Doch klar ist, dass der gesamtgesellschaftliche Energiebedarf kontinuierlich zunimmt.

Gerade der stark wachsende Elektromobilitätssektor sucht daher nach neuen Wegen, um den Energiebedarf bei der Herstellung von Batterien zu reduzieren und somit so kosteneffizient und gleichzeitig so umweltfreundlich wie möglich zu gestalten. Mit DRYtraec hat ein interdisziplinäres Forschungsteam am Fraunhofer-Institut für Werkstoff- und Strahltechnik IWS in Dresden hierfür eine Lösung entwickelt, die bei der Herstellung der Batterieelektroden ansetzt.

Elektroden bestehen in der Regel aus einer Metallfolie, die mit einer dünnen Beschichtung überzogen ist, die die aktiven Komponenten enthält, die für die Energiespeicherung verantwortlich sind. »Üblicherweise erfolgt der Beschichtungsprozess nass-chemisch mit sogenannten Slurry-Ansätzen«, erklärt Dr. Benjamin Schumm, Gruppenleiter Chemische Beschichtungsverfahren am Fraunhofer IWS.

Aus Aktivmaterial, Leitrußen und Bindern wird zusammen mit einem Lösungsmittel eine Art Paste hergestellt, mit der zunächst eine nasse Schicht auf der Metallfolie erzeugt wird. »Damit das Lösungsmittel anschließend wieder verdampfen kann, werden riesige Anlagen mit sehr langen Trocknungsstrecken benötigt. Diesen Prozess können wir mit DRYtraec effizienter gestalten.«

 

Umweltfreundliches Trockenbeschichtungsverfahren für Batterieelektroden vom Fraunhofer IWS

Spezieller Binder und Scherkräfte durch rotierende Walzen

Für das neue Beschichtungsverfahren werden grundsätzlich ähnliche Ausgangsstoffe wie in den Slurry-Ansätzen verwendet. Die Trockenvariante des Fraunhofer IWS kommt dabei ohne Lösungsmittel aus, setzt dafür aber auf einen speziellen Binder. Zusammen bilden die Materialien ein Pulver, das in einen Kalanderspalt, also einen Spalt zwischen zwei entgegengesetzt rotierende Walzen, gegeben wird. Entscheidend ist, dass sich eine der Walzen dabei schneller dreht als die andere. So entsteht eine Scherkraft, die dafür sorgt, dass der Binder fadenförmige Netzwerke, sogenannte Fibrillen, ausbildet.

Fraunhofer IWS, Batteries
Auf der schneller rotierenden Walze bildet sich ein feiner Beschichtungsfilm.
© Fraunhofer IWS

»Man kann sich das in etwa wie ein Spinnennetz vorstellen, das die Partikel mechanisch verankert«, beschreibt Schumm. Auf der schneller rotierenden Walze bildet sich durch Druck und Bewegung ein feiner Film. Dieser wird anschließend in einem zweiten Kalanderspalt auf eine Folie, die den Stromkollektor bildet, übertragen. Hierbei lassen sich ohne großen Mehraufwand auch beide Seiten gleichzeitig beschichten. Im letzten Schritt wird die entstandene Rolle dann je nach Bedarf zugeschnitten und die einzelnen Teile entsprechend gestapelt, um so die fertige Batteriezelle zu erzeugen.

Mit DRYtraec ergeben sich somit im Vergleich zu bisherigen Beschichtungsverfahren für Batterieelektroden klare ökologische und ökonomische Vorteile. Dass toxische Lösungsmittel und lange, energieintensive Trocknungsanlagen wegfallen, kommt der Umwelt zugute. Indem das neue Verfahren die Produktion beschleunigt und die Anlage nur ein Drittel der Fläche einer herkömmlichen Lösung einnimmt, bieten sich weitergehende Einsparungseffekte.

Fraunhofer IWS, Batteries
DRYtraec-Anlagen benötigen keine langen Trocknungsstrecken und nehmen daher deutlich weniger Platz ein als herkömmliche Anlagen zur Herstellung von Batterieelektroden.
© Fraunhofer IWS

Breite Anwendungsmöglichkeiten

Im Rahmen des Förderprojekts »DryProTex« wurden bereits erste DRYtraec-Prototypenanlagen in Betrieb genommen. Hierbei zeigte sich, dass eine kontinuierliche Elektrodenherstellung möglich ist – und das auch unabhängig vom jeweiligen Batterietyp: »Das Einsatzspektrum der Technologie ist nicht auf eine bestimmte Zellchemie beschränkt«, betont Schumm. »Die Anwendung bei Lithium-Ionen-Zellen ist genauso möglich wie bei Lithium-Schwefel- oder Natrium-Ionen-Zellen. Auch Feststoffbatterien haben wir mit im Blick. Diese werden in Zukunft eine immer größere Rolle spielen, aber die Materialien vertragen keine nass-chemische Verarbeitung. Hier liefern wir mit DRYtraec einen vielversprechenden Ansatz.«

Derzeit laufen Gespräche mit mehreren Automobil- und Zellherstellern, um die Realisierung von diversen Pilotanlagen zu planen. Über die Elektrodenherstellung mit DRYtraec hinaus betrachten die Fraunhofer-Forschenden anhand vieler weiterer Projekte die gesamte Prozesskette der Batteriezellenentwicklung ganzheitlich, um so die Zukunft der Batterie maßgeblich mitzugestalten.


Das könnte Sie auch interessieren

Verwandte Artikel

Fraunhofer IWS (Institut für Werkstoff- und Strahltechnik)