Branchenausblick Stromversorgung

2014 kommt Drive ins Power-Geschäft

17. März 2014, 9:36 Uhr | Engelbert Hopf
Steigende Auftragseingänge sorgen für gute Stimmung in der Power-Branche, wie unser Branchenbarometer zeigt. Für die zweite Jahreshälfte steigt der Indexwert sogar auf 2,92 und erreicht damit wieder das Niveau der Vorkrisenzeit, des ersten Halbjahres 2008.
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Anschwellende Bedarfe füllen die Auftragsbücher der deutschen Stromversorgungs-Spezialisten. Wir haben Branchenexperten nach ihren Erwartungen an das laufende Jahr gefragt.

Manchmal kommt es eben besser, als man denkt: »Ich bin Ende letzten Jahres noch von einem soliden, aber gemäßigten Wachstum für 2014 ausgegangen«, beschreibt Hermann Püthe, geschäftsführender Gesellschafter der inpotron Schaltnetzteile, die Marktentwicklung des ersten Quartals 2014, »aber Stand heute stehen unsere Auftragsbücher bis zur Jahresmitte bei +20 Prozent, und ich kann für das dritte Quartal keine deutliche Abschwächung erkennen«.

Auf einem ähnlich hohen Niveau im Vergleich zum Vorjahr bewegt sich der Auftragseingang in den ersten Wochen des Jahres auch bei Camtec. »Wir konnten um 28 Prozent zulegen und damit den Trend aus dem vierten Quartal 2013 fortsetzen«, berichtet Geschäftsführer Oliver Walter. Ein Trend, den Karsten Bier, CEO von Recom Power, bestätigt: »Basierend auf den ersten beiden Monaten des Jahres und dem bestehenden Backlog, gehen wir für Europa von einem Umsatzwachstum um 25 Prozent gegenüber dem ersten Quartal 2013 aus.« Das Book-to-Bill-Verhältnis liegt bei Recom Power aktuell bei 1,2.

Dass derzeit ganz offensichtlich mehr Drive im deutschen Stromversorgungsmarkt ist als noch vor einigen Monaten, das beobachtet auch Michael Rutz, Bereichsleiter Systemkomponenten bei Elektrosil. Nach einem Plus beim Auftragseingang von bislang 5 Prozent rechnet er für das Gesamtjahr mit einem Plus von mindestens 12 bis 15 Prozent. Den richtigen Zeitpunkt für seinen Einstieg in den deutschen Stromversorgungsmarkt hat sich ganz offenbar auch Lars Bochmann, der neue Eigentümer der M+R Multitronik, ausgesucht. Seine Erwartungen bezüglich des Umsatzplus gegenüber 2013 liegen im neuen Geschäftsjahr bei 20 Prozent.

Ein starkes zweistelliges Wachstum, davon geht auch Uwe Daro aus, Produktmanager bei Schukat electronic: »Unser Ziel ist es, 2014 wieder ein starkes zweistelliges Wachstum im Bereich Stromversorgungen zu erzielen.« Dazu beitragen soll unter anderem eine ganze Reihe neuer Produktlinien von Mean Well. Doch nicht nur bei Standardgeräten sind 2014 offenbar zweistellige Umsatzzuwächse möglich: Jürgen Hähle, Geschäftsführer der Etasyn, eines Spezialisten rein kundenspezifischer Lösungen, erwartet 2014 ein Umsatzwachstum von über 10 Prozent.

Von einer deutlichen Steigerung im ersten Quartal gegenüber 2013 spricht auch Hilmar Kraus, Geschäftsführer der MTM Power. Er rechnet für den weiteren Verlauf des Jahres mit einer tendenziell zunehmenden Steigerung gegenüber 2014. Optimistisch, aber nicht euphorisch, so lässt sich die Einschätzung von Jörg Herre, Geschäftsbereichsleiter Stromversorgungen bei Gebrüder Frei, beschreiben: »Wir sind auf gutem Vorjahreskurs, sogar mit einem leichten Plus«. Damit deckt sich seine Erwartung für 2014 in etwa mit der von Ralph Bischoff, Director von EOS Power, der zwar einen Anstieg sieht, »aber noch keinen Boom«.

Markus Bicker, Geschäftsführer der Bicker Elektronik, deutet die Vorzeichen für 2014 auf jeden Fall positiv, »auch wenn sich der Auftragseingang nach wie vor stabil in etwa auf Vorjahresniveau bewegt«. Dynamische Abrufe und Zusatzprojekte sorgen auch bei Syko Power dafür, dass Vertriebsleiter Marco Kuhn von einer »deutlich positiven Auftragsentwicklung spricht: »Aus den Planungen und Ankündigungen des Jahres 2013 werden konkrete Projekte und Umsätze. Um es Ski-technisch auszudrücken, wir kommen von der blauen auf die rote Piste, mit Abzweig zur schwarzen.«

Und wie sieht es in den Krisenstaaten Südeuropas aus? Trägt auch eine Erholung der dortigen Volkswirtschaften zum Auftragsanstieg der deutschen Powerspezialisten bei? Spürbar besser läuft es offenbar wieder in Spanien, wie unter anderem Kraus und Rutz bestätigen. Sehr interessant scheint sich nach Aussagen von Walter und Bier derzeit der Markt für Stromversorgungen in der Türkei zu entwickeln. Unterschiedlich sind dagegen die Erfahrungen in Italien: Während Herre und Bier von einer positiven Entwicklung sprechen, macht Italien in den Augen von Walter nach wie vor nicht viel her.

Während also offenbar, gespeist aus nationalen und internationalen Bedarfen, die Aufträge wieder zunehmen, haben sich die Kunden ganz offenbar an einen Modus gewöhnt, der in noch ruhigere Zeiten zurückreicht. »Aufgrund der gesicherten Verfügbarkeit sind die Bestellzeiten weiterhin rückläufig«, gibt Gustav Erl, Geschäftsführer der TDK-Lambda Germany, zu Protokoll. Sein Kollege Lothar Schwemm, Mitglied der Geschäftsleitung der Friwo Gerätebau, bestätigt ein immer kurzfristigeres Orderverhalten der Kunden. »Der dadurch aufgebaute Preisdruck«, so Schwemm, »wird aber lediglich von deutschen Kunden ausgenutzt«.

Für Bischoff steht die sich immer weiter verbreitende Haltung »Heute bestellt, morgen geliefert« jedoch im starken Kontrast zu den Fertigungszeiten und den sich verlängernden Lieferzeiten bei Komponenten: »Vor allem unplanmäßiger zusätzlicher Bedarf kann zu Problemen führen.« Irgendwann stoße man an Grenzen wie Wiederbeschaffungszeiten, notwendige Prozess- und Entwicklungszeiten sowie Bedarfsschwankungen, meint Herre zum Kundenanspruch nach schneller Lieferung.

»Kurzfristig zu ordern, kann bedeuten, dass die Ware erst zu spät verfügbar ist und zusätzliche Kosten etwa durch Luftfracht entstehen«, warnt Daro. Bochmann sieht vor allem die Auswirkungen auf den Cashflow, welche die erhöhten Anforderungen an die schnelle Lieferfähigkeit an die Stromversorgungsanbieter mit sich bringt. Die prinzipiell gute Stimmung am deutschen Stromversorgungsmarkt bringt aber auch den einen oder anderen Warnhinweis mit sich. So macht Schwemm darauf aufmerksam, dass die weiterhin steigenden Lohnkosten in Asien und die Marktpreise der eingesetzten Rohstoffe zur Stromversorgungsherstellung, hier vor allem Öl und Kupfer, den Geschäftserfolg der Stromversorgungsspezialisten erheblich beeinflussen können.

In der Konsequenz wird das wohl letztlich auf steigende Preise hinauslaufen. So macht Püthe darauf aufmerksam, »dass wir steigende Personalkosten, infrastrukturelle Maßnahmen und Preissteigerungen bei Rohmaterialien an unsere Kunden weitergeben müssen«. Vor diesem Hintergrund scheinen doch einige Kunden wieder mehr Gefallen an langfristigen Rahmenvertragslaufzeiten zu finden, wie Rutz berichtet: »Inzwischen erstrecken sich die betreffenden Vereinbarungen in manchen Fällen wieder über 15 oder 18 Monate.«


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