TÜV Nord

Konventionelle Kraftwerke effizient an- und abfahren

19. Juni 2013, 10:50 Uhr | Nicole Wörner

Wind und Sonne liefern eine schwankende Energieausbeute. Die Folge: Konventionelle Kraftwerke müssen immer häufiger an- und abgefahren werden, um die Netzspannung zu halten. Der TÜV Nord untersucht mit neuen Berechnungsmodellen, wie diese Wechsel schneller und sicherer werden können.

Fossil befeuerte Kraftwerke wurden ursprünglich dafür gebaut, konstant Energie zu liefern. Heute werden sie jedoch mehr und mehr eingesetzt, um nur dann Energie zu erzeugen, wenn die erneuerbaren Energien zu wenig Strom produzieren oder die Nachfrage hoch ist. »Dieses ständige An- und Abfahren bedeutet eine enorme Belastung für die Kraftwerke, insbesondere für die Bauteile, durch die heißer Dampf vom Kessel zur Turbine transportiert wird«, erklärt Axel Schulz, Fachkoordinator Festigkeitsbewertung für neue Kraftwerkstechnologien beim TÜV Nord. »Innerhalb einer Stunde steigt die Temperatur um bis zu 500 Grad Celsius an, dadurch altert das Material schneller.«,

Neue Berechnungsmodelle

Um fossil befeuerte Kraftwerke für die neuen Anforderungen zu wappnen, hat Schulz mit seinem Team die COOP-Methode zur komplexen Berechnung und Messung entwickelt. COOP steht für Cycle Optimized Operation of Plants (zu Deutsch: Optimierung des zyklischen Betriebs von Kraftwerken). »Mit diesem Verfahren können wir ganz genau die Belastung und Bauteilermüdung erfassen und berechnen«, erklärt Schulz. Dieses Verfahren kann ebenso eingesetzt werden, um die starken Temperaturschwankungen in solarthermischen CSP-Kraftwerken und Stromspeichern zur Methanerzeugung zu beherrschen.

Reserven nutzen

Das Konzept erlaubt darüber hinaus die Berechnung von hypothetischem Risswachstum. So können Lebensdauerreserven erschlossen werden. »Das ist für den fossil befeuerten Kraftwerkspark völliges Neuland«, so Schulz. »Daraus leiten wir dann ein flexibles Prüfkonzept ab, das so genannte Smart Inspection Concept, kurz SIC.«

In einem gemeinsamen Forschungsprojekt mit der Universität Rostock und dem Forschungszentrum Jülich sollen jetzt die Erkenntnisse über zyklisches, thermisches Risswachstum gezielt erweitert und für den technischen Einsatz nutzbar gemacht werden. Die industrielle Erprobung soll im Steinkohle-Kraftwerk Rostock erfolgen. Das Ergebnis der gemeinsamen Forschung wird unter anderem eine Software zur automatischen Berechnung von Inspektionsintervallen in Kraftwerken sein.


Lesen Sie mehr zum Thema


Jetzt kostenfreie Newsletter bestellen!

Weitere Artikel zu TÜV NORD CERT GmbH & Co. KG