Energy-Harvesting

Verzicht auf Batterie

16. September 2011, 9:28 Uhr | Jürgen Hoika
© Energy Micro

Seit langem beschäftigen sich Ingenieure mit Energy-Harvesting, heutzutage wird es in der Breite eingeführt. Über das Photovoltaik-Prinzip ist heute eine Leistung von bis zu 100 mW/cm2 abrufbar, thermische Unterschiede liefern 10 mW/cm2 und durch Vibration lassen sich bis zu 1 mW/cm2 erzeugen. Für effizientes Wirtschaften muss die Energieeffizienz der Komponenten so hoch wie möglich sein.

Eine zentrale aktive Komponente energieautarker Systeme ist der Mikrocontroller. Er erfasst Messdaten, berechnet einen Regelungsalgorithmus und steuert Aktuatoren oder Anzeigen. Die Leistungsaufnahme und der Energiebedarf dieser Einheit beeinflussen signifikant die Batterielebenszeit oder ermöglicht den Einsatz von Energy-Harvesting. Es gibt es zunächst vier wesentliche technische Rahmenbedingungen für Mikrocontroller in diesem Einsatzbereich:

Anbieter zum Thema

zu Matchmaker+
Aktiver Betrieb
Photovoltaik
Thermisch
Vibration
EMO (1 MHz)
0,0066
0,066
0,66
EMO (32 MHz) 
0,1536
1,536
15,36

Tabelle 1: Die für den Betrieb eines Mikrocontrollers benötigten Flächen in mm2 für ein Energy Harvesting-Element


  • Leistungsverbrauch im aktiven Betrieb: Die Strategie für eine Energy-Harvesting-Lösung ist, so viele Funktionen wie möglich im Sleep-Modus, also ohne Verwendung der CPU, durchzuführen. Wenn die CPU verwendet werden muss, so soll bei einer idealen Lösung der Stromverbrauch dabei so gering wie möglich sein. Moderne 32-Bit-MCUs wie »EFM32-Gecko« von Energy Micro verbrauchen etwa 160 µA/MHz (Run Mode, Energy Mode 0, EM0) (Tabelle 1).
  • Rechenzeit: Wenn die CPU aktiv ist, ist es für energieeffiziente Anwendungen entscheidend, möglichst viele Befehle pro Zeit abzuarbeiten. Der Einsatz von 32-Bit-Architekturen wie »Cortex M3« ist nicht nur dadurch begründet, dass mehr Rechenleistung verfügbar ist, sondern dass effizienter gerechnet werden kann als bei vielen 8-Bit-, 16-Bit- oder 32-Bit-CPUs.
  • Aufweckzeiten: Die Aufweckzeit vom Sleep-Modus zum aktiven Betrieb ist ein Charakteristikum für die Blindleistung beim Wechseln zum aktiven Betrieb. Je schneller ein Mikrocontroller aufwachen kann, desto energieeffizienter ist er. Mit den EFM32-Bausteinen sind Aufweckzeiten von 2 µs möglich.
  • Leistungsaufnahme im Sleep-Modus: Der Sleep-Modus ermöglicht das Ausführen von Funktionen ohne Verwendung der CPU. Der EFM32 erreicht im Deep-Sleep-Modus Stromaufnahmen von 900 nA. Bei diesem Betrieb sind Power-On-Reset, Brown-out-Detection, Inhalte der CPU und des RAMs sowie ein Real-Time-Counter aktiv.

Neben diesen Faktoren spielen die Spezialitäten einer Mikrocontrollerarchitektur und die Tools eine Rolle, vor allem wenn sie auf energiesensitive Applikationen optimiert sind.

Eigenheiten der MCU

Die Energieersparnis wächst sig-nifikant, wenn möglichst viele Funktionen in einem Sleep-Modus laufen können. Dabei helfen autonome Peripheriefunktionen, die ohne CPU ablaufen können. Zum Beispiel kann eine animierte Anzeige im Deep-Sleep-Modus erfolgen, wenn der integrierte LCD-Controller Funktionen wie Kontrast, Animation und Blinken unterstützt. Der gesamte Strom für ein 4x40-Segmentdisplay im Deep-Sleep beträgt 1,6 µA (Energy-Mode 2, EM2, Deep-Sleep plus Beitrag des LCD-Controllers). Ein weiteres Beispiel ist serielle Kommunikation im Tiefschlaf. In der Architektur des EFM32 übernimmt die DMA-Einheit den Datentransfer von einer Low-Energy-UART in den Speicher.

Funktion im Deep-Sleep-Mode
Photovoltaik
Thermisch
Vibration
EM2 + LCD-Controller (4 x 40)
0,00435
0,0435
0,435
EM2 + Low-Energy-UART
0,0057
0,057
0,57

Tabelle 2: Die für den Tiefschlafmodus benötigten Flächen in mm2 für ein Energy-Harvesting-Element


Bei 9600 Baud sind insgesamt 1 µA nötig (Tabelle 2). Eine Ablaufsteuerung im Deep-Sleep-Modus kann weitere wertvolle Energie einsparen.

Bild 1: Das »Peripheral Reflex«-System
© Energy Micro

Das »Peripheral Reflex«-System (Bild 1) von Energy Micro ermöglicht die Verknüpfung von Peripherieeinheiten. So kann zum Beispiel ein Timer-Overflow eine Reaktion auslösen, um ein ADC-Sampling zu starten. Auf einem anderen Reflexkanal kann zeitgleich ein GPIO-Event den DAC triggern, um eine Referenzspannung zu erzeugen. Es stehen bis zu zwölf Reflexkanäle bereit, die eine umfangreiche programmierbare Ablaufsteuerung im Tiefschlaf ermöglichen.

Entscheidend für energiefreundliche Mikrocontroller ist ein optimales Design der Energiemodi. Auf dem EFM32 ist es gelungen, den Strombedarf in den einzelnen Modi auf sehr geringe Werte zu reduzieren, ohne dabei Abstriche bei wichtigen Funktionen wie Verfügbarkeit von Brown-out-Detection oder Power-On-Reset zu machen. On-Chip-Oszillatoren generieren einen Hoch- wie Niederfrequenztakt: bis zu 48 MHz im Run- und Sleep-Modus und 32 kHz im Deep-Sleep-Modus. EFM32-MCUs bieten neben der genannten LCD-Ansteuerung und serieller Kommunikation auch weitere Peripherie, die einen Betrieb mit niedriger Stromaufnahme unterstützt.

Der integrierte ADC verbraucht bei 1 MSample/s und 12 Bit nur 350 µA. Kommt die Anwendung mit 6 Bit und 1 KSample/s aus, beträgt der Wert 500 nA. Der integrierte Analogkomparator verbraucht 100 nA, ist verfügbar bis in den Stopp-Modus (EM3) und kann den Mikrocontroller aufwecken oder eine Reaktion auslösen, wenn ein eingestellter Schwellwert überschritten ist. Diese Schnittstelle ist auch ein wesentliches Element für das so genannte »Low Energy Sense Interface«.

Sensoren und Tools

Der überwiegende Teil der Anwendungen für energieautarke Systeme beinhaltet das Erfassen und Verarbeiten von Sensorsignalen. Dies können unter anderem Bedienoberflächen mit Touch-Sense, Drehgeber, Temperatur- oder Drucksensorik sein. Das LESENSE (Low Energy Sense-Interface) ermöglicht es, die Sensordaten im Deep-Sleep-Modus zu erfassen. Dabei wird der Analogkomperator als Sensoreingang verwendet, der integrierte DAC als Referenzgenerator, und ein integrierter Zustandsautomat sorgt für eine programmierbare Ablaufsteuerung, die festlegt, ab welchem Event ein Interrupt oder Reflex ausgelöst werden soll.

In dieser Betriebsart verbraucht der EFM32 1,2 µA für kapazitive und resisitive Sensoren und 1,4 µA für induktive Sensoren einschließlich Anregung. Der Energy-Harvester muss dadurch für die Sensordatenverarbeitung nun sehr wenig Leistung und Energie bereitstellen. Photovoltaisch genügt eine Fläche von 0,0069 mm2, thermisch 0,069 mm2 und per Vibration 0,69 mm2. Neben den genannten Fortschritten bei modernen Mikrocontrollern spielt die Entwicklungsunterstützung für Energy-Harvesting-Anwendungen eine ebenso wichtige Rolle.

Energy Micro hat daher alle Entwicklungsboards mit »Advanced Energy Monitoring« ausgestattet, einem Messsystem für den Energieverbrauch. Damit lässt sich der Stromverbrauch eines Proto-typensystems in Echtzeit darstellen. Mit Hilfe des »J-Link«-Debuggers, der ebenfalls auf den Boards vorhanden ist, lassen sich die Strommessungen mit der Debugging-Information korrelieren. Der »energyAware Profiler« erlaubt es, Fehler schnell zu identifizieren und zu beseitigen. Eine neue Version dieses Tools soll auch die Versorgungsspannung überwachen, eine essenzielle Funktion für das Design von Energy-Harvesting-Anwendungen.


Lesen Sie mehr zum Thema


Das könnte Sie auch interessieren

Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!