»Exziton-Polaritonen«-Transport

Neue topologische Isolatoren leiten Licht-Materie-Teilchen

12. Oktober 2018, 11:07 Uhr | Hagen Lang
Der neuartige topologische Isolator aus der Würzburger Physik: An seinen Kanten entlang fließt ein Strom aus Exziton-Polaritonen (rot), der sich kontrollieren lässt.
© Karol Winkler

Topologische Isolatoren sind seltsam: Sie leiten Elektronen nur an ihren Oberflächen oder Kanten. Ein internationales Forscher-Team baute jetzt einen topologischen Isolator, dessen Oberfläche neben Elektronen sogar Teilchen transportiert, die aus mit Licht gekoppelter Materie bestehen.

Physiker der Julius-Maximilians-Universität Würzburg (JMU) haben mit Fachkollegen vom Technion in Haifa (Israel) und aus Singapur erstmals einen topologischen Isolator realisiert, an dessen Kanten sich sogenannte »Exziton-Polaritonen« fortbewegen. Dies sind Teilchen, in denen Licht und Materie (Photonen und Elektronen) eng aneinander gekoppelt sind.

Professor Sven Höfling, Inhaber des Lehrstuhls für Technische Physik an der JMU erklärt zu dem topologischen Isolator: »Man könnte ihn sowohl für schaltbare elektronische Systeme als auch für Laser-Anwendungen nutzen«. Mit den bislang realisierten topologischen Isolatoren, die entweder auf Elektronen oder Lichtteilchen basieren, ist jeweils nur eine Anwendung möglich.

Dr. Sebastian Klembt, Leiter einer Arbeitsgruppe an Höflings Lehrstuhl, war federführend bei diesem Projekt. Er baute den neuartigen topologische Isolator, der im Wesentlichen aus dem Verbindungshalbleiter Gallium-Arsenid besteht, auf einen Mikrochip. Er besitzt eine Honigwaben-Struktur und ist aus vielen kleinen Säulen aufgebaut. Dabei hat jede Säule einen Durchmesser von zwei Mikrometern (zwei Millionstel Meter).

Wird diese Mikrostruktur mit Laserlicht angeregt, entstehen darin Licht-Materie-Teilchen, und zwar ausschließlich an den Kanten. Die Teilchen wandern dann an den Kanten entlang, auch um die Ecken herum, und das relativ verlustarm. »Mit einem Magnetfeld können wir die Transportrichtung der Teilchen kontrollieren und auch umkehren«, sagt Klembt.

Die Forscher haben ein System in anwendungsnahen Dimensionen entwickelt, mit dem man Licht kontrollieren kann.  Das ist normalerweise nicht so einfach möglich: Reine Lichtteilchen besitzen keine elektrische Ladung und lassen sich darum nicht ohne weiteres mit elektrischen oder magnetischen Feldern steuern. Mit dem neuen topologischen Isolator aus Würzburg aber geht das – Licht lässt sich damit sozusagen auch »um die Ecke schicken«.

Der Würzburger Physikprofessor Laurens Molenkamp war 2007 der Pionier, der weltweit erstmals einen topologischen Isolator experimentell realisierte und dafür 2018 im bundesweiten Wettbewerb »Exzellenzstrategie«  zusammen mit der TU Dresden den Zuschlag für den Exzellenzcluster »Komplexität und Topologie in Quantenmaterialien« erhielt. Die Gruppe von Mordechai (Moti) Segev am Technion in Haifa hat 2013 den ersten photonischen topologischen Isolator präsentiert und damit das Feld der Topologischen Photonik begründet. Mit vereinter Expertise haben beide Gruppen nun den ersten »symbiotischen« topologischen Isolator auf Licht-Materie-Basis realisiert. Diese Entdeckung könnte die Türen für künftige Anwendungen in der Optoelektronik öffnen.


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