Cat.8 versus Glasfaser

»Der RJ45-Stecker hat endgültig ausgedient!«

14. März 2018, 11:22 Uhr | Anja Zierler
André Engel, tde: „Um eine zukunftsfähige und sichere Verkabelung zu erreichen, wird die Verkabelung über LWL weiter an Bedeutung gewinnen .“
© trans data elektronik

Sind Twisted-Pair-Kabel der Kategorie 8 eine sinnvolle Alternative zu LWL-Verkabelung? »Auf keinen Fall«, sagt André Engel, Geschäftsführer von tde trans data elektronik GmbH. Im Interview mit Markt&Technik erläutert er, warum er für die aktuelle Spezifikation keine Zukunft sieht.

Markt&Technik: Mit der Einführung von Kategorie 8 für die Kupferverkabelung in Rechenzentren waren die Erwartungen hoch. Wurden sie Ihrer Meinung nach erfüllt?

André Engel: Um es ganz klar zu sagen: Nein! Dafür ist die Reichweite zu gering.

Eine Übertragungsstrecke von 30 Metern reicht für Rechenzentren also nicht aus?

Diese Länge teilt sich an beiden Enden der Kabel auf in bis zu 24 Meter Verkabelungsstrecke – das Verlegekabel – und bis zu drei Meter für Patchkabel. Von den 30 Metern bleiben damit unterm Strich bis zu 20 Prozent weniger für die Datenübertragung. Und Verkabelung im Rechenzentrum ist immer vor dem Hintergrund der Zukunfts- und Investitionssicherheit zu betrachten. Schließlich wollen Betreiber angesichts stetig wachsender Datenmengen auch für die höheren Übertragungsraten in den kommenden Jahren gerüstet sein. 40 Gbit/s über Kupfer würde das limitieren. Hinzu kommt: Übertragungsraten von 40 Gbit/s über Kupfer sind aktuell noch gar nicht realisierbar, weil die aktive Technik fehlt. 40 Gbit/s über Glasfaser sind in großen Rechenzentren dagegen bereits Standard.

Macht Cat.8-Verkabelung dann außerhalb von Rechenzentren Sinn?

Nein, aus unserer Sicht ist eine Cat.8-Kupferverkabelung außerhalb von Rechenzentren nicht sinnvoll. In den meisten Gebäuden ist die 30-Meter-Begrenzung einfach nicht praktikabel.

Was ist die Alternative?

Selbst 2018 sind Arbeitsplätze in vielen Bürogebäuden noch nicht einmal mit 1 Gbit/s angebunden. Deshalb ist es kein Fehler, Gebäude mit einer hochwertigen Cat.6A-Verkabelung für 10 Gbit/s auszustatten, damit sich die 10 Gbit/s am Arbeitsplatz überhaupt erst einmal durchsetzen können. Um aber eine zukunftsfähige und sichere Verkabelung zu erreichen, wird die Verkabelung über LWL weiter an Bedeutung gewinnen. Grundsätzlich sollten Unternehmen und Planer jedoch darauf achten, gleich eine höhere Faserzahl bis zu jedem Arbeitsplatz zu führen, damit sich später problemlos Datenübertragungsraten von 100 Gbit/s und höher realisieren lassen.

Höhere Übertragungsraten via Kupfer sind zukünftig also nicht denkbar?

Es spricht einiges dafür, dass der RJ45-Stecker aufgrund seiner Bauart mit 40 Gbit/s endgültig ausgedient hat. Höhere Übertragungsraten wären –wenn überhaupt –nur mit neuen Steckgesichtern realisierbar. Damit wäre aber keine richtige Abwärtskompatibilität gegeben. Glasfaser ist deshalb auf jeden Fall die erste Wahl: Damit sind bereits höhere Übertragungsraten möglich und die Technik ist am Markt verfügbar.

Wo sehen Sie weitere Nachteile einer Cat.8-Verkabelung?

Ein Cat.8-Verkabelungssystem ist gegenüber einer LWL-Verkabelung auf lange Sicht deutlich teurer. Außerdem müssen Netzwerktechniker dabei einen nicht unerheblichen Aufwand in Bezug auf die Anschlusstechnik betreiben. Das erfordert ausgewiesene Expertise und speziell geschulte Installateure. Haus- und Hofinstallateuren fehlt hier oftmals das Know-how. Und LWL-Verkabelungen bringen den Vorteil, dass sie wegen ihres geringen Kabeldurchmessers ein geringeres Kabelvolumen haben und dadurch deutlich leichter als Kupferkabel sind.

Welche neuen Entwicklungen gibt es im Bereich Glasfaser?

Derzeit tut sich einiges im Bereich der Verkabelung über LWL: Der 200-Gbit/s-Übertragungsstandard über acht Fasern und der 400-Gbit/s-Standard über 32 Fasern stehen kurz vor der Verabschiedung. Die OM3/OM4- und die OM5-Faser eröffnen zusätzliche Möglichkeiten in Bezug auf die SWDM-Technik, also die „Short Wavelength Division Multiplexing“-Technik , eine Wellenlängentechnik, die mit kurzen Lichtwellenlängen arbeitet. Zudem sind die passenden Transceiver für 40 Gbit/s und 100 Gbit/s über zwei Fasern bereits erhältlich. Dabei ist die OM5-Faser für die SWDM-Übertragung optimiert und ermöglicht noch größere Reichweiten.

Was empfehlen Sie Anwendern, die zwischen Glasfaser und Kupfer wählen müssen?

Das hängt von der Anwendung ab. Die Verkabelung der Arbeitsplätze würde ich immer noch mit einem hochwertigen Cat.6A-Verkabelungssystem realisieren. Hier hat man dann auch den Vorteil, dass man zum Beispiel VOIP-Telefone mit PoE betreiben kann. Etagenverteiler untereinander sind vorzugsweise mit LWL zu verkabeln. Als erste Wahl in Rechenzentren empfehlen wir hingegen ein hochwertiges, Plug&Play-fähiges LWL-Verkabelungssystem mit MPO-24-Fasern im Rückraum. Um für alle Optionen gerüstet zu sein, sollten Unternehmer und Planer idealerweise die OM5-Faser einsetzen.

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