Ein Energy-Harvesting-System funktioniert nicht zuverlässig, solange mehr Energie gewonnen als verbraucht wird

Wie wählt man die richtigen Komponenten für die Energieernte aus?

21. Mai 2012, 10:16 Uhr | Karin Zühlke
Patrick Delmer, Arrow: »Der gewählte DC/DC-Wandler muss bei sehr niedrigen Strömen bereits eine hohe Effektivität aufweisen. Und genau hier trennt sich die Spreu vom Weizen.«

Neue Batterietechnologien und hocheffiziente Mikrocontroller machen Energy-Harvesting erst möglich. Bei der Auswahl der Komponenten gilt allerdings: "Augen auf und das gesamte Energiebudget berücksichtigen", rät Patrick Delmer, Global Supplier Business Manager von Arrow.


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Interessanter Energiespeicher: Dünnschichtbatterien

Bis heute sind Energy-Harvesting-Systeme nur vereinzelt in Endverbraucheranwendungen zu finden, weil letztlich der Preise eine Rolle spielt«, gibt Patrick Delmer zu bedenken. Meist sind das Applikationen mit Solarzellen wie Mobiltelefone, Notfallakkus, Outdoor-Sportgeräte oder Taschenrechner. In industriellen Anwendungen sieht das schon anders aus. Hier entscheiden die System- und Wartungskosten. Wenn der Austausch einer Batterie aufwendig ist oder die Elektronik sich an einem unzugänglichen Ort befindet, dann bietet sich eine Energy-Harvesting-Elektronik an. Solche Applikationen findet man beispielsweise in der Gebäudeüberwachung, der strukturellen Überwachung von Anlagen, der chemischen Industrie oder allgemein in der Fabrikautomation.
Als Umgebungsenergie stehen dem Energy Harvesting folgende Arten zur Verfügung:

•    Thermische Energie:  25 µW/cm² (menschliche Körperwärme) bis 1mW/cm² industrielle Abwärme
•    Photovoltaik:  00 µW/cm² unter Kunstlicht bis 10-100 mW/cm² unter Sonnenlicht
•    Vibration/Bewegung:  4 µW/cm² menschliche Bewegungsenergie und bis 800 µW/cm² maschinelle Vibration/Bewegung
•    RF-Wellen über Antennen: < 1µW/cm², nur Nahfeld.
Ob eine Energy-Harvesting-Lösung technisch umsetzbar ist, hängt stark von der regelmäßigen Verfügbarkeit der Energiequelle ab. »Häufig wird ein System auch redundant ausgelegt, so dass zwei oder mehr Energiequellen zur Versorgung abgegriffen werden«, weiß Delmer. Einige junge Unternehmen entwickeln auch neue Harvesting-Technologien, z.B. Micropelt in Freiburg, die mikromechanisch hergestellte Thermoelemente produzieren.

Entscheidend ist nach den Worten von Delmer, dass am Ende das Energiebudget passt: »Denn ein Energy-Harvesting-System funktioniert nicht zuverlässig, solange mehr Energie gewonnen als verbraucht wird«. Wie kommt der Entwickler also zu einem probaten System? Es kommt auf die richtige Komponentenauswahl und deren Zusammenspiel an. Noch ist Energy-Harvesting für einige Entwickler Neuland. Distributoren wie Arrow unterstützen bei der Produktauswahl. Denn es gibt zwar zahlreiche Lieferanten, die potenzielle Bausteine für Energy-Harvesting-Systemen anbieten, aber nicht alle Produkte eignen sich wirklich fürs Energy-Harvesting.       

Einige junge Unternehmen entwickeln auch neue Harvesting-Technologien, z.B. Micropelt in Freiburg, die mikromechanisch hergestellte Thermoelemente produzieren.

»Eine Anwendung unter Sonnenlicht ist in seinem Energiebudget einfacher voraus zu berechnen, weil unsere Sonne jeden Tag und damit planbar aufgeht. In diesem Anwendungsfall stellen sich dann vor allem die Fragen, in welchen Zeitabständen die Elektronik aktiv sein soll und welcher Energiespeicher hierfür geeignet ist«, führt Delmer aus. Praktikabel sind allerdings nur solche Energiespeicher, die eine hohe Anzahl an Ladezyklen erlauben. Wiederaufladbare Knopfzellen beispielsweise haben nur 1000 Ladezyklen und würden nur etwa 2-3 Jahre durchhalten. Als zweites Entscheidungskriterium für den Energiespeicher nennt Delmer den Ladestrom: »In Energy-Harvesting-Anwendungen stehen nur sehr kleine Ladeströme im µA-Bereich oder wenige mA zur Verfügung. Die Batterie muss also auch mit diesem niedrigen Strom zu laden sein.« Gleichzeitig stehen die Entwickler jedoch vor der Herausforderung, dass im aktiven Betrieb der Elektronik, speziell wenn eine Funkübertragung zum Einsatz kommt, der notwendige Strom für die Anwendung schnell 10-50mA für kurze Impulse benötigt.  Es ist laut Delmer sogar durchaus möglich, gänzlich ohne Energiespeicher auszukommen: »Verwendet man beispielsweise ein thermoelektrischen Element, dann ist es vielleicht nur notwendig, dass die Anwendung aktiv ist, solange die zu überwachende Anlage in Betrieb ist und Abwärme produziert.«

Eine relativ neue Technologie zur Energiespeicherung sind Dünnschichtbatterien oder Mikroenergiezellen. Ihr Vorteil besteht in ihrer Festkörperform, die einen sicheren und umweltfreundlichen Betrieb ermöglichen. Als Materialien werden meist Lithiumkobaltoxid (LiCoO2) für die Kathode und Lithium oder ein anderes Metall als Anode verwendet. Als Feststoffelektrolyt kommt Lithiumphosphoroxynitrid (LiPON) zum Einsatz. Die Menge des verwendeten Lithiums ist dabei recht klein. Dennoch gibt es seitens der EU für diese Produktgruppe noch keine separate Kategorie, weshalb die gleichen  Fracht- und Entsorgungsregeln gelten wie für normale Li-Ionen Akkus.


  1. Wie wählt man die richtigen Komponenten für die Energieernte aus?
  2. Interessanter Energiespeicher: Dünnschichtbatterien
  3. Beim Laderegler trennt sich die Spreu vom Weizen

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