Digitalisierung

Der Nutzen liegt im Auge des Betrachters

14. Juli 2016, 13:14 Uhr | Hagen Lang
Der Einstieg in digitale Geschäftsprozesse wird bei den Energieversorgern die Tür zu neuen Dienstleistungen und Produkten öffnen, das ist sicher, auch wenn zur Zeit noch niemand weiß, wie sie genau aussehen werden.
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Brauchen Energieversorger »neue Baustellen« wie das Smart Metering und Smart Home? Glaubt man den Experten des 6. Energie&Technik Smart Home & Metering Kongresses, verbergen sich darin Chancen zur Geschäftsmodellentwicklung. Die siechende Stromproduktion muss schließlich kompensiert werden.

Energieversorger haben es nicht leicht: erst sabotiert ihnen der Gesetzgeber durch die Subvention erneuerbarer Energien das Stammgeschäft Stromerzeugung und bringt die Stromverteilnetze an die Belastbarkeitsgrenze. Dann knausert er durch die restriktiv ausgelegte Anreizregulierung mit dem Geld, das sie für die Netzertüchtigung (»Smart Grid«) benötigen.

Im kommenden Smart Meter Rollout werden sie die Hauptakteure sein. Gleichzeitig verändern der Smart Meter-Rollout und der Einstieg in »intelligente« Verteilnetze ihre Geschäftsprozesse und -modelle, nur wie ist offen. Immerhin hoffen 40 Prozent der Energieversorger, dass die Digitalisierung die Einführung flexibler Stromtarife  ermöglicht, so eine Studie von trend:research zur Digitalisierung der Energiewirtschaft.  Jens Gatena von trend:research stellte vor diesem Hintergrund den kommenden Smart Meter Rollout, Ziele und Motivationen der Energiewirtschaft vor.

Mit flexiblen Stromtarifen wären neue Produkte möglich, so die Hoffnung. Nur: Wie kommt die Energiewirtschaft darauf? In der Umfrage von trend:research nannten 44 Prozent der Befragten die gesetzlichen Vorgaben als Anstoß zur Einführung von Smart Metern. Nur fünf Prozent nannten die Kundennachfrage als Antrieb und 59 Prozent befürchten mangelnde Kundenakzeptanz bei Smart Metern.

Klar ist, dass sich viele Versorger beim Smart Meter Rollout, dem Messstellenbetrieb und den nachfolgend geänderten Geschäftsprozessen wie der Abrechnung Kooperationen mit Dritten bedienen werden. Das bringt erst einmal kein Geld. Aber die Digitalisierung wird neue Geschäftsprozesse und -modelle für die Energiewirtschaft schaffen, sowohl durch Smart Metering, als auch durch Smart Home Systeme.

Das sieht Alexander Matzner von Schweizer Legal so. Er erklärt zudem: »Ich glaube, es wird eine Kombination der verschiedenen Sparten geben«. Gemeint ist die Verbindung unterschiedlicher Dienstleistungen wie der Strom-, Gas-, Wärme-, Internet- und Entertainmentbereitstellung (warum nicht auch die Mobilität) aus einer Hand, vielleicht in einer Art Rundum-Sorglos-Paket mit Flatrate. »Es kann sein dass Strom dann gar nichts mehr kostet. Sie kaufen ihre Komplettversorgung bei einem Anbieter. Über diesen Mehrwert, die Kombination von Produkten, werden sich neue Entwicklungen ergeben. Die Kunden werden dann bereit sein, für höherwertige Leistungen mehr zu bezahlen«, so Matzner.

»Höherwertige Leistungen« oder »Value Added Services« hatte bereits Dr. Bernd Kotschi von KOTSCHI CONSULTING  als den neben dem Verkauf von Komponenten einträglichsten künftigen Geschäftsbereich des Smart Home-Universums von morgen identifiziert. Das können Sicherheitsdienstleistungen sein oder ambulante Überwachung und Pflege. Voraussetzung dafür ist aber, dass die Unternehmen Zugriff auf die Daten erhalten. Die Bereitschaft der Kunden, dem zuzustimmen, schätzten die Experten als relativ hoch ein. »Die örtlichen Energieversorger genießen großes Vertrauen bei den Kunden«, so Alexander Matzner. Dies ist ein Pfund, mit dem sie erfolgreich wuchern können. Wenn es ihnen dann noch gelingt, das nötige technische Know-how zu versammeln, könnten in Zukunft viele neue kommunale wirtschaftliche Gemischtwarenläden entstehen.

Auf einem anderen Blatt steht, ob das noch etwas mit »Daseinsvorsorge«, »Erfüllung öffentlicher Aufgaben«, »Erfüllung eines öffentlichen Zwecks«, »Kernbereich kommunaler Betätigung« oder »Orientierung am Gemeinwohl« zu tun hat, den Gründen, aus denen die Rechtsordnung eine kommunale Wirtschaftstätigkeit überhaupt zulässt. Die finanziell schwierige Lage der Kommunen spornt sie zu neuer Wirtschaftstätigkeit an. Also gibt es bald vielleicht eine »Ver- und Entsorgungs-, Mobilitäts-, Internet-, Entertainment- und Mobility-Flatrate« bei Ihrem Stadtwerk.

 


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