Georg Beretitsch, Phoenix Contact

»Bullwhip-Effekte in der Supply-Chain vermeiden«

18. November 2019, 13:48 Uhr | Engelbert Hopf
Georg Beretitsch, Phoenix Contact Power Supplies: »Durch die enge und verzahnte Zusammenarbeit mit unseren Produktionsexperten in Nanjing haben wir uns am Standort Paderborn im Sinne von „Design for Manufacturing“ deutlich weiterentwickelt.«
© Markt&Technik

Vor dem Hintergrund eines unerwartet guten Geschäftsjahres 2019 und eines konsequenten Ausbaus des Produktportfolios rechnet Georg Beretitsch, Vorsitzender der Geschäftsführung der Phoenix Contact Power Supplies, für 2020 mit 5 bis 10 Prozent Wachstum.

Der Handelskonflikt zwischen den USA und China trifft Phoenix nicht so stark.

Markt&Technik: Vielleicht haben Sie ja damit gerechnet, aber der Brexit wurde wieder verschoben. Was ist aus Ihrer Sicht das größere Problem: ein eventuell harter Brexit oder eine nicht enden wollende Unsicherheit darüber, ob es irgendwann zum Brexit kommt?

Georg Beretitsch: Wir sehen keine Rückwirkungen der Brexit-Diskussion auf unsere aktuelle Geschäftsentwicklung. Überraschenderweise ist es sogar so, dass wir über das ganze Jahr 2019 hinweg bisher ein außergewöhnlich hohes Wachstum für Power-Supplies in Großbritannien abbilden können. Auch die Abschätzung für das nächste Jahr sieht sehr positiv aus. Mittelfristig wird es nach dem möglichen Brexit potenziell dazu kommen, dass neue länderspezifische Zulassungen erforderlich sein werden, was dann wieder zu zusätzlichen Aufwänden und Kosten für die Stromversorgungshersteller führen wird. Ganz ehrlich, ich gehe aus heutiger Sicht davon aus, dass ein Brexit für uns relativ reibungslos ablaufen wird.

Schenkt man den jüngsten Äußerungen einiger Hersteller passiver Bauelemente und Distributoren Glauben, sind kleine MLCC-Bauformen in Asien bereits wieder in Allokation. Nehmen Sie über Ihre Einkaufskanäle in Asien ähnliche Signale wahr?

Es ist korrekt, dass Engpässe im Bereich der passiven Bauelemente weltweit noch nicht voll umfänglich gelöst sind. Einige hochvolumige und auf dem Markt gefragte Bauformen haben weiterhin lange Lieferzeiten und ein hohes Preisniveau. Wir sind bereits vor 2018 strategische Partnerschaften mit Herstellern und Distributoren eingegangen, um für uns langfristig die Materialverfügbarkeit der MLCCs sicherzustellen. In Kombination mit einem professionellen Forecasting und Logistikvereinbarungen sehen wir auch für 2020 ein geringes Risiko für Lieferengpässe bei passiven Bauelementen.

Können Sie in diesem Zusammenhang das Einkaufsvolumen von Phoenix Contact im Bereich aktiver und passiver Bauelemente beziffern und welchen Anteil der Stromversorgungsbereich daran hat?

Wir arbeiten sehr eng und nachhaltig mit unseren Geschäftspartnern zusammen, sodass es uns bis zuletzt gemeinsam immer sehr gut gelungen ist, auf entsprechende Marktveränderungen zielgerichtet und frühzeitig zu reagieren. Das Einkaufsvolumen von Phoenix Contact bewegt sich im dreistelligen Millionenbereich. Etwa ein Drittel davon entfällt auf den Stromversorgungsbereich.

Aktuell nähern wir uns dem Ende des laufenden Geschäftsjahres. Welches vorläufige Fazit ziehen Sie für das Stromversorgungsgeschäft der Phoenix Contact im Jahr 2019?

Wir sind mit einem unerwartet starken Beginn in das erste Halbjahr 2019 gestartet, in der zweiten Jahreshälfte ist das Wachstum dann etwas abgeflacht. Es sind insbesondere neue Produkte wie die kürzlich erfolgte Komplettierung der Quint-Stromversorgungslinie um besonders kompakte 1-kW-Geräte, die kontinuierlich einen zusätzlichen Wachstumsbeitrag leisten. Aktuell gehen wir davon aus, dass 2019 ein sehr gutes Jahr für unser Stromversorgungsgeschäft sein wird und wir sowohl unseren Umsatz als auch unsere Marktposition weiter ausbauen können. Nach heutigem Stand werden wir unsere ursprüngliche Wachstumsplanung für 2019 eindeutig übererfüllen.

Ausbau der Marktposition: Phoenix Contact sieht sich traditionell unter den deutschen Stromversorgungsherstellern hinter Siemens auf Platz 2. Gilt diese Aussage noch?

Nach meiner Einschätzung ist diese Rangfolge nach wie vor zutreffend.

Wenn Sie 2018 mit 2019 vergleichen, wo liegen die Unterschiede für Sie? Welche Lehren aus dem Vorjahr waren für das Geschäftsjahr 2019 hilfreich?

Das Jahr 2018 war geprägt von Allokationen und Materialverknappung bei gleichzeitigem Anstieg der Kundenbedarfe. Im Vorjahr stand somit die kurz- bis mittelfristige Absicherung der Supply-Chain und die Lieferfähigkeit im Vordergrund – diese Herausforderungen haben wir gut gemeistert. Wir waren über das ganze Jahr 2018 sowie über unser gesamtes Produktportfolio hinweg sehr gut lieferfähig. In diesem Jahr nun stellt sich die Beschaffungssituation für Komponenten deutlich entspannter dar. Anderseits hat sich insbesondere in der zweiten Jahreshälfte 2019 das Wachstum ein Stück weit reduziert, und die Marktprognosen sind teilweise sehr unterschiedlich. Wir beobachten aus diesem Grund die tatsächliche Marktentwicklung sehr genau und reagieren entsprechend angepasst und dynamisch über die gesamte Wertschöpfungskette hinweg, um Bullwhip-Effekte in der Supply-Chain zu vermeiden.


  1. »Bullwhip-Effekte in der Supply-Chain vermeiden«
  2. Ausbau des Standorts Paderborn

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