TU München, DLR und Partner

Leichtflügel sollen 20 Prozent mehr Last tragen

20. November 2019, 14:48 Uhr | Hagen Lang
Der Flugdemonstrator des Projekts FLEXOP auf dem Sonderflughafen Oberpfaffenhofen.
© Fabian Vogl / TUM

Nach über 100 Jahren Luftfahrt müssten aeronautische Formen und Werkstoffe doch ausoptimiert sein, sollte man meinen. Die TU München und das DLR entwickeln derzeit allerdings Flügeltypen, mit denen es möglich sein soll, bis zu 20 Prozent mehr Fracht zu transportieren.

Neuartige Flügel können das Fliegen immer noch energieeffizienter und preiswerter machen. Solche „aeroelastischen“ Flügel hoben jetzt an einem Demonstrator erstmals auf dem Flugplatz Oberpfaffenhofen ab. Dabei wird ein Phänomen adressiert, das bislang den Einsatz energieeffizienterer Flügel verhindert: Zwar sind leichte Flügel größerer Spannweite energieeffizienter, allerdings schaukeln sich durch den Luftwiderstand und bei Windböen in ihnen Schwingungen auf. „Das Flattern führt zur Materialermüdung. Das kann sogar so weit gehen, dass der Flügel abreißt“, erklärt Sebastian Köberle, wissenschaftlicher Mitarbeiter am TUM-Lehrstuhl für Luftfahrtsysteme. Kürzere, dickere Flügel haben hier Vorteile.

Forscher aus sechs Ländern arbeiten im europäischen Projekt FLEXOP (Flutter Free FLight Envelope eXpansion for ecOnomical Performance improvement) daran, dieses Problem in den Griff zu bekommen, um die Flügel leichter bauen zu können. Früchte dieses Projektes sind die hier entwickelten Flügeltypen: die »aeroelastischen Flügel« und die »Flatterflügel«.

Wissenschaftler der TUM bauten einen dreieinhalb Meter langen und sieben Meter breiten Flugdemonstrator und integrierten die Systeme der europäischen Partner. Mithilfe der Referenzflügel arbeiteten die Forscher dann daran, den Flugdemonstrator automatisiert vorgegebene Flugversuchsmuster fliegen zu lassen. Sie erarbeiteten die optimalen Einstellungen und entwickelten Handbücher sowie Checklisten für die Flugversuche. „Der Flugdemonstrator soll mit den neuartigen Flügeln so schnell fliegen, dass diese theoretisch flattern müssten“, erklärt Köberle. „Bei solch hohen Geschwindigkeiten müssen wir sicher sein, dass nichts schiefgeht.“ 

Jetzt wurde zum ersten Mal ein Versuchsflug mit den neuartigen Flügeln durchgeführt. „Bisher hat alles so geklappt, wie wir es uns vorgestellt haben“, sagt Köberle. „Jetzt beginnt die Datenauswertung.“ Bei den eingesetzten Flügeln handelt es sich um sogenannte aeroelastisch optimierte Flügel, die vom DLR in Zusammenarbeit mit der Universität Delft entwickelt wurden. Sie bestehen aus Kohlefasern, wobei eine spezielle Ausrichtung der Fasern beim Aufbau des Flügels das Biege- und Torsionsverhalten beeinflusst. „Wird der Flügel durch die Luftkräfte gebogen, dreht er sich gleichzeitig und weicht den Windlasten sozusagen aus“, sagt Wolf-Reiner Krüger vom Göttinger DLR-Institut für Aeroelastik.

Der zweite im Projekt entwickelte supereffiziente Flügel ist der sogenannte Flatterflügel aus Glasfasermaterial, der an der TUM entworfen wurde. Kommt es zum Flattern, werden äußere Klappen ausgefahren, die wie Dämpfer wirken. "Die eingebaute am DLR entwickelte aktive Regelung der Klappen vergrößert die Möglichkeiten für eine wesentlich leichtere Bauweise maßgeblich", sagt Gertjan Looye vom Oberpfaffenhofener DLR-Institut für Systemdynamik und Regelungstechnik, der den DLR-Anteil am Projekt leitet. 

Ein zweites Flugregelungssystem wird vom Computer and Automation Research Institute der ungarischen Akademie der Wissenschaften (MTA SZTAKI) entwickelt. Der Projektleiter Bálint Vanek von MTA SZTAKI ergänzt: "Mit einem solchen Flügel könnten künftig 20 Prozent mehr Fracht transportiert werden." Da die Technologie sehr komplex ist, werden die Tests an diesem Flügel erst zu einem späteren Zeitpunkt stattfinden. In einem weiteren Schritt sollen die Ergebnisse des Projekts auf die Konfiguration von Transport- und Passagierflugzeuge übertragen werden.


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