Eine völlig neue Transformatorklasse

Plug-and-Play-Trafos: In vier Stunden installiert

4. Mai 2016, 8:30 Uhr | Heinz Arnold
Freuen sich über die völlig neu konzipierten Plug-and-Play-Transformatoren, die sich innerhalb von vier Stunden nach einem Notfall ans Netz anschließen lassen: Sanjay Bose von Con Edison und Dr. Baeatrix Natter von Siemens.
© WEKA

Der Hurrikan Sandy hatte den Anstoß gegeben, eine neue Transformatorklasse zu entwickeln. Sanjay Bose, VP of Central Engineering von Con Edison, und Dr. Beatrix Natter, CEO der Business Unit Transformers von Siemens, erläutern im Interview mit smarterworld.de, was hinter der Entwicklung steckt.

smarterworld.de: Der Hurrikan Sandy vom Oktober 2012 war ein einschneidendes Ereignis für New York. Welche Auswirkungen hatte er aus Sicht von Con Edison auf die Stadt?

Sanjay Bose, Con Edison: 221.000 unserer Kunden hatten keinen Strom, insgesamt waren 800.000 Leute betroffen, die über viereinhalb Tage von der Elektrizitätsversorgung abgeschnitten waren. Selbst die Versorgung mit Nahrung wird dann für viele Leute ein Problem, ganz abgesehen von den direkten Auswirkungen: kein Licht, keine Möglichkeit das Handy zu laden, die U-Bahnen waren ausgefallen.

smarterworld.de: Welche direkten Schäden hatte Sandy an den Geräten für die Stromversorgung hinterlassen?

Sanjay Bose: Die meisten Beschädigungen hatte das Salzwasser hervorgerufen. Wir haben jetzt umfangreiche Maßnahmen getroffen, um die Geräte wie Transformatoren vor Salzwasser zu schützen. Das klingt erstmal sehr einfach, aber was einfach klingt, kann oft sehr schwierig zu lösen sein. Doch wir waren sehr innovativ. Unserer Geräte sind jetzt von dem Einfluss eventuell eindringenden Salzwassers gut geschützt.

smarterworld.de: Was war die wichtigste Lektion von Sandy?

Sanjay Bose: Wir dürfen einfach die Stromversorgung nicht über mehrere Tage ausfallen lassen. Spätestens nach dem dritten Tag wird die Bevölkerung auch einen Meteoriteneinschlag nicht mehr als Ausrede tolerieren. Unsere Lektion lautete also: Wir haben keine Zeit für Fehler.

Dr. Beatrix Natter, Siemens: Für uns bedeutete dies, dass wir eine Lösung parat haben müssen, um das Problem zu lösen, dass sich durch den Ausfall von Transformatoren stellt, egal durch was sie hervorgerufen werden. Seien es Wetterkatastrophen, oder sonstige Einflüsse wie etwa Cyber-Attacken. Sechs bis acht Wochen dauert es bis heute mindestens, einen Trafo zu ersetzten. Diese Zeit wollten wir deutlich reduzieren.

smarterworld.de: Und was hat sich Siemens einfallen lassen?

Dr. Beatrix Natter: Wir haben eine neue Transformatorklasse entwickelt. Bei den neuen  Plug-and-Play-Trafos handelt es sich um Einphasentransformatoren, sie wiegen unter 100 Tonnen, sie sind also gegenüber den Standardtypen sehr leicht. Deshalb lassen sie sich ohne Probleme dorthin transportieren, wo sie gebraucht werden. Sogar im Flugzeug! Sie sind so ausgelegt, dass sie in nicht mehr als vier Stunden installiert werden können – das ist ein Durchbruch.
Ist also ein großer Dreiphasen-Trafo ausgefallen, so lässt er sich innerhalb von ein paar Stunden durch drei einphasige Plug-and-Play-Typen ersetzten und die Stromversorgung ist gewährleistet.

Außerdem sind die Transformatoren sehr flexibel, können beispielsweise auf verschiedenen Spannungsstufen betrieben werden. Damit können sie in verschiedenen Netztopologien von verschiedenen Versorgern genutzt werden. Außerdem haben wir sie so ausgelegt, dass sie alle Umweltauflagen erfüllen, um beispielsweise auch in der Nähe von Gewässern arbeiten zu können.  Und die Tanks sind schusssicher.

Insgesamt haben wir ein Konzept entwickelt, das durch die gesamte Wertschöpfungskette Ausfälle verhindert und im Notfall die Versorgung schnell wieder herstellen kann.  Außerdem eignet sich das Konzept gut dafür, kosteneffizient Modernisierungen, Upgrades und Neuinstallationen durchführen zu können, was zu Zeiten des Netzumbaus zum Smart Grid für die Betreiber sehr wichtig ist.

smarterworld.de: Wie kam es zur Zusammenarbeit zwischen Con Edison und Siemens?

Sanjay Bose: Wie gesagt, Sandy war für uns eine ziemlich erschütternde Erfahrung, wir mussten uns etwas einfallen lassen. Bei einem Treffen in Nürnberg mit Frau Dr. Natter haben wir zusammen das Projekt gestartet.

Dr. Beatrix Natter: Wir mussten von Grund auf neu denken, die Ziele, die wir uns gesetzt hatten, waren ja nicht gerade unambitioniert. Schauen Sie nur auf die Vorgabe für die Installationszeit: Nicht mehr als vier Stunden! Die Techniker hielten uns zunächst für verrückt…

Sanjay Bose: …auf beiden Seiten, das kann ich bestätigen…

Dr. Beatrix Natter: …aber dann kam der Spaß! Nach dem Motto „Form Follows Function“ haben wir den neuen Transformatoren ein völlig neues Design verpasst. Sie sehen nicht nur schön aus, sie kosten auch weniger, weil sie mit weniger Material als die herkömmlichen Typen auskommen. So  helfen sie den Versorgern, ihre Kosten zu reduzieren und sie sind sehr effizient. Effizienz war eine weitere wichtige Vorgabe.

smarterworld.de: Wie sehen die nächsten Schritte aus?

Dr. Beatrix Natter: Wir wollen die Transformatoren jetzt standardisieren und auf den Weg zu einer neuen Produktklasse bringen. Wir werden die Produktionszeit noch deutlich reduzieren und dafür sorgen, dass sie an mehreren unserer weltweit 22 Standorte gefertigt werden können. Außerdem gibt der neue Transformatortyp auch neue Impulse für die traditionellen Transformatoren. Es sind zwar perfekte elektrische Maschinen, aber sie lassen sich doch immer noch weiter verbessern. Gerade die digitale Revolution treibt die Entwicklung, sie führt dazu dass unsere Kunden neue Anforderungen stellen und wir hören genau hin, wo ihre Probleme liegen. Die Digitalisierung nutzen wir auch selber, so können wir auf Basis der Datenanalyse von Siemens die Ausfälle von Transformatoren vorhersehen und vorausschauende Wartung anbieten. Umgekehrt gilt aber auch: Ohne Transformatoren keine Digitalisierung.

smarterworld.de: Was verspricht sich Con Edison von den neuen Transformatoren?

Sanjay Bose: Wir sind mit den sechs neuen Typen für unvorhergesehene Ausfälle gut gerüstet. Außerdem haben wir jetzt die Möglichkeit, geplante Netzausbaumaßnahmen unter vorübergehenden Einsatz der Plug-and-Play-Transformatoren durchzuführen, was ebenfalls dazu beiträgt, Kosten zu sparen. Aufgrund ihrer Flexibilität lassen sich die Plug-and-Play-Transformatoren ja zu unterschiedlichen Aufgaben nutzen, was sie für uns kosteneffizient macht.

 

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