Leclanché eröffnet Werk für Lithium-Titanat-Akkus

Leclanché: 100-jähriger Start-up setzt auf die Energiewende

12. November 2012, 9:46 Uhr | Engelbert Hopf
Dr. Ulrich Ehmes, Leclanché: »Je niedriger die Einspeisevergütung des EEG, desto interessanter wird der Eigenverbrauchsanteil. Mit einer batteriegestützten Zwischenspeicherung etwa von PV-Strom, rückt Stromautarkie in greifbare Nähe.«
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Für Dr. Ulrich Ehmes, CEO von Leclanché, ist die Zwischenspeicherung erneuerbarer Energien der Markteintritt für langlebige und zyklenstabile Lithium-Titanat-Systeme. Für die Zukunft hält er auch einen Einsatz im E-Mobility-Bereich für möglich.

Dr. Ehmes, Leclanché hat gerade in Willstätt seine Fertigung für großformatige Lithium-Titantat-Zellen eröffnet. Sie setzen auf die Zwischenspeicherung regenerativer Energien, interessiert Sie der E-Mobility-Markt nicht?

 Wir sind ein kleines Unternehmen, wir dürfen uns nicht verzetteln. Unsere Lithium-Titanat-Technologie eignet sich aufgrund der 15.000 Vollzyklen, die mit diesem elektrochemischen System möglich sind und einer auf 20 Jahre Lebensdauer ausgelegten Zellchemie eben speziell für langlebige Investitionsgüter wie beispielsweise Photovoltaik- oder Windkraftanlagen. Dass wir uns heute auf die Zwischenspeicherung erneuerbarer Energien fokussieren, heißt aber nicht,  dass wir den Eintritt in den E-Mobility-Markt für alle Zeiten ausschließen!

Gerade der Photovoltaik-Markt durchlief 2012 eine schwierige Konsolidierungsphase, auch im Windkraftbereich schießen nicht mehr alle Bäume in den Himmel. Hätten Sie sich für Ihren Markteintritt nicht angenehmere Rahmenbedingungen gewünscht?

Unser Markteintritt bildet den vorläufigen Schlusspunkt einer Entwicklung, die ihren Anfang 2006 nahm. Damals übernahm Lechlanché mit BullithBatteries ein Spin-Off der Fraunhofer-Gesellschaft. BullithBatteries zeichnete sich durch zwei Besonderheiten aus: Sie verfügten über einen patentierten keramischen Separator und sie gehörten neben Altairnano und Toshiba zu den wenigen Unternehmen, die sich bereits damals intensiv mit Lithium-Titanat als Anodenmaterial beschäftigten. Nach Jahren der Forschung und Entwicklung können wir nun eine vollständige, industriell fertigbare Produktpalette anbieten. Mit dem nun erfolgten Produktionsstart ging eine über 24 Monate reichende Planungs-, Projektierungs- und Bauphase zu Ende. Letztendlich war nie unser Ziel, mit unseren Produkten in einen subventionierten Markt zu gehen!

Populär geworden ist das Thema stationäre Zwischenspeicherung regenerativer Energien in den letzten zwei Jahren. Ist das Marktvolumen für diese Anwendungen derzeit nicht noch sehr übersichtlich?

Es gibt Marktstudien, die prognostizieren für das Jahr 2030weltweit einen Bedarf von 430 GWh für die stationäre Energiespeicherung. Sie können es aber auch so betrachten: Allein in Deutschland existieren inzwischen über 1,2 Millionen installierte Photovoltaik-Anlagen. Es gibt ein enormes Potential für Zwischenspeicherlösungen, insbesondere wenn die EEG-Einspeisevergütung noch weiter zurückgefahren wird oder ganz ausläuft. Spätestens dann wird das Thema Zwischenspeicherung und damit die Erhöhung des Eigenverbrauchs für die Besitzer einer PV-Anlage eine entscheidende Rolle spielen. Wenn Siezum Beispiel in die Schweiz schauen, dort besteht bereits heute bei PV-Anlagenbesitzern ein erhöhter Wunsch nach Autarkie. Dieser Trend wird sich international fortsetzen. Einem Auslaufen des EEG sehe ich deshalb absolut ruhig entgegen.

Welchen Beitrag leisten Batterien im Zuge der politisch proklamierten Energiewende für die Zukunft der Energieversorgung?

Unter dem Aspekt einer ressourcenschonenden Nutzung von Energie, bleibt uns angesichts einer auf 8 Milliarden anwachsenden Weltbevölkerung nur die Möglichkeit, erneuerbare Energieträger als Hauptenergielieferant zu nutzen. Damit verbunden ist ein Umschwenken von einer zentralen zu einer dezentralen Energieversorgung. Energie wird in Zukunft dezentral produziert und auch verbraucht. Ein Wandel, der den etablierten Energieunternehmen nicht leicht fällt. In der Vergangenheit waren sie diejenigen, die Energie geliefert haben, in Zukunft werden sie immer häufiger diejenigen sein, die Energie, welche sie geliefert bekommen, intelligent ins Stromnetz verteilen müssen. Letztendlich ist es entscheidend, finanzierbare Lösungen für die Nutzer anzubieten.

Sie haben sich für ein B2B-Konzept entschieden und bedienen damit sowohl den Eigenheimbesitzer, als auch industrielle Kunden. Wieviel müsste denn ein Eigenheimbesitzer mit PV-Anlage für eine Energiezwischenspeicherlösung von Leclanché ausgeben?

Wir bieten für diesen Anwendungsbereich das Homestorage-Modul HS3200 mit 3,2 kWh an. Der Preis dafür liegt bei 8.950 Euro. Der Zwischenspeicherbedarf eines Einfamilienhauses lässt sich damit bereits abdecken. Wer zwei Module mit dann 6,4 kWh installiert wird auch bei zwischenzeitlichen Bedarfsspitzen oder dem Hinzukommen neuer Stromverbraucher keine Probleme mit seiner Energieversorgung bekommen. Im Bereich der industriellen Speicheranlagen bieten wir beispielsweise Containerlösungen mit Kapazitäten von 500 kWh an. Deren Preis liegt hier bei etwa 1,3 Millionen Euro incl. sämtlicher Leistungselektronik und Klimatisierung.

Wie hoch wird die Fertigungskapazität Ihres Werkes in Willstätt sein, wenn es im nächsten Jahr seine volle Produktionskapazität erreicht?

In den letzten Monaten produzierten wir auf einer Pilotlinie mit einer Jahreskapazität von 4 MWh. Unsere neue Produktionsanlage, in deren Aufbau wir 20 Millionen Schweizer Franken allein in Maschinen investiert haben, wird im vollen 24/7-Stundenbetrieb eine Fertigungskapazität von 76 MWh erreichen. Das entspricht in etwa 1 Million großformatiger Lithium-Ionen-Zellen mit einer Speicherkapazität von 35 Ah. Unsere Jahresproduktion würde in etwa ausreichen, um rund 18.000 Haushalte mit Homestorage-Systemen auszustatten oder etwa 150 Container für industrielle Zwischenspeicherlösungen auszurüsten.

Leclanché verbindet 100 Jahre Erfahrung in der Entwicklung von Batterien seit 2006 mit Lithium-Ionen-Technologie. Warum hat man sich vor sechs Jahren für den Einstieg in diese Technologie entschieden?

Leclanché hat sich lange Zeit auf den Schweizer Markt konzentriert, das galt vor allem auch für die portablen Systeme, die beispielsweise an das Militär geliefert wurden. In diesem Bereich gab es eigene Entwicklungen, in anderen Bereichen war Leclanché als Handelsunternehmen tätig. Als dann Investoren in das Unternehmen einstiegen, war schnell klar, dass der Wettbewerbsdruck aus Asien in etablierten Batteriebereichen zu groß gewesen wäre, um dem langfristig Stand zu halten. Aus diesem Grund entschied man sich auf einen neuen Geschäftsbereich zu fokussieren. Die Akquisition von BullithBatteries bot dazu die technischen Grundlagen. Wir befinden uns in einem systematischen Übergangsprozess. Die Umsätze aus dem Distributionsgeschäft gehen langsam zurück, der Umsatzanteil der großformatigen Lithium-Akkus wächst Schritt für Schritt.

Sie haben bereits angedeutet, dass die Zwischenspeicherung erneuerbarer Energie das Entrée für Leclanché auf dem Markt leistungsstarker Lithium-Akkus darstellt. Arbeiten Sie bereits an entsprechenden Lösungen für den E-Mobility-Sektor?

Hochenergie-Lithium-Ionen-Batterien für die E-Mobility-Zukunft sind Leading-Edge. Im Rahmen des bis 2015 befristeten Forschungsprojekts Helion der Bundesregierung arbeiten wir an dieser Entwicklung mit. Das Ziel von Helion sind E-Mobility-Batterien mit einer Zellspannung von 4,8 V. Das liegt deutlich über den Betriebsspannungen unserer heutigen Zellen. Um entsprechend leistungsfähige Batterielösungen für den E-Mobility-Bereich zu entwickeln, bedarf es verschiedener Optimierungen am Lithium-Ionen-System. Ich bin zuversichtlich, dass wir im Rahmen dieses Forschungsprojekts eine entsprechende Lösung finden.

 


  1. Leclanché: 100-jähriger Start-up setzt auf die Energiewende
  2. Lelanché hat auch andere Elektrochemien im Technologieköcher

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