Grünstrom-Power für die Industrie

Direktabnahmeverträge erleichtern den Energieumstieg

10. Januar 2022, 16:04 Uhr | Kathrin Veigel
Einer konsequenten Energiewende steht derzeit der sehr hohe Preis für grünen Strom im Weg.
© Appolinary Kalashnikova

Dass die Preise für grünen Strom stark in die Höhe schießen, ist ein Hemmschuh für die geforderte Energiewende in der Industrie. Unternehmen setzen daher auf kosteneffiziente Lösungen, wie die sogenannten PPAs. Vor allem bei energieintensiven Unternehmen hat ein Run auf den PPA-Markt eingesetzt.

Alle sind sich einig: Die Energiewende muss zwangsläufig konsequenten Anklang in allen Bereichen der Gesellschaft finden, um das von der UN gesetzte Ziel, eine Erderwärmung von 1,5 °C bis 2023 nicht zu überschreiten, auch letztendlich zu erreichen. Die Preise für den dafür dringend nötigen grünen Strom steigen aktuell allerdings in bisher nie dagewesene Höhen, weshalb sich die deutschen Unternehmen neue Strategien für den Erwerb günstigerer Tarife erschließen müssen. Als oft kosteneffizientere Lösung entpuppen sich die Power Purchase Agreements (PPA), Direktabnahmeverträge zwischen Stromproduzent und Verbraucher. Meist über Wind- oder Solarenergie getragen, verbreitet sich dieses Modell nun vermehrt in der Industrielandschaft. 

Zahlreiche Windraftwerke fallen jedoch bereits seit Anfang 2021 aus der Förderung des Erneuerbare-Energien-Gesetzes (EEG), ausreichend neue Bauprojekte sind derzeit noch nicht in Blickweite. »Um diese Ökostromlücke zu schließen, braucht es finanzstarke Partner, die im Zuge einer Nachhaltigkeitsstrategie Interesse an einer langfristigen Zusammenarbeit zeigen«, so Ferdinand Eggert, Vertriebsleiter und Prokurist bei Energie Vertrieb Deutschland (EVD).

Langfristig zum Erfolg

Verschärfte Klimaziele der Regierung setzen die Industrie zunehmend unter Druck, sich eigene Quellen für die benötigte Energie aufzubauen. Durch die immer weiter voranschreitende Elektrifizierung industrieller Prozesse benötigen Unternehmen mehr Strom. Chemiekonzerne, Zementwerke, Betreiber von Rechenzentren oder Bahnunternehmen gehören beispielsweise zu den Intensivnutzern, die je nach Größe einen Bedarf an Strom im mehrstelligen Megawatt-Bereich decken müssen.

Problematisch zeigt sich aktuell die Entwicklung an der deutschen Strombörse (EEX). Diese verzeichnet auch zum Jahresende immer weiter steigende Preise und Prognosen über einen frühzeitigen Rückgang dieser Zahlen lassen sich ebenfalls nicht eindeutig treffen. »In der aktuellen Situation gilt deswegen der Abschluss eines PPA-Vertrages als eine vielversprechende Lösung, über einen Festpreis Marktrisiken zu minimieren. Zuallermeist sprechen sich große Unternehmen für eine langfristige Zusammenarbeit aus«, erklärt Eggert.

Eine Laufzeit von etwa zehn bis 15 Jahren bietet auch den Erzeugern der erneuerbaren Energien die benötigte Sicherheit einer garantierten Abnahme. Das betreffende Unternehmen profitiert von einem direkten Energiebezug aus einem großen Windkraftpark oder einer Photovoltaik-Freiflächenanlage.

EVD Ferdinand Eggert
Aktuell ist der Abschluss eines PPA-Vertrages eine vielversprechende Lösung für Industrieunternehmen, um über einen Festpreis Marktrisiken zu minimieren, davon ist Ferdinand Eggert, Vertriebsleiter bei EVD, überzeugt.
© EVD

Noch lange nicht ausgedient

Erreicht eine Windkraft- oder Solaranlage eine Lebens- und Förderdauer von über zwanzig Jahren, dann stehen ihr keine monetären Zusatzleistungen mehr aus dem EEG zu. Von diesem Zeitpunkt an stellen sich Betreiber die Frage nach der Wirtschaftlichkeit, auf die mehrere Faktoren Einfluss nehmen. »Einerseits müssen Sie die technischen Voraussetzungen vorhalten und die damit zusammenhängenden Prüfungen zu Sicherheit und Technik bestehen, andererseits muss sich der Weiterbetrieb für den Betreiber auch lohnen«, so Eggert. Der Preis muss also die laufenden Kosten und die für den Weiterbetrieb gegebenenfalls notwendigen Investitionen übertreffen. Eine freie Vermarktung eines solchen Projektes bringt allerdings Marktpreis- sowie Ausfallrisiken mit sich.

Als Win-Win-Situation stellen sich hingegen PPAs heraus – Betreiber bekommen weiterhin kalkulierbare Einnahmen, Abnehmer schmälern die Risiken und verbessern ihre CO2-Bilanz. »Üblicherweise sind PPA-Verträge mit einer etwas kürzeren Laufzeit von einem bis zu fünf Jahren gerade für Akteure mit einem mittelgroßen Volumen zwischen fünf bis 20 Gigawattstunden interessant«, spricht der Experte aus Erfahrung. Alten Grünstrom-Anlagen hauchen PPAs so neues Leben ein.

Preis im grünen Bereich?

Lange Zeit galten Direktverträge zwischen Energieerzeuger und Industrie als wenig lukrativ, da Förderung über das EEG stets eine rentable Vergütung für jede Kilowattstunde und damit auch eine unumstößliche Investitionssicherheit bot. Ohne diese Förderung und mit zusätzlich sinkenden Preisen für den Bau von Wind- sowie Solarparks ändert sich die Lage zugunsten der großen Verbraucher.

Anders sieht die Situation an der Strombörse aus: »Momentan steigen die Großhandelspreise auf dem Terminmarkt an der EEX immer weiter an, woraus sich neue Höchststände ergeben, die es so schon Jahre nicht mehr gegeben hat«, beschreibt Eggert die Lage. Hohe Werte, die sich aus verschiedenen Faktoren ergeben.

Als Bewertungsgrundlage für die Preisgestaltung bei PPA dient nicht nur der aktuelle Marktpreis und die Profilwerte, sondern ebenfalls das Wetterrisiko, das erneuerbare Energien zwangsläufig mitbringen, sowie Vermarktungskosten und Risikoabsicherungen. Läuft ein Handel auf dem direkten Weg mittels PPA, fällt ein Teil der Zuschläge weg, die bei der Energiebeschaffung über die Börsen anfallen. Dadurch können, nicht zuletzt bei den aktuellen Marktbedingungen, meist günstigere Energiepreise für den Abnehmer erzielt werden. Unternehmen, die sich für eine Zukunft mit einer Energieversorgung über Ökostrom vorbereiten, finden im Power Purchase Agreement also die richtige Strategie.


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