Leistungselektronik in Windkraftanlagen

Komponenten offshore-tauglich machen

30. August 2021, 9:46 Uhr | Kathrin Veigel
Die Komponenten von Offshore-Windkraftanlagen sind extremem Stress ausgesetzt und sollten daher sehr robust sein.
© Wikimedia Commons / Drahnier

Leistungselektronik sorgt in Windkraftanlagen dafür, dass die fluktuierend erzeugte Energie gleichmäßig ins Netz eingespeist wird – und ist dabei extremen Belastungen ausgesetzt. Jetzt hat das Fraunhofer-Institut IMWS mit Industrie-Partnern einen Ansatz für deutlich robustere Lösungen entwickelt.

Leistungselektronik hat in Windkraftanlagen eine zentrale Aufgabe: Je stärker der Wind weht, desto höher sind die Drehzahlen des Rotors und die im Generator erzeugte Spannung. Leistungshalbleiter gleichen diese Schwankungen aus und sorgen für eine gleichmäßige Energieübertragung ins Stromnetz. Bei diesen Schaltvorgängen tritt ein Verlust elektrischer Energie durch Umwandlung in Wärme auf, ein Teil des erzeugten Windstroms kommt also gar nicht im Netz an.

Zusätzlich werden die in den Offshore-Anlagen eingesetzten Komponenten durch externe Temperaturwechsel, Feuchte, Salz, hohe Spannungen sowie mechanische Kräfte extrem belastet, was ihre Zuverlässigkeit und Lebensdauer begrenzt. Defekte an Leistungsmodulen sind deshalb häufig an Ausfällen von Windkraftanlagen beteiligt, was entsprechende Ertragsverluste und Wartungskosten mit sich bringt.

Um die Windkraftanlagen effizienter und robuster zu machen, haben Infineon Technologies, Semikron, Freqcon, NanoAnalytics und das Fraunhofer-Institut für Mikrostruktur von Werkstoffen und Systemen (IMWS) nun in einem gemeinsamen Forschungsprojekt die Verbesserung von Komponenten und Halbleiterstrukturen der Leistungselektronik in den Fokus genommen.

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Fraunhofer IMWS Leistungselektronik
Laser-Triangulationsmessung der Oberflächenverformung eines IGBT unter thermischer Belastung. Diese Methode zur Verformungsmessung ermöglicht die Ermittlung der intrinsischen und thermomechanischen Spannungen im Halbleiter und der Fügeverbindung nach dem Sinter- und Lötprozess.
© Fraunhofer IMWS

»Dieser Ansatz ermöglicht Optimierungen in vielfältigen Bereichen, etwa der Energieeffizienz durch die Reduzierung von Schaltverlusten bei gleichzeitiger Steigerung der Leistungsdichte und Zuverlässigkeit. Die erarbeiteten Lösungen sind besser geeignet, um die Netzstabilität sicherzustellen und steigern die Widerstandsfähigkeit der Anlagen gegenüber Umwelteinflüssen wie Feuchte und Salz«, erläutert Bianca Böttge, die am Fraunhofer IMWS für das Projekt zuständig war. Die Lebensdauer der Komponenten könne damit von 20 auf 30 Jahre erhöht werden, was die Kosten des Gesamtsystems erheblich senke.

Mit verbesserten Methoden Defekte frühzeitig identifizieren

Das Fraunhofer IMWS brachte in das Projekt vor allem seine Kompetenzen zur Werkstoffcharakterisierung ein und entwickelte verbesserte Methoden für die Materialprüfung der Aufbau- und Verbindungstechnik (AVT), sowohl für die eingesetzten Halbleiterbauelemente wie Transistoren und Dioden als auch für die verschiedenen Kontaktierungskonzepte der Halbleiterchips. 

Zum Einsatz kamen dabei Methoden der hochaufgelösten, nanoanalytischen Materialcharakterisierung wie Rasterelektronen- (REM) und Transmissionselektronenmikroskopie (TEM), zudem wurde die Anwendbarkeit neuer Ansätze der akustischen Mikroskopie als zerstörungsfreie Alternative für entsprechende Fragestellungen untersucht.

So konnten im Projekt schrittweise Materialien und Herstellungsverfahren für neue Kontaktsysteme sowie die darauf aufbauenden Leistungsmodule ausgewählt werden, die keine mikrostrukturellen Defekte wie Hohlräume (Voids), Delaminationen, Diffusionsmechanismen oder Risse mit sich bringen. Zugleich wurden neue Präparationsverfahren für die morphologische und chemische Analytik der Grenzflächenprozesse in den Fügeverbindungen entwickelt und gemeinsam mit den Partnern ein Fehlerkatalog für die identifizierten Defektmechanismen formuliert.

Schwerpunkte der Entwicklungsarbeiten der Partner waren beispielsweise die Entwicklung von beidseitig gesinterten Systemen anstelle von Drahtbond- und Lötverbindungen, um höhere Chiptemperaturen möglich zu machen, die Verbesserung der Modulkühlung im System oder die Weiterentwicklung korrosionsbeständiger Chip-Randabschlüsse. 


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