Was lange währt

Lebensdauer und MTBF von Stromversorgungen

8. November 2018, 10:21 Uhr | Von Jim Liang, Gründer und Chefentwickler von Skynet Electronic, und Volker Gräbner, Produktmanager bei Fortec Elektronik
Jim Liang, Gründer und Chefentwickler von Skynet Electronic
© Fortec Elektronik

In Datenblättern und Produktspezifikationen gehört die Angabe der Mean Time Between Failure (MTBF) seit Jahrzehnten zum Standard. In den letzten Jahren hat sich bei manchem Anbieter auch eine Aussage zur Lebensdauer hinzugesellt. Was unterscheidet diese beiden jeweils in Stunden angegebenen Größen?

Alleine die teils gigantischen Zeiträume von bis zu mehreren Millionen Stunden MTBF legen nahe, dass diese Aussagen nicht aufgrund von Beobachtungen und Tests als vielmehr durch mathematische Annahmen und Berechnungen getroffen werden. Der angegebene Wert ist immer eine Vorhersage, behaftet mit Wahrscheinlichkeiten und je nach angewendetem Verfahren mehr oder weniger zutreffend. Wir wollen an dieser Stelle betrachten, wie viel oder wie wenig die Datenblattwerte mit der Realität zu tun haben. Dabei dienen uns die gesammelten Erfahrungen als Grundlage, die Skynet in mehr als 30 Jahren Produktionserfahrung und Fehleranalyse zusammentragen konnte.

Bedeutung und Anwendung der MTBF

Um zu verstehen, was MTBF eigentlich heißt, nehmen wir an, wir haben sechs gleiche Stromversorgungen im Dauerbetrieb. Wenn jetzt eines davon nach 10 Stunden ausfällt, repariert wird und nach weiteren 30 Stunden erneut ausfällt, haben wir in diesem Moment für dieses Produkt eine MTBF von 120 Stunden ((6 ∙ 10 + 6 ∙ 30)/2). 50 Stunden später fällt erneut ein Netzteil aus, die MTBF beträgt jetzt 180 Stunden ((6 ∙ 10 + 6 ∙ 30 + 6 ∙ 50)/3).

Dieser Wert wird sich im weiteren Verlauf immer wieder ändern und mit mehr Prüflingen und längerem Betrachtungszeitraum um einen bestimmten Wert einpendeln, der für das betrachtete Produkt repräsentativ wird und als Mean Time Between Failure ins Datenblatt aufgenommen wird. Als Kehrwert (1/MTBF) dargestellt, spricht man von der Fehlerrate. Diesen Terminus findet man aber eher selten in Datenblättern.

Fortec Elektronik
Volker Gräbner, Produktmanager bei Fortec Elektronik
© Fortec Elektronik

Schauen wir einmal, wie die Vorhersage der MTBF benutzt wird. Wenn von einem Produkt mit einer MTBF von 200.000 Stunden 10.000 Stück im Feldeinsatz sind, wird alle 20 Stunden ein Netzteil ausfallen (200.000 h / 10.000 Stück). Sind stattdessen 100.000 Stück im Einsatz, verkürzt sich die statistische Dauer deutlich. Alle zwei Stunden dürfte ein Netzteil ausfallen und zum Reparaturfall werden.

Läuft das Endprodukt, das Gerät oder die Maschine, 24 Stunden am Tag im Dauerbetrieb, sehen wir statistisch 12 Ausfälle pro Tag, im 8-Stunden-Einschichtbetrieb wären es immer noch 4 Stück. Als Fehlerrate ausgedrückt, fallen 0,5 Prozent der im Betrieb befindlichen Geräte alle 1000 Stunden aus. MTBF oder Fehlerrate helfen z.B. bei der Planung eines sinnvollen Ersatzteilvorrats oder der Erstellung von Service- und Wartungsplänen.

Abschätzung der MTBF

Zwei Software-Tools werden heute hauptsächlich zu Errechnung der MTBF benutzt: der MIL-HDBK-217 Standard und die Prozedur nach Bellcore. In beide werden die individuellen Fehlerraten der im Endprodukt verbauten Einzelteile eingetragen und um verschiedene Einsatzparameter ergänzt, wie z.B. Temperatur, Bauteilklasse oder Stressparameter. Die Software rechnet mit den Eingaben und gibt die MTBF aus, die Eingang in das Produktdatenblatt findet.

Ein wesentlich genauerer Weg führt über das Bewertungsverfahren. Hier wird eine definierte Anzahl von Geräten einer speziellen Burn-in-Prozedur im Klimaschrank unterzogen. Dabei werden akkumulierte und Durchschnittswerte zur Ausfallrate  ermittelt. Der Aufwand ist immens: um eine MTBF von 200.000 Stunden darstellen zu können, müssen 200 Einheiten bei 50 °C etwa 6 Monate pausenlos im Klimaschrank zubringen.

Skynet produziert seit 1980 Schaltnetzteile und bis heute haben erst zwei Kunden diesen Bewertungsansatz angefordert. Alle anderen ziehen zur Produktauswahl die MTBF heran.

Ausfälle und Reparaturen kosten Geld und haben Einfluss auf den Ruf des Herstellers. Darum muss die Fehlerrate niedrig gehalten werden. Skynet demonstriert seine Qualität seit mittlerweile drei Jahrzehnten und hat die Fehlerraten stetig gesenkt. Dabei hat man aber auch erkannt, dass Kunden oft ein zuverlässiges Produkt suchen und die MTBF zur Orientierung heranziehen, aber eigentlich Lebensdauer meinen, die etwas ganz anderes aussagt.

Die nutzbare Lebensdauer hat nichts mit der MTBF zu tun! Denken wir an eine Rakete zum Satellitentransport: extrem niedrige Fehlerrate (=lange MTBF), aber nur sehr kurze Lebensdauer (wenige Minuten).


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