Projekt »RoKoRa«

Hochauflösende Radare machen Mensch-Roboter-Kollaboration sicher

4. Februar 2021, 12:00 Uhr | Kathrin Veigel
Der Demonstrator von »RoKoRa« ist in der Lage, dynamisch und erwartungskonform bei der Montage einer Bremsscheibe mit dem Menschen zu kollaborieren.
© RoKoRa

Ein Durchbruch in der kollaborativen Robotik rückt dank des Projekts »RoKoRa« in greifbare Nähe. Den beteiligten Forschern ist es nun gelungen, eine neue Radartechnologie zu entwickeln, die funktionale Sicherheit bei verschiedenen Robotersystemen und -anwendungen ermöglichen kann.

Mit dem Ziel der sicheren Mensch-Roboter-Kollaboration (MRK) hat das Fraunhofer-Institut für Angewandte Festkörperphysik IAF gemeinsam mit sechs Partnern 2017 das Projekt »RoKoRa – Sichere Mensch-Roboter-Kollaboration mithilfe hochauflösender Radare« ins Leben gerufen. Seitdem gab es viel Bewegung im MRK-Markt und obwohl sich ein großes Angebot an kollaborativen Robotern, sogenannten Cobots, entwickelt hat, blieb der große Durchbruch bislang aus. Der Grund sind die Sicherheitsbestimmungen, die es performanten Robotern nicht einfach machen und von gängigen Sensorlösungen nur unter großen Effizienzeinbußen befolgt werden können.

Beim erfolgreichen Projektabschluss von »RoKoRa« im Dezember 2020 wurde nun eine kontaktlose 3D-Sensorlösung demonstriert, die einen Durchbruch in der MRK herbeiführen könnte. Sie verspricht als Enabling-Technologie griße Fortschritte sowohl in der industriellen Cobot-Technologie als auch in der Service-Robotik.

Radarüberwachung des Kollaborationsraums

Aufgrund der hohen Anforderungen an die Sicherheit des Menschen kommen bislang meist nur Leichtbauroboter in der MRK zum Einsatz. Diese sind aufgrund der aktuell verfügbaren Sensorlösungen jedoch auf eine Leistungs- und Kraftbegrenzung angewiesen. Damit MRK aber nicht nur sicher, sondern auch effizient wird, haben die Projektpartner von »RoKoRa« eine kontaktlose 3D-Sicherheitssensorik entwickelt, die im Vergleich zu herkömmlichen Sensorlösungen auf größere Distanz den gesamten Kollaborationsraum überwacht und eine dynamische Anpassung der Robotergeschwindigkeit und ‑bewegungsrichtung ermöglicht.

Fraunhofer IAF Sensorlösung
Die Sensorlösung von »RoKoRa« besteht aus 16 Radarmodulen, die jeweils aus einem 77 GHz Frontend des Fraunhofer IAF bestehen.
© Fraunhofer IAF

Der Demonstrator, der im Zuge des Projekts entstanden ist, zeigt einen Radarsensorring mit dazugehörigem Sensorknoten. Er erlaubt eine zuverlässige 360°-Distanzmessung selbst bei Dunst, Rauch, Staub und sonstigen optischen Einflüssen und kann sogar dielektrische Objekte durchdringen. Somit hat er nicht nur eine größere Messreichweite als gängige kapazitiven Sensoren, sondern auch eine erhöhte Robustheit im Vergleich zu optischen Alternativen. Darüber hinaus soll er auch erstmals großen und leistungsstarken Robotern mit höheren Nutzlasten ermöglichen, in kürzeren Taktzeiten mit Menschen zu interagieren.

Auf der Basis der Umgebungsmessung durch das Radar kann der optimierte Bewegungsablauf für den Roboter berechnet werden. Er kann sich berührungslos und dynamisch an die Interaktion mit dem Menschen anpassen. Der Sensorring lässt sich potentiell als Plug&Play‑Lösung an jeder relevanten Roboterachse anbringen. In Verbindung mit einer Echtzeitauswertung ermöglicht er so eine sichere MRK bei nahezu allen Prozessabläufen und Interaktionen.

Sicherheit hat oberste Priorität

Besonders an dem Kooperationsprojekt war die frühe Verbindung der Sensorbauelemente mit realen Robotersystemtechnologien unter durchgängiger Berücksichtigung relevanter Sicherheitsaspekte auch auf Forschungsebene. Um dies zu gewährleisten, wurde das Projekt von dem industriellen Anwender Audi, dem Roboterhersteller Fanuc Deutschland sowie dem Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV) aktiv unterstützt.

In der Sensortechnologie von »RoKoRa« wurden verschiedene Kontrollmechanismen entwickelt und implementiert. Der Sensorring besteht aktuell aus 16 Radarmodulen, von denen acht für eine 360°-Überwachung ausreichen. Die zusätzlichen acht Module fungieren als funktionale Redundanz. Auch die Datenverarbeitung im Sensorknoten verfügt über Sicherheitskontrollen: Zwei Prozessoren werten die Messdaten unabhängig voneinander aus und ein dritter gleicht die Ergebnisse ab, bevor die Informationen zur Steuersoftware des Roboters weitergeleitet werden. So wird die Sicherheit des Systems nicht nur bei der Messung, sondern auch bei der Datenverarbeitung gewährleistet.

Das Projekt bestand aus sieben Projektpartnern: das Fraunhofer-Institut für angewandte Festkörperphysik IAF, das Fraunhofer-Institut für Algorithmen und Wissenschaftliches Rechnen SCAI, IMST, die Universität Kassel, Fanuc Deutschland, das Institut für Arbeitsschutz der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung e.V. (DGUV) und Audi.


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