Auch in professionellen Applikationen ist die PCAP-Technologie heute weit verbreitet. Laut Rudolf Sosnowsky, Leiter Marketing und Applikation bei Hy-Line, »wird PCAP durch On-Cell oder In-Cell weiter verfeinert, indem der bislang separate Sensor näher an die Display-Zelle rückt«.
Markt&Technik: Deckt PCAP alle Touch-Anwendungen im industriellen Umfeld ab und welche Anforderungen an die Displays ergeben sich aus dem Einsatz von PCAP?
Rudolf Sosnowsky, Hy-Line: Manche Anwendungsbereiche sind für PCAP nicht erreichbar wie etwa die Bedienung mit nicht-leitfähigen Gegenständen, weshalb andere Touch-Technologien ihre Vorteile ausspielen können. Multitouch ist am einfachsten mit PCAP zu realisieren, andere Technologien sind selten auf das Erkennen mehrerer gleichzeitiger Touchevents ausgelegt. Der Einsatz der PCAP-Technologie lenkt den Fokus des Anwenders in eine andere Richtung: Die optischen Parameter des Displays rücken in den Vordergrund. Während man sich bei resistiven Touchscreen mit einer gewissen Opazität des Touchscreens abfinden musste, die dem funktionellen Aufbau aus Glas, Folie und eingeschlossener Luft geschuldet ist, liefert der PCAP eine hohe Transparenz. Kunden haben den Anspruch, eine helle, klare, von allen Seiten gut ablesbare Darstellung zu haben. Die Displays selber müssen daher eine hohe Helligkeit (jedenfalls mehr als die 250 cd/m2 eine Büromonitors), einen weiten Ablesewinkel (mit Vermeidung des schlechten Winkels von TN-TFTs) und eine hohe Auflösung mitbringen. Daher wird das Display-Subsystem in der Gesamtbetrachtung immer wichtiger: Display plus Touch plus Frontglas - auch mit Optical Bonding.
Wohin geht der Trend bei den Bildschirmdiagonalen?
Im Allgemeinen sehen wir einen Trend hin zu größeren Diagonalen, Kunden bauen ihr Portfolio am oberen Ende aus. Zu den üblichen 10,4-, 12,1- und 15-Zoll-Terminals gesellen sich nun Displays mit 18,5 und 24 Zoll, besonders wichtig ist derzeit das 21,5-Zoll-Format. Wide-Format mit einem Bildverhältnis von 16:9 ist Standard. Wir liefern Displays mit Diagonalen von 2,4 Zoll bis hin zu mehr als 100 Zoll.
Wie sieht’s in puncto LCD-Technologien aus, welche dominiert?
Für unsere Kunden steht die TFT-Technologie in ihren unterschiedlichen Ausprägungen wie TN, IPS und MVA im Vordergrund. Klassische TN/STN-Displays als Segment- oder Dotmatrix-Anzeigen haben wir nicht in unserem Lieferprogramm. Im TFT-Bereich legen immer mehr Kunden Wert auf eine gute Darstellungsqualität. TN-Displays werden daher auch mit Wide-View-Film nachgefragt, um eine ausreichend gute Ablesbarkeit auch von den Seiten zu erhalten.
Sehen Sie in naher Zukunft eine Chance für OLED in der Industrie oder könnte gar Quantum Dots stattdessen zum Zuge kommen?
Für Kunden in der Industrie ist die Auswahl an OLED-Displays sehr gering, denn Technologietreiber sind die großen Märkte der Smartphones und TV-Geräte. Zuerst stellt sich also die Frage nach der Verfügbarkeit passender Diagonalen. Danach muss auch ein OLED-Display industrielle Spezifikationen wie den weiten Temperaturbereich und Schock/Vibration erfüllen. Erst dann kann man überhaupt displayspezifischen Schwächen wie Einbrennen und begrenzte Lebensdauer ansprechen. Wir beobachten den Markt und die Entwicklung der Technologie, sehen aber im Moment noch keinen praktischen Einsatz. Quantum Dots sind weniger eine neue Display-Technologie als vielmehr ein Ansatz, die TFT-Technologie zu verfeinern. Dies beobachten wir mit Spannung, weil hier dem Anwender ein Mehrwert in Form von größerem Farbraum und höherem Kontrast auf Basis einer gut eingeführten und bekannten Technologie (TFT-Display) geboten wird.
Was tut sich bei den Schnittstellen, bahnt sich so langsam die Ablösung von LVDS als dominierendem Interface an?
Für LVDS wird seit Jahren die Ablösung vorhergesagt. In der Industrie mit langen Produktzyklen und - im Vergleich mit Consumer-Displays - kleinen Stückzahlen setzen sich Änderungen wegen der herstellerseitig erforderlichen Investitionen nur langsam durch. Mittlerweile gibt es einzelne Modelle auch mit eDP-Interface. Nur dort, wo andere Technologien echte Vorteile bringen, werden sie auch eingesetzt: Große Display-Diagonalen bedingen lange Leitungen vom Elektronik-Board bis zu den Display-Kanten, die die Ansteuerungs-Schaltungen tragen, Displays mit hoher Auflösung (4k/UHD) müssen große Datenmengen transportieren. Dort findet sich neben eDP auch V-by-One als native Schnittstelle - im Prinzip beides Hochgeschwindigkeits-Schnittstellen, auf denen Daten seriell übertragen werden.
Hy-Line Computer Components auf der embedded world 2017: Halle 1, Stand 170