Siemens setzt auf schwimmende KWs

»SeaFloat«-Kraftwerke für New York

5. September 2019, 16:00 Uhr | Heinz Arnold
Zwei schwimmende SeaFloat-Kraftwerke, die mit jeweils vier SGT-A65 Gasturbinen ausgestattet sind.
© Siemens

Die »SeaFloat«-Kraftwerke kombinieren die traditionelle Kraftwerkstechnik mit der Mobilität und Flexibilität, die Spitzenlasten erfordern. Der Wirkungsgrad steigt um 50 Prozent.

Die Astoria Generating Company und Siemens haben einen Vertrag über den schlüsselfertigen Bau von zwei schwimmenden SeaFloat-Kraftwerken, die mit acht SGT-A65-Gasturbinen ausgestatten werden, unterzeichnet. Die zwei Anlagen werden vier vorhandene »Power Barges« (schwimmende Kraftwerke) der Gowanus Generating Station in der Upper Bay von Brooklyn, New York City, ersetzen. Das ermöglicht eine umweltfreundlichere und effizientere Stromerzeugung. Siemens wird die hocheffizienten Kraftwerke auf zwei neu errichteten schwimmenden Barken mit einer Kapazität von jeweils rund 300 MW vorinstallieren. Die Modernisierung mit SGT-A65-Gasturbinen und Generatoren wird den Wirkungsgrad der Anlagen um fast 50 Prozent steigern und dabei die Emissionen von Schadstoffen wie Kohlendioxid und -monoxid deutlich reduzieren – bei gleichzeitiger Nutzung der vorhandenen Gasinfrastruktur.

New York Citys anspruchsvoller Energiemarkt

Weil sich New Yorks Energiemarkt wandelt und zunehmend auf fluktuierenden Energiequellen basiert, muss New York City eine zuverlässige Stromversorgung aufrechterhalten und gleichzeitig potenzielle Schadstoffemissionen reduzieren. Bis 2030 will die Stadt mit ihren mehr als 8,5 Millionen Einwohnern 70 Prozent ihres Stroms aus erneuerbaren Energien beziehen. Wenn Solar- und Windkraft den Bedarf nicht decken können, werden Spitzenlast-Einheiten mit Schnellstartfähigkeit wie die Gowanus Power Barge Generating Station immer wichtiger –  insbesondere in Ballungsräumen wie Southwest Brooklyn. Die neuen Anlagen sind zuverlässig, können Schadstoffemissionen reduzieren und bei Bedarf flexibel an einen anderen Ort umgezogen werden.

Die Gowanusanlage verfügt bisher mit vier Power Barges über eine Stromerzeugungskapazität von 640 MW. Die Anlage wurde in den frühen 1970er Jahren errichtet und nähert sich nun dem Ende ihrer Lebensdauer. Mit den zwei modernen schwimmenden Anlagen von Siemens reduziert die Astoria Generating Company die Gesamtzahl der Power Barges von vier auf zwei. Zusätzlich kann sie zwei Power Barges in der nahegelegenen Narrows Station außer Betrieb nehmen. Siemens wird acht SGT-A65-Gasturbinen mit Generatoren liefern – vier auf jedem Power Barge, inklusive eines Steuerungssystems. Die Turbinen werden primär mit Erdgas betrieben.

»Als ganzheitliche Lösung werden die neuen SeaFloat Power Barges helfen, potenzielle Emissionen in New York City zu reduzieren und durch zuverlässige Stromversorgung das lokale Netz zu stabilisieren«, sagt Karim Amin, CEO Power Generation bei Siemens Gas and Power. »SeaFloat vereint die Vorteile unserer bewährten Kraftwerkstechnik mit der bei Spitzenlasten erforderlichen Mobilität und Flexibilität.«

Die aeroderivative Gasturbine SGT-A65 (Industrial Trent 60) liefert im Simple-Cycle-Betrieb bei einem Wirkungsgrad von 41,8 Prozent bis zu 76 MW für das Astoria-Projekt. Mit ihrer schnellen Kaltstartfähigkeit und ihrem langen Lebenszyklus kann diese Anlage das Netz rasch mit Strom versorgen, um die schwankende Einspeisung aus erneuerbaren und anderen Energiequellen zu kompensieren. Damit eignet sich die Turbine zu sehr gut für Spitzenlasten. Die 115 SGT-A65-Gasturbinen weltweit haben bisher mehr als 1,8 Millionen Betriebsstunden geleistet.

Siemens und Astoria unterzeichneten zudem einen Langzeitservicevertrag mit einer Laufzeit von 20 Jahren. Er wird den optimalen und besonders effizienten Betrieb der Gasturbinen und Generatoren unterstützen. Der Vertrag umfasst Ersatzteile und Reparaturen sowie Außendienstleistungen, Programmmanagement und Angebote aus dem »Omnivise Digital Services«-Portfolio von Siemens, einschließlich Fernüberwachung und -diagnose.

»Weil New Yorks Energiemarkt zunehmend auf fluktuierende Quellen wie Wind- und Solarenergie setzt, müssen wir eine zuverlässige Versorgung sicherstellen. Diese hochmodernen Anlagen bieten die schnellstartfähige Stromversorgung, die wir brauchen und senken gleichzeitig potenzielle Schadstoffemissionen. Das Beste daran: Weil sie auf Barken liegen, können sie sich an Klimaveränderungen wie den steigenden Meeresspiegel oder vermehrten Sturmfluten anpassen. Zudem können wir sie umziehen, wenn der Strom an einer anderen Stelle gebraucht wird« sagte Mark Sudbey, CEO der Astoria Generating Company.

Die SeaFloat-Kraftwerke

Variationen des SeaFloat-Kraftwerks können als Grundlast oder Notfallsicherung bei bestehenden Kraftwerken in Spitzenlast, bei Ausfällen oder im Katastrophenfall unterstützen. SeaFloat-Kraftwerke können mit einer Meerwasserentsalzungsanlage erweitert werden. Diese liefert sauberes Wasser und hilft Krankheiten vorzubeugen. Es sind verschiedene Konfigurationen für Gasturbinen und Gas- und Dampfkraftwerke möglich. So können gemeinsam mit dem Kunden passende Lösungen für die jeweiligen Anforderungen entwickelt werden.

SeaFloat-Kraftwerke basieren auf bewährten und zuverlässigen Komponenten, die für den Einsatz auf schwimmenden Anlagen angepasst wurden. Sie können an allen Orten eingesetzt werden, die über das Meer oder große Wasserwege erreichbar sind, und erfordern kaum Investitionen in Landkauf. SeaFloat wurde so kompakt wie möglich konzipiert und setzt damit neue Maßstäbe in punkto Leistungsdichte. Der Bau des Kraftwerks und ein Großteil der Inbetriebnahme werden standardisiert und unter strengster Kontrolle in einer der weltweit führenden Werften durchgeführt. Dies ermöglicht eine kurze Lieferzeit. Die Infrastruktur an Land, wie die Installation von Umspannwerken, Übertragungsnetzen oder Zugangsstraßen, ist unabhängig vom Bau der Anlage. Dies ermöglicht eine wesentlich schnellere Abwicklung für derartige Infrastrukturprojekte. Typische Anwendungsfälle sind die Stromversorgung abgelegener Orte wie Inseln, die Entwicklung von Industriestandorten entlang der Küste oder an großen Flüssen (beispielsweise Chemie- und Meerwasserentsalzungsanlagen) sowie Brownfield-Anwendungen.


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