Beratung und Service

Worauf kommt es an, bei der Auswahl von Relais?

29. September 2020, 9:21 Uhr | Corinna Puhlmann-Hespen
Lichtoptische Schaltkontaktanalyse nach Lastschaltversuch
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Relais sind beratungsintensive Bauelemente! Daher ist eine technisch fundierte Kundenberatung bei der Auswahl von Relais wichtig. Doch was bedeutet „guter technischer Support“ – und woran erkennt man ihn?

von Jürgen Steinhäuser, Sales and Marketing Manager sowie Member of the Board von Elesta

Durch Webpages, Printmedien, Messen und die altbekannten Kataloge gelangen Produktinformationen zu den Bedarfsträgern. Aus diesen ersten Kontakten muss sich ein Vertrauensverhältnis entwickeln, damit technische Fragestellungen im Detail besprochen werden können. Um dies zu erreichen, sind ganz banale Dinge wichtig: Kataloge müssen aussagekräftig sein, Anfragen per E-Mail sind binnen weniger Stunden zu beantworten und Anrufer dürfen nicht in Warteschleifen warten müssen. Und vor allem sollten die Aussagen belastbar sein. Nur wenn der Kunde diese so bewertet, ist ein Vertrauensverhältnis möglich.

Fachkompetenz beschränkt sich dabei nicht auf die Selbstverständlichkeit, die eigenen Produkte zu kennen. Vielmehr muss ein gewisses Maß an Applikationswissen vorhanden sein, um die technisch-normativen Spezifika der Anwendung bei der Produktberatung zu berücksichtigen. Da es keine pauschalen Lösungen gibt, kommt notwendige Empathie hinzu, um Auswahlkriterien des Kunden nachzuvollziehen und zur individuellen Lösung zu gelangen.

Individualisierung von Relais

Was bedeutet Individualisierung bei der Auswahl von Relais? Am Beispiel von Relais mit zwangsgeführten Kontakten, die in sicherheitsrelevanten Schaltkreisen eingesetzt werden sollen, lässt sich dies erläutern: Von diesen Relais wird hohe Zuverlässigkeit und Langlebigkeit erwartet. Sie schalten in Sicherheitsschaltkreisen Signallasten der Rückmeldekreise und die Lastkreise in einem Relais. Damit werden zwei sehr unterschiedliche Lastfelder in dem Relais zusammengeführt.

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Fundierte technische Beratung erleichtert die Auswahl von Relais. Sie dient dazu, Grenzen zu erkennen, um die bestgeeigneten Relais zu definieren.
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Hinzu kommt, dass die zwangsführenden Eigenschaften des Relais „immer“ vorhanden sind, auch in dem Fall, wenn einer der Kontakte ein sogenanntes Öffnungsversagen (failure to open) aufweist. Diese Relais nach IEC EN 61810-3 stellen eine entscheidende Komponente in einer Sicherheitssteuerung dar. Anwender der Relais erwarten fundierte und abgesicherte Informationen, die oftmals über die Katalogdaten hinausgehen.

Relaisantriebe und Kontaktkonfigurationen können an die Kundenbedürfnisse ggf. angepasst werden. Auch ist es möglich, spezifische Informationen wie Kundenartikelnummer auf die Relais aufzubringen. Im Dialog mit dem Kunden lassen sich die Rahmenbedingungen bewerten. Neben den normativen Forderungen und den Schaltlasten kommen noch Umweltbedingungen, die Spannungsversorgung der Relaisspule, thermische Verhältnisse auf der Platine, Ausfallwahrscheinlichkeit, Coatings und Fail-Save-Bestückung hinzu, um nur einige Aspekte zu nennen.

Schaltlastbedingungen

Die in Katalogen angegebenen Schaltlastangaben beziehen sich auf wenige normierte Schaltlasten. In der Praxis sind diese abweichend und vielfältiger, gerade wenn es offene Systeme sind, bei denen verschiedene Verbraucher angeschlossen werden können. Oft wird aus einer Last am Ende eines Gesprächs eine Vielzahl von Lasten! Der Relaishersteller kann diese analysieren und zu einem geeigneten Relais zusammenführen, aber auch Schutzmaßnamen empfehlen, die sowohl die Zuverlässigkeit wie auch die elektrische Lebensdauer erhöhen. Die Möglichkeiten sind vielfältig, von Frittschaltungen über Schutzbeschaltungen bis hin zu Reihenschaltungen oder Parallelschaltung von Relaiskontakten.

Relaisantrieb

Anpassung des Relaisantriebes ist ein oft genutztes Instrument. Diese Anpassung wird umso besser, je genauer die Stromversorgung und deren Schwankungen über den gesamten Temperaturbereich bekannt sind. Schnelles Ein- und Abschalten ist so besser über den gesamten Arbeitsbereich zu gewährleisten. Auch kann die Leistungsaufnahme der Relaisspule und damit die Eigenerwärmung minimiert werden. Dabei müssen Worst-Case-Betrachtungen gemacht werden. Dazu gehört zum Beispiel, das Verhalten einer PWM-Ansteuerung, die im Fehlerzustand fortwährend den höchsten Erregerstrom liefert, zu bewerten. Auch das thermische Verhalten des Relais muss analysiert werden, wenn es über eine kritische Temperatur hinaus betrieben wird.

Einsatzbedingungen

Hier stehen zwei Aspekte im Fokus: Erstens ist die Platzierung auf der Platine von Bedeutung. Dabei ist die Erwärmung des Relais, Wärmeentwicklung durch angrenzende Bauelemente und die Wärmeabfuhr zu untersuchen. Um den „Bauteilestress“ zu verhindern, gibt es die Möglichkeit, die Platzierung der Relais auf der Platine zu verändern oder auch die Standardspule durch eine sensitive Relaisspule mit geringerer Leistungsaufnahme zu ersetzen.

Wichtig ist, dass von der tatsächlichen Temperatur ausgegangen wird. Wenn die maximale Gerätetemperatur mit 55 °C angegeben ist, ist die durchschnittliche Oberflächentemperatur der Platine erfahrungsgemäß 10 K höher und die partielle Temperatur um die Komponenten steigt mitunter um bis zu 30 K und mehr an.
Zweitens sind es die äußeren Einflüsse, die genau zu betrachten sind. Neben Umgebungstemperatur, Staub und Schadstoffbelastung spielen insbesondere Schock und Vibration eine wichtige Rolle. Bei definierter Einbaulage des Gerätes kann diesen Einflüssen durch geschickte Relais-Platzierung auf der Baugruppe entgegengewirkt werden.

Verarbeitung

Lötverfahren sind bei Relais ein zu beachtender Faktor. Durch ihr relativ großes Volumen und die hohe Wärmekapazität, verursacht durch die Kupferspule, weichmagnetischen Werkstoffe und Kontaktsatz, benötigt das Relais eine ausreichende Vorwärme. Überhöhtes Vorwärmen kann hingegen zur Schädigung führen. Ebenso sind Waschprozesse und nachfolgende Lackierungen zu bewerten.

Normen und Applikationen

Bei der technischen Beratung ist es nicht möglich, alle Anwendungsgebiete und einschlägigen Normen der diversen Anwendungsfelder zu kennen. Grundlegende Forderungen aus den Anwendungsgebieten sollten jedoch präsent sein, um die Relais-Eignung in der Applikation einschätzen zu können. So sind in der Bahntechnik die EN 50155 mit ihren strengeren Temperaturklassen und Spannungsbereichen zu kennen oder im Medizingerätebereich die teilweise sehr hohen Anforderungen an die Isolationskoordination, um nur zwei Beispiele zu nennen. Wie sonst kann eine spezielle „Bahnspule“ angeboten oder die Relais-Konfiguration so gestaltet werden, dass die Isolationskoordination für ein Medizingerät ausreichend ist? Hinzu kommen noch Fragen der Zuverlässigkeit, Systemverfügbarkeit und des gefährlichen Ausfalls.

Technische Muster und Analysen

Service sollte auch bedeuten, für den Kunden sehr kurzfristig Muster zur Verfügung zu stellen und, wenn es notwendig erscheint, Schaltlastversuche oder abgestimmte weitergehende Untersuchungen durchzuführen. Nicht zuletzt bedeutet Beratung aber auch ein gewisses Maß an kritischem Hinterfragen von beiden Seiten. Es dient dazu, die Grenzen zu erkennen, um die bestgeeigneten Relais zu definieren.


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