Bündelausschreibung

Interkommunales Energiespar-Contracting

25. Februar 2014, 15:57 Uhr | Hagen Lang
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Die Potentiale des Energie-Einspar-Contracting stehen auch kleinen Gemeinden offen. So sie denn die Synergien interkommunaler Zusammenarbeit nutzen, wie mehrere baden-württembergische Gemeinden, und dadurch ihre kritische Masse erhöhen.

Auch jenseits aktiver Unternehmenstätigkeit ist Contracting für Kommunen finanziell attraktiv, lassen sich doch Energiekosten sanierungsbedürftiger Liegenschaften dauerhaft spürbar reduzieren. Dass kleinen und kleinsten Kommunen dieser Weg versperrt bliebe, weil sie keine »wirtschaftlich interessanten« Liegenschaften besäßen, stimmt so pauschal heute nicht mehr. Überholt ist auch die »alte Regel«, dass sich Einsparcontracting erst für Gebäude mit Jahresenergiekosten ab 50.000 € aufwärts rentiere.

Kommunale Kooperation macht wirtschaftlich handlungsfähig, das beweisen baden-württembergische Gemeinden, die gemeinsam das »Interkommunale Energie-Einspar-Contracting« (IKEC) initiierten. Stadt und Landkreis Lörrach, die Stadt Weil am Rhein und der Gemeindeverwaltungsverband Denzlingen-Vörstetten-Reute taten sich mit Unterstützung des Energieversorgers Badenova unter Leitung der Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA) zusammen, um gemeinsam eine kritische Auftragsmasse zu generieren und VOB-konform einen Energiespar-Auftrag an einen erfahrenen Contractor zu vergeben.

Der mittlerweile als Beigeordneter in Kehl tätige ehemalige Ortsbaumeister des Gemeindeverbandes Denzlingen-Vörstetten-Reute erläutert die Motivation seines Verbandes, dem Projekt beizutreten: »Durch die Vergabe an einen Contractor hat sich der Gemeindeverwaltungsverband versprochen, dass auf einen Schlag viele Maßnahmen umgesetzt werden und durch einen erfahrenen externen Betreiber wirtschaftlicher überwacht werden können. Als weiterer Vorteil wurde gesehen, dass das Finanzierungsrisiko auf Seiten des Contractors liegt.«

In Zeiten knapper Kassen ist besonders die Möglichkeit interessant, mit Einsparungen Sanierungen querzufinanzieren, die, obgleich dringend notwendig, selbst keine Kosteneinsparungen induzieren, wie z.B. veraltete Gebäudeelektrik, eine Schwimmbad-Wasseraufbereitung oder eine alte Kamindämmung. Im Rahmen des IKEC-Projektes erwiesen sich trotz der Querfinanzierungsoption zwei Lose als wirtschaftlich nicht realisierbar, fünf weitere Lose gewann Siemens Building Technologies.

Der Contracting-Vertrag mit Siemens erlaubt den Kommunen die Modernisierung von Liegenschaften, die so ansonsten nicht finanzierbar gewesen wäre. Siemens sichert den Körperschaften eine Reduktion der Energiekosten um 25% zu, was insgesamt einer Summe von etwa 400.000 € per Annum entspricht. Das Münchner Unternehmen investiert ca. 6 Millionen € in die Modernisierung der veralteten Technik und sichert die Wartung und Instandhaltung der Anlagen zu. Diese Investitionen refinanzieren sich durch die Energieeinsparungen.

In Analysen zur Ermittlung der Energiespar-Potentiale identifizierten die Kommunen vorab energetische Schwachstellen, auf deren Grundlage sie ca. 350 einzuleitende Energiesparmaßnahmen definierten, deren Kosten in Höhe von 9 Millionen € fast vollständig über das IKEC-Energie-Einspar-Projekt refinanziert wurden. Günstig wirkte sich das Contracting auf die zeitliche Realisierung der Maßnahmen aus. Die Umsetzung der Energie-Einspar-Maßnahmen erfolgte etwa ein bis eineinhalb Jahre schneller, als dies bei einer Finanzierung der Maßnahmen über die laufenden Kommunalhaushalte möglich gewesen wäre. Denn obwohl Energie-Spar-Contracting als kreditähnliches Geschäft angesehen wird, steigt dabei die Schuldenbelastung der Kommune nicht. Die Contracting-Kosten werden durch vermiedene Energiekosten finanziert und entlasten dauerhaft den Haushalt. Bemängelt wurde von den Beteiligten die hohe Belastung der kommunalen Personalstrukturen durch das Projekt. Andererseits minimierte die aufgabenteilige, gewerkeübergreifende Planung notwendige zeitaufwändige planerische Abstimmungsprozesse.

Je besser in der Ausschreibungsphase von den auftraggebenden Kommunen vorgearbeitet wird, desto leichter kann der Contractor die nötigen Maßnahmen abschätzen und kalkulieren. Hilfreich ist insbesondere die Aufbereitung eines tragfähigen Datengerüsts von Messwerten und Gebäudeangaben sowie eine genaue Beschreibung der vorgesehenen Maßnahmen. Schnittstellen zu bestehender Technik sollten definiert, organisatorische Betriebsabläufe bestimmt und detaillierte Abstimmungen zur künftigen Gebäudenutzung vorgenommen werden.

Für die Stadt Weil am Rhein beträgt die IKEC-Projektdauer von den Vorarbeiten bis zum Vertragsende gut 20 Jahre. 2003 begann die Ausarbeitung des Förderantrages des Badenova Innovationsfonds. Im Sommer 2004 erfolgte der Beschluss des Oberzentrumsausschusses zur Durchführung einer interkommunalen Ausschreibung, der noch im selben Jahr die Festlegung der energetisch zu modernisierenden und zu sanierenden Gebäude folgte. Der Auftrags-Ausschreibung im Jahr 2005 schloss sich 2006 die Feinanalyse und der Abschluss der Contracting-Verträge an. Bis 2008 waren alle geplanten Vormaßnahmen vollständig abgeschlossen, vorhandene Mängel beseitigt und die Anlagen abgenommen. Bis 2023 läuft nun das Monitoring, die Feineinstellung, Wartung und Instandhaltung der Anlagen sowie das Controlling durch den Contractor Siemens.

Energie-Spar-Contracting ist ein geeigneter Weg, Investitionsstaus in Liegenschaften trotz Haushaltsengpässen aufzulösen. Die interkommunale Zusammenarbeit, wie sie IKEC vorzeichnet, eröffnet auch kleinen Gemeinden diese Option. Von den realisierten verringerten Energieverbräuchen profitieren Umwelt und Kommunalhaushalte dauerhaft.


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