Not in my backyard - auch nicht für Geld

Stromtrassen-Zustimmung ist kaum herstellbar

25. September 2018, 12:12 Uhr | Hagen Lang
© Tom Bayer - Fotolia.com

Die Mehrheit der Bevölkerung will eine Energiewende mit erneuerbaren Energien, aber wenn dazu neue Stromtrassen in ihrer Nachbarschaft gebaut werden müssen, ist es mit der Zustimmung vorbei. Noch nicht einmal jährliche Geldzahlungen an Betroffene ändern das, fand jetzt das RWI Essen heraus.

Bei der Energiewende herrscht angeblich gesellschaftlicher Konsens. Wenn es dabei »ans Eigemachte« geht, Bürger z.B. in ihrer Nachbarschaft neue Stromtrassen für die Durchleitung regenerativer Energien akzeptieren müssten, ist es mit der Zustimmung allerdings vorbei. Geld kommt aus dem Geldautomaten, Strom aus der Steckdose, mit tiefergehenden Zusammenhängen wollen sich die Menschen nicht auseinandersetzen.

Noch nicht einmal jährliche Geldzahlungen an Betroffene könnten daran etwas ändern, fand jetzt das RWI – Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung in Essen heraus, für dessen Untersuchung mehr als 10.000 Teilnehmer des forsa-Haushaltspanels befragt wurden. Einem zufällig ausgewählten Drittel der Befragten wurde eine private Zahlung von 100, 250 oder 500 Euro pro Jahr in Aussicht gestellt. Einem anderen Drittel wurde mitgeteilt, die Gemeinde würde eine entsprechende Zahlung erhalten. Dem übrigen Drittel wurden gar keine finanziellen Anreize geboten.

In der Kontrollgruppe ohne finanzielle Anreize lag die Zustimmung zum Bau neuer Stromtrassen in der unmittelbaren Umgebung bei knapp 67 Prozent. Die private Zahlung von 100 bzw. 250 Euro verringerte die Zustimmung der Befragten auf 62 bzw. rund 61 Prozent. Wurden 500 Euro geboten, sank die Zustimmung nicht ganz so stark auf etwas mehr als 64 Prozent. Erhielten statt der Anwohner die Gemeinden das Geld, änderte das die Zustimmung nicht. In keinem Fall erhöhten die Zahlungen also die Akzeptanz neuer Stromtrassen.

Der negative Effekt der Geldzahlung könnte daran liegen, dass sich das Gefühl, im Sinne des Gemeinwohls zu handeln nicht einstellt, wenn man Geld für diese gute Tat bekommt. Zweitens interpretierte ein Drittel der Befragten die finanziellen Anreize als Zeichen dafür, dass Stromtrassen Risiken bergen: Sie gaben an, dass die finanziellen Angebote sie auf mögliche negative Folgen der Stromtrasse aufmerksam gemacht hätten. 

Der Leiter des Kompetenzbereichs „Umwelt und Ressourcen“ am RWI, Manuel Frondel, sagt: »Statt Anwohnerinnen und Anwohnern Entschädigungen zu zahlen, sollten Bund, Länder und Kommunen sie frühzeitig und transparent über Bauprojekte wie Stromtrassen informieren und in die Planung einbinden.«


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