»Intelligente« Stromnetze

Die funkende Trafostation

13. Juli 2012, 10:18 Uhr | von Nora Crocoll und Alex Homburg
© Welotec

Mit dem Atomausstieg wird die konsequente Nutzung erneuerbarer Energien immer wichtiger. Dadurch erlebt die Stromversorgung in Deutschland derzeit eine Veränderung, bei der die Netze teilweise nicht mitkommen. Stromkonsumenten können gleichzeitig auch zu Produzenten werden, man spricht statt von Consumern nun von Prosumern. Das Smart-Grid ist in diesem Zusammenhang in aller Munde. Weniger oft hört man aber von »Smart Components«, ohne die sich ein Smart-Grid nicht realisieren lässt. Hier können auch scheinbar kleine Komponenten wie Datenfunkrouter eine wichtige Rolle spielen.

Der Begriff »Smart Grid« ist unscharf definiert und wird somit ganz unterschiedlich verwendet. So bezeichnet man Themen, die eigentlich den »Smart Market« betreffen, mit »Smart Grid« und umgekehrt. Eine vereinfachte Definition könnte lauten: Beim Grid (also dem Netz) hat man es mit Netzkapazitäten (kW) oder nutzbaren Leitungsquerschnitten zu tun, während der Schwerpunkt des Smart-Marktes auf den bereitgestellten Energiemengen (kWh) liegt, die entsprechende Anlagen wandeln.

Der umfangreiche Bereich Netzwerk-infrastruktur zum Transport der Energie fällt demnach eindeutig unter den Begriff Smart-Grid. Immer wieder heißt es, die Stromnetze seien den heutigen Anforderungen nicht gewachsen und müssten ausgebaut werden. Üblicherweise geht es dann um mehr Überlandleitungen, mehr oder größere Trafostationen, usw. Dabei ist oft gar nicht das bestehende Stromnetz das Problem, sondern die mangelnde »Intelligenz« der Netze.

Beim Netzaufbau wurden Trafostationen ursprünglich unabhängig voneinander so aufgebaut, dass sie jeweils einen Straßenzug, einen Ort oder Ähnliches versorgen können. Wachstum samt dem nötigen Puffer wurde eingeplant. Heute hat sich die Situation gewandelt: Netze, die für die unidirektionale Übertragung von Energie ausgelegt waren, werden nun bidirektional genutzt.

Ein klassisches Beispiel sind Photovoltaikanlagen auf Privathäusern, die ihre gewandelte Energie ins Netz einspeisen. Diese sind gerade im ländlichen Raum immer öfter und in großen Dimensionen anzutreffen. Künftig wird sich die Situation wohl so verändern, dass der ländliche Raum (zu bestimmten Stoßzeiten) verstärkt einen Energieüberschuss erzielt, während gerade in Städten große Energiemengen gebraucht werden.

Da die einzelnen Netzbereiche bislang aber nicht miteinander kommunizieren, ja nicht einmal die exakten Mengen benötigter, vorhandener oder überschüssiger Energie kennen, ist eine Umverteilung nahezu unmöglich. Das traurige Ergebnis sah so aus, dass 2011 viele Gigawatt umweltfreundlicher Energie ins Leere liefen, da die Netzbetreiber zum Schutz ihrer Netze vor Überlastung die produzierte Energie nicht oder nur teilweise abnehmen konnten.

»Intelligenz« überall

Bild 1: Ein Smart-Grid braucht vor allem eines: Smart-Components
Bild 1: Ein Smart-Grid braucht vor allem eines: Smart-Components
© Alstom

Der erste Schritt auf dem Weg, das künftig zu vermeiden, ist also, dass sowohl die tatsächlich vorhandenen Energiemengen als auch der Bedarf bekannt sind und zwar großflächig. Das Unternehmen Alstom hat Erfahrung in der Entwicklung und Produktion von Lösungen für den Netzausbau und arbeitet an entsprechenden »Smart Components«, um die Entwicklung des Smart-Grids voranzutreiben (Bild 1).

Am Standort Mönchengladbach beispielsweise wird das Monitoring-System für Leistungstransformatoren »MS 3000« produziert (Bild 2). Dadurch können Betreiber von Umspannstationen und Elektrizitätskraftwerken ihre Transformatoren während des Betriebs überwachen und ihren Zustand bewerten.

Bild 2: Das Monitoring-System »MS 3000« für Hochleistungstransformatoren
Bild 2: Das Monitoring-System »MS 3000« für Hochleistungstransformatoren
© Alstom

Auf diese Weise wird der Betrieb der Transformatoren optimiert und die Effizienz ihrer Wartung gesteigert. Hierzu erfasst MS 3000 unter Verwendung von »intelligenten« Sensoren Zustandsdaten, verarbeitet sie mit Hilfe komplexer Algorithmen und stellt die Ergebnisse anschließend einer zentralen Leitwarte zur Verfügung.

Für die Anbindung des Monitoring-Systems werden je nach Anforderungen der Kunden unterschiedliche Datenübertragungstechnologien und -protokolle wie zum Beispiel IEC 61850, IEC 60870-5-104 oder andere Feldbusprotokolle eingesetzt. Mit immer weiter voranschreitendem Ausbau von Mobilfunknetzen und höher werdenden Übertragungsraten ist es heute ebenfalls möglich, alternativ zu kabelbasierten Verbindungen die weltweite Kommunikation mit Monitoring-Systemen drahtlos zu realisieren. Das im Rahmen einer Weiterentwicklung von MS 3000 umgesetzte Konzept zur mobilfunkgestützten Datenübertragung via GPRS/UMTS/HSPA bietet somit noch eine weitere Möglichkeit, das Monitoring-System in die Leitebene einzubinden.

Die Luftschnittstelle

Bild 3: Die robusten TK-Geräte eignen sich für den Einsatz unter rauen Umgebungsbedingungen
Bild 3: Die robusten TK-Geräte eignen sich für den Einsatz unter rauen Umgebungsbedingungen
© Welotec

Es war also eine kabellose Lösung zur Datenübertragung gefragt, die mit dem rauen Umfeld in Umspannstationen zurechtkommt und sich möglichst weltweit einsetzen lässt. Die Wahl fiel auf die UMTS-Router der »TK«-Serie von Welotec im Metallgehäuse (Bild 3).

Die Geräte eignen sich für den Einsatz bei Umgebungstemperaturen zwischen -25 °C und +70 °C und werden in zwei Varianten mit einem oder vier Ethernet-Ports angeboten. Wo kein UMTS zur Verfügung steht, schalten die Router automatisch auf GPRS um, außerdem unterstützen sie den Aufbau sicherer privater Netzwerke. Die TK-Router bringen standardmäßig OpenVPN, IPSec, PPTP, L2TP und GRE mit (Bild 4). Eine Firewall und spezielle Authentifizierungsmethoden erhöhen die Kommunikationssicherheit zusätzlich.

Bild 4: Sichere, manipulationsfreie Datenübertragung ist in kritischen Anwendungen ein Muss
Bild 4: Sichere, manipulationsfreie Datenübertragung ist in kritischen Anwendungen ein Muss
© Welotec

Serielle Geräte lassen sich über eine integrierte RS-232- oder RS-485-Schnittstelle anschließen. Die Bundesnetzagentur geht in ihrem »Eckpunktepapier zu den Aspekten des sich verändernden Energieversorgungssystems« derzeit davon aus, dass ein flächendeckender Einsatz von Smart-Metern aus Netzsicht für ein Smart-Grid nicht erforderlich ist.

Vielmehr sei es ausreichend, die erforderlichen Netzzustandsdaten an einigen besonders kritischen Punkten zu erfassen und diese gegebenenfalls auch um weitere Daten zu ergänzen, beispielsweise die Einspeiseleistung dezentraler Erzeuger. Weiter heißt es: »Sollten diese kritischen Messpunkte sinnvollerweise überhaupt durch Smart Meter realisiert werden, wäre ein weitergehender Rollout intelligenter Zähler zum Aufrechterhalten eines stabilen Netzbetriebs nicht erforderlich«.

Generell gibt es verschiedene zentrale Stellen im Netz, an denen sich Netzzustandsdaten sinnvoll ermitteln lassen. Ein Beispiel sind Ortsnetzstationen. So sollen die Datenfunkrouter bald nicht nur Einsatz in Leistungstransformatoren finden, sondern auch bei der Überwachung kleinerer Transformatorstationen helfen. Laut Bundesnetzagentur ist der Umbau der Stromnetze zum Smart-Grid weniger ein revolutionärer Schritt als vielmehr ein evolutionärer Prozess. Scheinbar kleine Komponenten wie die genannten UMTS-Router können eine wichtige Rolle dabei spielen, dass Stromnetze stabiler laufen und umweltfreundliche Energie künftig noch besser genutzt wird.

Über die Autoren:

Nora Crocoll und Alex Homburg schreiben für das Redaktionsbüro Stutensee.


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