Drahtlose Sensornetzwerke mit Energie versorgen

Micropelt will 2012 bis zu 500.000 Chips produzieren

18. März 2011, 13:14 Uhr | Corinna Puhlmann
Fritz Volkert, Micropelt: »Die Kombination aus wartungsfreier, das heißt batteriefreier Funktechnologie und Sensorik ist einfach sinnvoll.«
© Micropelt

Noch 2011 wird Micropelt in einem neuen Werk in Halle an der Saale die Fertigung thermoelektrischer Chips aufnehmen. »Wir wollen schon im nächsten Jahr zwischen 300.000 und 500.000 Chips verkaufen«, umreißt Fritz Volkert, CEO von Micropelt, das Marktpotenzial der thermoelektrischen Generatoren.

Energie&Technik: Der Markt für drahtlose Sensornetze hat sich in den letzten zwei Jahren sehr dynamisch entwickelt. Was war ausschlaggebend dafür?

Fritz Volkert: Die verschiedenen Technologien, einerseits auf Seiten der Mikrocontroller, anderseits im Bereich der Funkkommunikation, haben sich schnell weiterentwickelt und in ihrem Energieverbrauch dem Niveau angenähert, was thermisches Energy Harvesting leisten kann. Das war Voraussetzung für die Realisierung funktionierender Energy-Harvesting-Systeme und der Marktakzeptanz. Als wir 2007 damit begonnen haben, uns intensiv damit auseinanderzusetzen, war noch nicht abzusehen, ob sich mit den vorhandenen Technologien ein relevanter Markt generieren lässt. Heute haben wir daran keinen Zweifel mehr. Die Nachfrage nach auf Energy Harvesting basierten drahtlosen Sensoren nimmt zu - speziell in der Gebäudeautomatisierung, Zustandsüberwachung und der Prozessautomatisierung. Die Kombination aus wartungsfreier, das heißt batteriefreier Funktechnologie und Sensorik ist einfach sinnvoll.

In die neue Fertigung haben Sie rund 8 Mio. Euro investiert. Bleibt nicht doch ein Restrisiko, dass sich die Nachfrage anders entwickelt als erwartet?

Micropelt hat in den letzten Jahren verschiedene Phasen durchlebt: Vor rund acht Jahren war ein »Technologierisiko« sehr präsent. Danach haben wir uns stark auf Thermogeneratoren und Kühler fokussiert und waren somit einem hohen »Produkt-risiko« ausgesetzt. Später gehörte die Chipintegration in Baugruppen und Sensorsysteme zu unserer Aufgabe - mit einem gewissen Marktrisiko im Bereich des Energy Harvesting. All diese Phasen sind nun überstanden und die damit zusammenhängenden Probleme gelöst. Jetzt geht es nur noch darum, die Produktion erfolgreich hochzufahren.

Wie schnell werden Sie die Volumenproduktion aufnehmen?

Das nötige Prozess-Know-how ist heute ausentwickelt und vorhanden. Ab Juni werden wir also die Produktion langsam hochfahren. Diese Phase wird etwa drei Monate in Anspruch nehmen, bevor wir dann mit der regulären Produktion starten können. Geplant ist, dass wir im nächsten Jahr zwischen 300.000 und 500.000 Chips produzieren werden, mit stark steigenden Stückzahlen in den Folgejahren. Insgesamt ist unser Werk auf eine Kapazität von bis zu 10 Mio. Chips bei Vollauslastung ausgelegt und sollte somit den Markt auf die nächsten fünf Jahre hin beliefern können.

Die Micropelt-Technologie unterscheidet sich von anderen Energy-Harvesting-Konzepten am Markt. Mit Ihren Thermogeneratoren, basierend auf Dünnschichttechnologie, haben Sie ursprünglich eine ganz andere Idee verfolgt . . .

Wir wollten mit unserer patentierten Technologie ein neues Kühlprinzip für ICs etablieren. Dazu haben wir sehr leistungsfähige, kleine Peltierelemente entwickelt, die man auf Wafer-Ebene produzieren kann. Allerdings ist der Markt für die direkte Chipkühlung nicht entstanden, weil die Elektronikindustrie den Ansatz gewählt hat, die Kühlproblematik von vornherein zu umgehen, zum Beispiel durch Multi-Core-Architekturen. Glücklicherweise haben wir, noch bevor sich der Markt für die Chip-Spot-Kühlung in Luft aufgelöst hat, nach weiteren Möglichkeiten gesucht, unsere innovative Plattform-Technologie mit Seebeck- und Peltierelementen am Markt zu positionieren. Als neue Anwendung hatten wir das thermoelektrische Harvesting bereits im Herbst 2006 ausgemacht, das heute rund 80 bis 90 Prozent unserer Projekte und Entwicklungsaktivitäten betrifft. Daneben beschäftigen wir uns seit vielen Jahren intensiv mit Life Science bzw. der Biotechnologie, in der unsere Produkte in gentechnischen Analysegeräten, so genannten PCR-Cyclern, zu Diagnosezwecken erfolgreich zum Einsatz kommen.

Wie unterscheidet sich das thermoelektrische Harvesting von Micropelt von anderen gängigen Ansätzen am Markt?

Die verschiedenen Ansätze am Markt sind komplementär zueinander zu betrachten. Denn nicht überall, wo Wärme als Energiequelle zur Verfügung steht, kann man automatisch auch Energie aus Vibrationen gewinnen. Welche Harvesting-Technologie letztendlich besser geeignet ist, hängt von der Aufgabenstellung und dem Einsatzort ab. Bei Anwendungen, die aus Gründen der Energieeffizienz nicht ständig im Dauerlastbetrieb und damit gleichmäßig betrieben werden, sondern drehzahlgesteuert sind, hat das Thermoharvesting sicher Vorteile, weil sich das Vibrationsspektrum im drehzahlgeregelten Betrieb ständig verändert. Insgesamt ist das Thermoharvesting sehr zuverlässig, weil keine mechanischen Bewegungen auftreten und lediglich geringe Belastungen durch Wärmefluss bzw. typische Temperaturunterschiede von 10 bis 20 Grad Celsius vorhanden sind. Anderseits sind unsere Thermoharvester nicht unkompliziert in ihrem Fertigungsverfahren. In unserer Chip-Technologie steckt enorm viel Entwicklungs- und Prozess-Know-how. Dadurch haben wir uns einen Vorsprung verschafft.

Wie stark ist der Wettbewerb in Ihrem speziellen Marktsegment?

In der Technologie konkurrieren wir derzeit mit einem anderen Anbieter von Dünnschicht-Thermoelektrik, sehen uns hier aber gut aufgestellt. Zudem ist die Micropelt heute nicht mehr nur Lieferant von thermoelektrischen Generatoren, sondern viel mehr ein Systemanbieter für draht-lose Sensoren, weil wir die gesamte Wertschöpfungskette abbilden. Wir haben uns zum Beispiel stark im Bereich des Power-Management-Designs weiterentwickelt und sind Ansprechpartner für unsere Kunden auf Systemebene. Das trägt unter anderem dazu bei, das Design-in zu beschleunigen.

Welche Rolle spielen dabei Partnerschaften?

Zusammen mit ST bieten wir zum Beispiel ein komplettes Evaluation Kit für autonome drahtlose Sensoren an, bestehend aus unserem Thermogenerator und einer Dünnschicht-Festkörperbatterie von ST.  ST verfolgt eine sehr klare Roadmap im Bereich des Energy Harvesting, was uns beeindruckt. Wir stehen aber auch mit vielen anderen Unternehmen in engem Kontakt. Langfristig gesehen könnte sogar eine Produktionspartnerschaft eine wichtige Rolle in unserer Strategie spielen.

 


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