Organisches Material als Halbleiterersatz

Thermogeneratoren aus Molekülkristallen

27. Februar 2013, 11:25 Uhr | Ramona Jeßberger
Das organische Material weist eine hochgeordnete Kristallstruktur und eine charakteristische, variierbare Farbe auf.
© Jens Pflaum / Universität Würzburg

Thermogeneratoren erzeugen aus Abwärme Strom. Doch Tellur, ein Halbleiter aus dem die Generatoren zumindest teilweise bestehen, ist selten und giftig. Eine neue Forschungsgruppe soll zeigen, ob organische Materialien es in Zukunft ersetzen können.

Nach Angaben der Universität Würzburg verpufft ein Fünftel des jährlichen Energieverbrauchs ungenutzt in der Atmosphäre. Insgesamt enthält die Abwärme aus industriellen Prozessen, aus Privathaushalten und aus dem Verkehr mehr Energie, als sämtliche Mitgliedsstaaten der EU gemeinsam verbrauchen. Thermogeneratoren (TEG) bieten die Möglichkeit, dank des Seebeck-Effekts diese »Abfallwärme« zu nutzen und aus einer Temperaturdifferenz elektrische Energie zu erzeugen.

Das zurzeit am häufigsten eingesetzte Material für Thermogeneratoren ist der Halbleiter Bismut-Tellurid. Allerdings gehört Tellur zu den seltenen Erden, ist damit also teuer und zudem noch giftig. Wissenschaftler gehen davon aus, dass die Tellur-Vorräte bis 2030 erschöpft sein werden bzw. nicht mehr wirtschaftlich abbaubar sind. Ein europaweiter Forschungsverbund mit dem Namen »Waste Heat to Electrical Energy via Sustainable Organic Thermoelectric Devices«, kurz H2ESOT, sucht deshalb nach einem organischen Material mit guten thermoelektrischen Eigenschaften.

Thermogeneratoren im Detail

Micropelt Cooler Structure
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Micropelt Inner Structure
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MPG-D75x
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Die Europäische Union finanziert das vom 1. Januar 2013 an auf drei Jahre ausgelegte Projekt. Ihm gehören Chemiker, Physiker und Elektroingenieure aus Großbritannien, Deutschland, Litauen, Bulgarien und Moldawien an. Die Aufgaben sind klar verteilt: Die Theoretiker schlagen nach ihren Berechnungen geeignete Materialien vor, die Chemiker stellen sie her und Ingenieure kümmern sich um die Umsetzung in ein fertiges Bauteil.

Auf deutscher Seite ist die Arbeitsgruppe von Jens Pflaum, Professor am Lehrstuhl für Experimentelle Physik VI der Universität Würzburg beteiligt. Sie beschäftigt sich mit der Aufbereitung der organischen Verbindungen und der Herstellung einkristalliner Proben. Im Gegensatz zu den ungeordneten Polymeren, wie sie zum Beispiel in organischen Solarzellen verwendet werden, sollen wegen der höheren elektrischen Leitfähigkeit in Thermogeneratoren molekulare Verbindungen zum Einsatz kommen, die in ihrer hohen kristallinen Ordnung eher anorganischen Halbleitern ähneln. Außerdem führt die Arbeitsgruppe thermoelektrische Untersuchungen durch. »Was wir hier machen ist Grundlagenforschung. Bereits die Vorstellung eines Prototyps während des Projekts wäre ein großer Erfolg«, sagt Jens Pflaum über seine Arbeit. Die Verwendung von organischen Verbindungen ist vorteilhaft, da diese in großen Mengen synthetisiert werden können. Dadurch sind sie preiswert, leicht zu verarbeiten und ressourcenschonend. Der Einsatzbereich ist aber auf Temperaturen bis zu 200 °C beschränkt, bei höheren Temperaturen verdampfen die organischen Stoffe. Im Idealfall könnten die TEGs auf der Basis organischer Halbleiter auf flexiblen Folien hergestellt werden, die sich auch gekrümmten Oberflächen anpassen. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, Thermogeneratoren nach Design-Gesichtspunkten zu entwickeln, da sich das organische Material großflächig und in verschiedenen Farben herstellen lässt, ohne die elektrischen Eigenschaften zu beeinflussen.

Auch in anderen Geräten, die bisher den herkömmlichen Halbleitern vorbehalten waren, finden sich bereits organische Materialien. Das bekannteste Beispiel ist wohl das Handy-Display, aber auch bei der Raumbeleuchtung kommen vermehrt organische LEDs (OLED) zum Einsatz. »Wenn effiziente Thermogeneratoren aus geeigneten organischen Materialien hergestellt werden, könnte das ebenso tiefgreifende Folgen haben, wie das schon im Display-Bereich mit OLEDs der Fall war«, sagt Simon Woodward, Koordinator von H2ESOT und Professor an der Universität von Nottingham.

 


  1. Thermogeneratoren aus Molekülkristallen
  2. Micropelt: Thermogeneratoren in Dünnschicht-Technik

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