Beim Design kompakter Gleichspannungswandler spielt das thermische Verhalten eine oft unterschätzte Rolle

Eine hohe Wandlereffizienz ist nicht alles

6. Juni 2011, 16:01 Uhr | Willem Ongena
Bild 2
© Linear Technology

Bei der Wahl eines Schaltregler-ICs für den Bau eines Gleichspannungswandlers ist es wichtig, auf dessen Regelungsverhalten und Wandlereffizienz zu achten. Ebenso wichtig, dennoch in der Design-Praxis oft weniger beachtet, ist das thermische Verhalten des Bausteins.

Afshin Odabaee, Linear Technology
Afshin Odabaee, Linear Technology: »Auf jeden Fall ist es ratsam, die zu erwartende maximale Grenzschichttemperatur des thermisch am meisten belasteten Bausteins anhand der Datenblattangaben auszurechnen«.
© Linear Technology

Nicht selten schließen Entwickler aus der Wandlereffizienz auf das thermische Verhalten des DC/DC-Wandlers. »Irgendwie« ist das sogar nahe liegend, denn je weniger Verlustwärme anfällt, je weniger heizt sich der Baustein auf. An sich richtig und dennoch zu kurz gedacht: »Diese Annahme ist im Grunde genauso töricht wie die Schlussfolgerung, dass ein Auto schnell sein muss, nur weil seine Motorleistung hoch ist«, sagt Afshin Odabaee, Product Marketing Manager für Power µModule Products beim Halbleiterhersteller Linear Technology. »Der Zwölfzylindermotor eines Lamborghini verleiht diesem Sportwagen sicher eine hohe Beschleunigung und Höchstgeschwindigkeit; würde man ihn aber in einen Lkw einbauen, wären dessen Fahrleistungen eher enttäuschend«, fügt Odabaee beispielhaft hinzu.

Übertragen auf das Power Management in einer elektronischen Schaltung kann das beispielsweise so aussehen: Ein kleines DC/DC-Wandlermodul mit 90 Prozent Wandlungseffizienz kann durchaus eine Verlustwärme von 3,5 W generieren, die bei einem thermischen Widerstand von 22 K/W sehr rasch eine zu hohe interne thermische Belastung nach sich ziehen kann: Bei einer Umgebungstemperatur von 40 °C könnte die Grenzschicht rund 117 °C heiß werden. Zwar kann man mittels Zwangskühlung und Kühlblechen für Abhilfe sorgen, jedoch sind solche Maßnahmen aufwändig, teuer und Platz raubend. Im Extremfall kann das sogar (mitunter überraschend) dazu führen, dass der ausgewählte Baustein sich für die Anwendung als völlig untauglich erweist. Hinzu kommt, dass die Anforderungen an Stromversorgungen immer höher werden: Digitale Geräte und Infrastruktur, gleichgültig ob Computerperipherie, Kommunikationseinrichtungen oder andere Verbraucher mit stromhungrigen FPGAs, ASICs, Transceivern, Verstärkern und Speichern sollen auf möglichst geringem Raum ein Optimum an Leistung produzieren. Vor allem die oft sehr stringenten Platzvorgaben lassen wenig Spielraum für hohe Wärmeentwicklung.

72-W-Demonstrationsplatine mit vier 12-A-Wandlermodulen
Bild 1
© Linear Technology

Das nachfolgende Beispiel schildert die Auswirkung der thermischen Belastung und zugleich die Bedeutung einer gleichmäßigen Lastverteilung. Auf Bild 1 erkennt man eine 72-W-Stromversorgungsplatine, auf der sich vier parallel, mit Phasenversatz, betriebene µModules des Typs LTM4601 von Linear Technology befinden. Jedes Modul kann aus einer geregelten Ausgangsspannung von 1,5 V einen Laststrom von 12 A bereitstellen und benötigt eine Versorgungsspannung von 4,5 bis 20 V sowie eine Platinenfläche von 15 x 15 mm2. Der thermische Widerstand eines Moduls (Grenzschicht-Umgebung) beträgt 15 K/W.

Thermogramm einer Platine unter 40 A Last (60 W) mit natürlicher Kühlung
Bild 2
© Linear Technology

Bild 2 stellt das Thermogramm einer solchen Platine unter einer Last von 40 A (bei einer Versorgungsspannung von 20 V und einer Ausgangsspannung von 1,5 V) ohne Luftkühlung dar. Links dargestellt ist die mit Hilfe des Thermogramms geschätzte Oberflächentemperatur an den vier Messpunkten auf den Modulen 1 bis 4 (im Fadenkreuz). Man erkennt gut, dass die Lastteilung ausgezeichnet funktioniert: Die beiden mittleren Bausteine sind nur deshalb etwas wärmer als die äußeren zwei, weil sie jeweils von zwei benachbarten Modulen beheizt werden.

Thermogramm bei paralleler Luftkühlung mit 200 LFM (von unten)
Bild 3
© Linear Technology

Bild 3 stellt das Thermogramm bei gleicher Last unter Einwirkung von paralleler Luftkühlung mit einer Luftgeschwindigkeit von 200 LPM (linear feet per minute) dar. Deutlich zu erkennen ist die Temperatursenkung um rund 20 °C bei weiterhin gleichmäßig verteilter Last.

Thermogramm bei serieller Luftkühlung mit einer Lufttemperatur von 50 °C und einer Luftgeschwindigkeit von 400 LFM (von rechts).
Bild 4
© Linear Techology

Bild 4 zeigt, was sich ändert, wenn ein Luftstrom mit einer Umgebungs-/Lufttemperatur von 50 °C und einer Luftgeschwindigkeit von 400 LPM von rechts kommt: Die serielle (seitliche) Kühlung führt dazu, dass der rechte Baustein (aufgrund der Strömungsrichtung erwartungsgemäß) am kühlsten ist. Die erwärmte Luft erreicht die ICs (3 und 2), die erwartungsgemäß wärmer werden. Das linke Modul ist aber dank seiner Randlage immer noch das zweitkühlste.

Bild 5: Thermogramm bei serieller Luftkühlung mit einer Lufttemperatur von 75 °C und einer Luftgeschwindigkeit von 400 LFM (von rechts). Die Module sind hier mit BGA-Kühlkörpern versehen.
Bild 5
© Linear Technology

Bild 5 zeigt einen Extremfall bei einer Lufttemperatur von 75 °C und ebenfalls seitlicher Luftkühlung mit 400 LPM (die Bausteine sind hier außerdem mit BGA-Kühlkörpern versehen). Auch hier bleibt der linke Baustein (1) der zweitkühlste.

Das Beispiel ist leicht auf andere Bausteine und Konfigurationen übertragbar. Odabaee: »Auf jeden Fall ist es ratsam, die zu erwartende maximale Grenzschichttemperatur des thermisch am meisten belasteten Bausteins anhand der Datenblattangaben auszurechnen«. Das dürfte meistens ohne große Recherche möglich sein, denn die führenden Wandlerhersteller stellen hierzu immer ausführliche thermische Daten und Unterlastungskurven (derating) zur Verfügung. Vielfach dokumentieren auch Thermogramme die Verteilung der thermischen Last. Deren Beachtung kann dazu beitragen, die Entstehung von gefährlichen Hotspots zu vermeiden.


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