Bio-Nano-Roboter

Elektrische Felder steuern Nano-Maschinen blitzschnell

22. Januar 2018, 10:47 Uhr | Hagen Lang
Elektrische Felder steuern den rotierenden Nano-Kran – 100.000-mal schneller als bisherige Methoden.
© Enzo Kopperger / TUM

Ein neuer elektrischer Antrieb für Nano-Roboter lässt molekulare Maschinen Hunderttausendmal schneller bewegen, als mit bisherigen Prozessen. Forscher der TU München machen Nano-Roboter damit schnell genut für die Fließbandarbeit in molekularen Fabriken.

Der am 19. Januar als Coverstory der Zeitschrift Science verarbeitete Forschungserfolg, wurde von Prof. Friedrich Simmel und seinem Forscherteam durch das »Zähmen« leuchtender Moleküle an der Spitze winziger Roboterarme mittels elektrischer Felder erreicht.

»Durch Anlegen elektrischer Felder können wir die Arme beliebig in der Ebene drehen,« erklärt der Inhaber des Lehrstuhls für Physik Synthetischer Biologischer Systeme an der TU München. Seinem Team ist es erstmals gelungen Nano-Roboter elektrisch zu steuern, wobei die neue Antriebstechnik 100 000-mal schneller ist, als bisherige Methoden.

Wissenschaftler arbeiten weltweit daran, Methoden für die Fließbandanalyse biochemischer Proben und die Fließbandproduktion medizinischer Wirkstoffe zu entwickeln. Mit einer Art DNA-Origami-Technik werden die dafür notwendigen Miniatur-Maschinen gebaut.

Durch Zugabe von Enzymen, DNA-Strängen oder mit Hilfe von Licht werden die Bausteine der Maschinen aktiviert und können bestimmte Aufgaben ausführen, beispielsweise Moleküle aufnehmen und transportieren. Bislang dauern diese Vorgänge allerdings Minuten, manchmal sogar Stunden.

»Um nanotechnische Produktionslinien aufzubauen, braucht man eine andere Antriebstechnik. Unsere Idee war es, auf das biochemische Schalten der Nano-Maschinen völlig zu verzichten und stattdessen die Wechselwirkung der DNA-Strukturen mit elektrischen Feldern zu nutzen«, erklärt der TUM-Forscher Simmel, der auch Co-Koordinator des Exzellenz-Clusters Nanosystems Initiative München (NIM) ist.

Rotation
Rotation des Nano-Arms zwischen zwei Andock-Punkten (rot und blau).
© Enzo Kopperger / TUM

Das Prinzip hinter der neuen Antriebstechnik: DNA-Moleküle enthalten negative Ladungen. Durch Anlegen elektrischer Felder lassen sich die Biomoleküle daher bewegen. Theoretisch ist es damit möglich, Nano-Roboter aus DNA mit Hilfe von Stromimpulsen zu steuern.

Jede einzelne der von Erstautor Enzo Kopperger gefertigten Miniatur-Maschinen besteht aus einer starren Grundplatte von 55 mal 55 Nanometern, auf der sich, verbunden durch ein flexibles Gelenk aus ungepaarten Basen, ein 400 Nanometer langer Arm befindet. Der Aufbau sorgt dafür, dass sich der Arm in der Horizontalen beliebig drehen kann.

In Kooperation mit Fluoreszenz-Spezialisten um Prof. Don Lamb von der Ludwig-Maximilians-Universität LMU markierten die Forscher die Spitzen der Roboterarme mit Farbstoffmolekülen, deren Bewegung sie mit einem Fluoreszenz-Mikroskop verfolgten. Computergesteuert veränderten sie die Richtung des elektrischen Feldes, wodurch die Orientierung der Arme beliebig eingestellt und Bewegungsvorgänge vorgegeben werden konnten.

»Das Experiment hat gezeigt, dass sich molekulare Maschinen elektrisch bewegen und folglich auch antreiben lassen«, sagt Simmel. »Dank der elektronischen Steuerung können wir Bewegungen im Millisekunden-Takt ausführen und sind damit 100.000 Mal schneller als bisherige biochemische Antriebe.«

Simmel resümiert: »Nano-Roboter sind klein und preiswert. Millionen von ihnen könnten gleichzeitig arbeiten, um in einer Probe nach bestimmten Stoffen zu suchen oder um Schritt für Schritt – wie am Fließband – komplizierte Moleküle zu synthetisieren.«


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