Neuartige Nanostruktur

Selbstheilendes Material heilt seine Defekte in Sekunden

30. Juli 2020, 14:25 Uhr | Hagen Lang
Ein Loch schließt sich in dem neuen Material von selbst in kürzester Zeit.
© MPI für Intelligente Systeme

Forscher vom Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme haben mit Partnern erstmals ein sich blitzschnell selbstheilendes, gummiartiges Material entwickelt, für das viele Anwendungen in Frage kommt. Die Anregung dazu gaben Tintenfische.

Egal ob durchstochen, oder zerschnitten: Das neue, gummiartige Material, das Forscher des Max-Planck-Instituts für Intelligente Systeme und der Pennsylvania State University entwickelt haben, bildet seine Struktur nach Defekten immer wieder zurück, bei stets gleichbleibenden Materialeigenschaften. „Wir haben ein neues Material entwickelt, das viel schneller heilen kann, ohne seine Festigkeit zu verlieren. Wir haben es auf verschiedenste Weise beschädigt und jedes Mal hat es sich innerhalb von Sekunden repariert“, sagt Dr. Abdon Pena-Francesch, Erstautor der Publikation „Biosynthetic self-healing materials for soft machines“, die am 27. Juli in der Fachzeitschrift Nature Materials veröffentlicht wurde.

Anwendungen des Materials könnten in Einsatzgebieten liegen, in denen Roboter in dynamischen und unvorhersehbaren Umgebungen agieren. Hier sind für sie selbstheilende Oberflächen von Vorteil, gleichzeitig bietet eine weiche, gummiartige Konsistenz einen gewissen Schutz für Menschen und die Umgebung. Eine andere Anwendung wäre Schutzkleidung wie Handschuhe, die sich nach einem Schnitt sofort selbst reparieren können.

„Unser Ziel war es, mit Hilfe der Synthetischen Biologie ein selbstheilendes, programmierbares Material zu kreieren, dessen physikalische Eigenschaften wir kontrollieren können", sagt Prof. Demirel. Das Team untersuchte daraufhin die Molekülstruktur und die Aminosäuresequenzen von Tintenfischproteinen. Hierauf aufbauend entwickelten sie mit Hilfe des Protein-Engineering das neue Material.

Selbstheilungsphase von 24 Stunden auf eine Sekunde verkürzt

„Wir veränderten die molekulare Struktur so, dass wir die Selbstheilungskräfte des Materials auf die Spitze treiben konnten“, fügt er hinzu. „Wir konnten eine 24-Stunden dauernde Heilungsphase auf eine Sekunde verkürzen. Soft-Roboter, die aus diesem Material gebaut wären, könnten sich nun sofort selbst reparieren. In der Natur dauert die Selbstheilung sehr lange. Unsere Technologie stellt damit die Natur in den Schatten.“

Ein Tintenfisch braucht länger, um zu heilen, da die Protein-Moleküle in seinen Tentakeln nur lückenhaft miteinander verwoben sind. Bei dem im Labor entwickelten Material veränderten die Wissenschaftler die Nanostruktur der Moleküle so, dass sie alle miteinander verbunden sind. „Ein Netzwerk, in dem nur wenige Punkte miteinander verbunden sind, birgt Schwachstellen. Wir aber haben alle Punkte miteinander vernetzt und das Material so verbessert“, erklärt Pena-Francesch.

„Selbstreparierende physikalisch intelligente weiche Materialien sind für den Bau robuster und fehlertoleranter Soft-Roboter in naher Zukunft unerlässlich", sagt Prof. Metin Sitti. Seine Vision ist es, solch selbstreparierende weiche Materialien einzusetzen bei der Erforschung medizinischer Soft-Roboter oder um Robotergreifarme noch besser zu machen.

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