Nach Abschluss des ersten Feldtests

»G3-PLC-Access mit IPv6 ist praxistauglich«

24. August 2012, 12:31 Uhr | Heinz Arnold
Georg Offner, Devolo: »Die Ergebnisse des Feldtests fielen durchweg positiv aus und haben unterstrichen, dass Schmalband-Powerline-Technologie sehr gut für die Herausforderungen des Smart Meterings und Smart Grids geeignet ist.«
© Devolo

Die schmalbandige Powerline-Übertragung bis 500 kHz, besonders in Kombination mit IPv6, wird für Smart Metering interessant. Wie er sich den Weg zu IPv6 vorstellt und warum er die schmalbandige Powerline-Übertragung für die richtige Wahl im Smart Metering hält, erklärt Georg Offner, Product Manager von Devolo.

Energie & Technik: Devolo ist Mitglied der G3-PLC-Allianz. Einer der Vorteile, der für G3-PLC ins Feld geführt wird: Dieser Standard ist IPv6-fähig. Wann wird IPv6 für Smart Metering relevant?

Georg Offner: Die Netze der großen Versorger basieren alle auf IPv4. Die Kernnetzwerke werden deshalb noch lange mit IPv4 gefahren. Der Umstieg wird sich also über eine längere Zeit hinziehen.

Also wären Übergänge und Anpassungen erforderlich. Wie könnten sie aussehen?

Erstens könnte man IPv4 über IPv6 tunneln. Das wäre aber kontraproduktiv, denn die Vorteile der höheren Effizienz würde man damit wieder über Bord werfen. Es wäre also nur für eine kurze Übergangsperiode sinnvoll.

Eine andere Möglichkeit wäre, die Protokolle an den Übergängen vom PLC Netz zu den Weitverkehrsnetzen miteinander zu kombinieren. In der gesamten IP-Welt macht man sich Gedanken darüber, wie IPv4 und IPv6 koexistieren können. Im PLC-Netz, das sich von den Haushalten bis zu den Trafos in den Netzstationen erstreckt, wäre IPv6 kein Problem. Die Frage ist, was dahinter kommt. Hier wäre Tunneln eine Option, da die Netzstationen in der Regel gut breitbandig angebunden werden können, z.B. per GSM/UMTS. Hier unterscheiden sich Netzstationen von Zählern bzw. Smart Metering Gateways, die überwiegend in Untergeschossen verbaut sind und damit per Funk nur sehr schwer oder gar nicht zu erreichen sind.. Wir gehen davon aus, das entsprechende Gateways für IPv6 ausgelegt werden und somit alle ihre eigenen Adressen haben. Die Smart Meter selber eher nicht.

Prinzipiell wäre es neben der IPv6 Fähigkeit auch sehr interessant, den Trafo in der Netzstation überwinden zu können. Für wie wichtig halten Sie diesen Aspekt?

Wenn die Datenübertragung flächendeckend erfolgen soll, sind die Trafos  auf jeden Fall kritische Punkte. Die Übertragung funktioniert über den Trafo nicht so zuverlässig, wie wir uns das wünschen – zumindest hierzulande. Die Frage lautet also: Ist es wirklich so wichtig, den Trafo  zu überwinden? In Deutschlandgibt es in der Regel einen Breitband-Uplink in den Trafostationen. Aufgrund dessen, ist es sinnvoller, die Powerline-Kommunikation auf das Niederspannungsnetz zu beschränken

Zurück zu IPv6: Gibt es bereits praxisnahe Versuche, um Erfahrungen im Feld zu sammeln?

Wir kooperieren sehr stark mit Vattenfall. In einem gemeinsamen Feldversuch haben wir getestet, wie eine IPv6-Infrastruktur aufgebaut werden kann. Die erforderliche Hard- und Software ist jetzt fertig. Wir haben das Ganze in einem Vorabversuch auf einem Betriebsgelände von Vattenfall in Hamburg getestet, wo viele Umrichter und elektrische Maschinen installiert sind. Es herrschten dort also für die Übertragung sehr schwierige Verhältnisse. Dennoch haben Hard- und Software einwandfrei funktioniert und  überzeugt: wenn es dort klappt, dann müsste es in einem typischen Wohngebiet erst recht funktionieren. Die Technik war also robust genug für den Feldversuch.

Dieser Feldversuch hat mittlerweile in Hamburg Bramfeld stattgefunden, in einem typischen Wohngebiet. Hier gibt es neben den Privatwohnungen Kindergärten, einen Supermarkt und kleinere Unternehmen. Insgesamt sind dort 22 Haushalte beteiligt, die einen Energiebedarf von über 6.000 kWh pro Jahr haben und deshalb mit intelligenten Zählern und Smart-Meter-Gateways ausgestattet sein müssen. Das entspricht in dem Wohngebiet ungefähr 10 Prozent der Haushalte, im Bundesdurchschnitt dürften es 10 bis 15 Prozent sein. Damit handelt es sich also um einen Versuch, der die typischen Verhältnisse abbildet.

Die Ergebnisse des Tests waren durchweg positiv und haben unterstrichen, das Schmalband-Powerline-Technologie bestens für die Herausforderungen des Smart Meterings bzw. Smart Grids geeignet ist.

Wie sahen die Vorarbeiten für den Feldversuch aus?

Wir haben das Netz vermessen, um die Werte für den Rauschboden – also die Störungen, die Maschinen und andere Verbraucher im Netz verursachen – die Impedanz und die Dämpfung der Leitungen zu ermitteln. Wir erstellen so Netzmodelle, um in der Lage zu sein, Aussagen über das Übertragungsverhalten treffen zu können. Das ist sehr wichtig für die Netzplanung.

Devolo setzt auf die schmalbandige PLC-Übertragung für das Smart Metering. Warum nicht breitbandig?

Wir erreichen damit große Reichweiten ohne alle 200 bis 300 m einen Repeater installieren zu müssen, wie es bei breitbandiger Übertragung erforderlich wäre.

Unsere Schmalband-Powerlinesysteme sind in Bezug auf den tatsächlich erforderlichen Bandbreitenbedarf dahingehend optimiert, möglichst große Entfernungen effektiv überbrücken zu können.

Welche Datenübertragungsrate ist denn aus Ihrer Sicht erforderlich?

Es gibt bereits einige Erkenntnisse aus vorausgegangenen Feldversuchen. Zunächst einmal eignen sich  die Verfahren, die derzeit für das automatische Auslesen der Zähler angewandt werden, nicht dazu, beispielsweise Demand-Response-Management durchzuführen. Für Smart-Grid-Funktionen ist es erforderlich, dass eine durchgängige IP-Struktur vorhanden ist. Was die Datenrate angeht, so hat sich herausgestellt, dass 7 KBit/s, wie sie mit Schmalband Powerlinesystemen der ersten Generation erreicht wurden, auf jeden Fall zu wenig sind, um weitergehende Services anbieten zu können.  Deshalb setzen wir auf ein OFDM-basiertes Modulationsverfahren, das bis zu 150 KBit/s überträgt.

Dieses System wird also im Rahmen des Bramfelder Feldversuchs getestet?

Ja, richtig. Ein damit verbundenes, wichtiges Ziel für uns ist es zudem, die letzten Hürden für die Nutzung des Frequenzbereichs bis 500 kHz zu nehmen und ein einheitliches Messverfahren zur Bewertung des EMV Verhaltens fest zu schreiben. Dies gibt es in Europa, anders als in allen anderen Ländern,  bisher nur für das sogenannte CENELEC Band im Frequenzbereich bis 150 kHz. Wir realisieren die signifikante Erhöhung der Bandbreite über den erweiterten Frequenzbereich. Außerdem setzen wir uns dafür ein. dass der Frequenzbereich auf 500 kHz ausgedehnt wird.

Als ein wesentliches Hindernis für Smart Home gelten die fehlenden Standards, die Haushaltsgeräte können nicht kommunizieren und die Hersteller wollen keine teuren Schnittstellen einbauen, von denen sie nicht wissen können, ob sie zukunftssicher sind. Schafft der EEBus aus Ihrer Sicht Abhilfe?

Es ist sehr wichtig, dass man sich auf Standards einigt. Der EEBus ist – anders als der Name suggeriert – kein Bus sondern eine Middleware, also ein kompletter Protokoll-Stack. Das bietet ein sehr großes Potenzial. Aber Gateway und Geräte müssen damit ausgestattet werden. Meiner Meinung nach wird es noch zehn Jahre dauern, bis genügend steuerbare Geräte in den Haushalten vorhanden sind, um flächendeckend sinnvolles Energie-Management durchführen zu können. Die Waschmaschinen werden von ihren Besitzern ja auch nicht über Nacht ausgetauscht. 


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