E.ON Windgas

Power-To-Gas: Wasserstoff aus Windenergie

1. April 2014, 13:07 Uhr | Hagen Lang
Die Container beherrbergen die sechs Hydrogenics-HySTAT-Elektrolyseure. Sie können zusammen pro Stunde bis zu 360 m3 Wasserstoff produzieren.
© E.ON

Im brandenburgischen Falkenhagen betreibt E.ON eine Power-to-Gas-Anlage zur Evaluierung der Technologie im Dauerbetrieb. Falkenhagen produziert »Windgas«: Strom aus Windkraftanlagen betreibt Elektrolyseure, deren Wasserstoff in das Hochdruck-Gasübertragungsnetz der ONTRAS eingespeist wird.

Je weiter die Energiewende fortschreitet, desto dringender wird der Bedarf an Speichermöglichkeiten für die stark fluktuierend anfallenden regenerativen Energien. Wie Dr. Rainer Speh, Vorsitzender der Energietechnischen Gesellschaft im VDE und Vice President – Head of Technology Innovation bei Siemens Infrastructure & Cities, auf der Smart Energy Conference der Fachhochschule Dortmund ausführte, sind die heutigen Speichermöglichkeiten jedoch sehr begrenzt.

Die gesamte Energiespeicherkapazität aller deutschen Pumpspeicherkraftwerke beträgt gerade mal 40 GWh, was in der Analogie von Dr. Speh lediglich dem Energiegehalt eines würfelförmigen Diesel-Tanks mit einer Kantenlänge von 16 m entspricht. Mit den heutigen Speichern ist kein Staat zu machen, jedenfalls kein energiegewendeter, hochindustrialisierter, der auf Atomkraft und fossile Energieträger weitgehend verzichten will. Die Kapazität von Batteriespeichern ist in Deutschland noch ähnlich bescheiden wie die der Pumpspeicherkraftwerke. Wenn die erneuerbaren Energie-Anlagen bei Erzeugungsspitzen nicht abgeschaltet werden sollen, um die Stromnetze zu schützen, muss ein zusätzlicher Speicher gefunden werden.

Wind- und Sonnenenergie lassen sich über den Umweg der Elektrolyse auch als chemische Energie speichern. Dabei wird Wasser unter Hinzufügung von Energie in Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Wasserstoff reagiert bei Zugabe von CO2 zu Methan und Wasser. Für Wasserstoff und Methan existieren in Deutschland Speicher, Gasspeicher und Kavernen, vor allem aber das Gasversorgungsnetz. Es kann etwa 220 TWhth bzw. 110 TWhel an Energie aufnehmen. Weil Wasserstoff korrodierend auf die Legierungen der Gasleitungen wirkt, besteht gegenwärtig eine Einspeisungsobergrenze von 5 Prozent Wasserstoffanteil in dem für Erdgas gebauten Rohrleitungsnetz. Die Erweiterung der Obergrenze auf 15 Prozent wird gegenwärtig erforscht. Theoretisch ließe sich damit bereits die gesamte heute regenerativ erzeugte Energie im deutschen Erdgasnetz speichern.

Power-to-Gas-Pilotanlage Falkenhagen

Der technische Aufbau der Pilotanlage Falkenhagen
Der technische Aufbau der Pilotanlage Falkenhagen
© E.ON

Vor diesem Hintergrund testet Energieversorger E.ON die Power-to-Gas-Technologie und die anschließende Einspeisung des Wasserstoffs in das Gasversorgungsnetz. Mehr als 5 Millionen Euro investierte E.ON in die Windgasanlage im brandenburgischen Falkenhagen, an dem die Technologie erforscht und weiterentwickelt wird. »Um den Anteil von wetterabhängigem Windstrom an unserer Stromerzeugung in den kommenden Jahren weiter erhöhen zu können, brauchen wir auch neue Speicherkapazitäten«, sagt Prof. Dr. Klaus-Dieter Maubach, Mitglied des Vorstandes der E.ON AG, zuständig für Technik und Entwicklung. »Dabei ist die Nutzung der bestehenden Erdgasinfrastruktur zur Speicherung von Wasserstoff langfristig ein erfolgversprechender Ansatz, bei dem wir unsere Stärken als Strom- und Gasunternehmen in besonderer Weise werden kombinieren können«, so Maubach weiter.

Falkenhagen war als Standort für E.ON attraktiv, weil die Region über ein hohes Windstromaufkommen verfügt und in der Nähe vorhandener Gas- und Strominfrastruktur sowie eigener Betriebsstellen liegt. Die Anlagenleistung der Falkenhagener Anlage beträgt etwa 2 MW, was einer stündlichen Produktion von 360 m3 Wasserstoff entspricht. Bei dem Projekt der E.ON Gas Storage kooperieren der Netzbetreiber E.DIS AG, die E.ON New Build & Technology GmbH sowie die Schweizer Swissgas AG, die einen Teil des erzeugten Wasserstoffs abnehmen wird.

Stromnetze entlasten

Für die E.DIS AG ist es als Betreiber des Strom- und Gasnetzes interessant, den Nutzen von Power-to-Gas für ihre Smart-Grid-Optimierung, besonders im Mittelspannungsbereich bis 20 kV, zu evaluieren. Auch intelligent aufgerüstete Netze gelangen bei schwankender EE-Strom-Einspeisung einmal an ihre Grenzen. Statt die Netze weiter auszubauen, wäre die Power-to-Gas-Technik eine Option, um das Stromnetz zu entlasten und die gewonnene Energie trotzdem für eine spätere Nutzung zu speichern. Dr. Ingo Luge, Vorsitzender der Geschäftsführung der E.ON Deutschland, glaubt an das Potential der Technik: »Diese Art der Speicherung gilt als eine der Schlüsseltechnologien für die Energiewende. Damit wird die anderenfalls notwendige Abschaltung von Windkraftanlagen bei Netzengpässen vermieden, und die Ausbeute der Erzeugung von Windstrom steigt.«

Als Technik verwendet die E.ON-Anlage sechs alkalische Wasserelektrolyseure des Typs HySTAT 60 der belgischen Firma Hydrogenics, die bei einer Leistungsaufnahme von 6 mal 330 kW 6 mal 60 m3 Wasserstoff pro Stunde produzieren. Der Ausgangsdruck beträgt 10 barg, die Wasserstoffeinspeisung erfolg über eine molchbare DN 100 Pipeline. Mit ihrer bis ins Jahr 1948 zurückreichenden Historie gehört die Firma Hydrogenics zu den erfahrensten und innovativsten Elektrolyseur-Herstellern der Welt. Kernstück der Wasserelektrolyseure ist Hydrogenics proprietärer Zellen-Stapel des Typs IMET. Die Gas-Reinheit kann bis zu 99,999 Prozent gewählt werden. Im Zellen-Stapel wird Wasser mittels Gleichstrom in seine Komponenten Wasserstoff und Sauerstoff aufgespalten. Der Zellstapel besteht aus einer Serie verbundener kreisrunder Elektrolysezellen, deren je zwei Elektroden auf den gegenüberliegenden Seiten einer patentierten anorganischen Ionen-Austauschmembran sitzen, die von Hydrogenics selbst hergestellt wird. Die Membran ermöglicht den Ionen-Transfer mit einem Minimum an Widerstand und verhindert die Wiederverbindung von Wasserstoff und Sauerstoff zu Wasser.

Wenn das Projekt im Dezember 2015 endet, werden die Beteiligten wichtige Erfahrungen mit dem Dauerbetrieb einer Power-to-Gas-Anlage gesammelt haben. Dass diese Erfahrung in Zukunft wichtig wird, davon ist man bei E.ON überzeugt. »Der Bedarf an Speicherkapazitäten wächst mit dem Ausbau der erneuerbaren Energien«, weiß Dr. Andrei Zschocke, Programm-Manager Power to Gas beim E.ON Innovation Center Energy Storage. Zur Lösung der Energiespeicherproblematik sei die Wasserstofferzeugung aus regenerativem Strom »eine der wichtigsten Lösungen, weil sie den Umsatz großer Energiemengen erlaubt und gleichermaßen unterschiedliche Marktsegmente verbindet«, so Zschocke. Jedoch könne die Power-to-Gas-Technologie nur ein Baustein der Energiewende sein. Zschocke weiter: »Erst die Kombination einer Vielzahl unterschiedlicher Speicherlösungen, intelligenter Netze und flexibler Erzeugung wird den Umstieg auf ein erneuerbares Energiesystem möglich machen. Das gilt nicht nur in technologischer Perspektive, sondern auch im Hinblick auf die künftige Bezahlbarkeit der Energie und die Versorgungssicherheit.«


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