Statt Silizium?

Neuer organischer Halbleiterkandidat für die Optoelektronik

12. Juni 2019, 16:47 Uhr | Hagen Lang
Illustration des Laserexperiment (im Hintergrund) und der Struktur des TGCN.
© C.Merschjann/ HZB

Das in Berlin untersuchte Triazin-basierte graphitische Kohlenstoffnitrid (TGCN) ist ein neuer Halbleiter, der sich für die Optoelektronik empfiehlt. Mit einer zweidimensionalen Struktur (ähnlich Graphen) ist es jedoch senkrecht zu seinen Ebenen 65 Mal stärker leitfähig, als in den Ebenen selbst.

Die sogenannte Bandlücke, der Energie-Unterschied zwischen Elektronen im Valenzband (beweglicher Zustand) und im Leitungsband (beweglicher Zustand), ist bei elektronischen Bauelementen wichtig. Durch Licht oder Spannung können Ladungsträger vom Valenzband ins Leitungsband gehoben werden.

Chemiker um Dr. Michael J. Bojdys von der Humboldt-Universität Berlin haben ein neues graphitisches Kohlenstoffnitrid synthetisiert, das nur aus Kohlenstoff- und Sticksoff-Atomen besteht. Die C- und N-Atome bilden miteinander sechseckige Waben, ähnlich wie im Graphen aus reinem Kohlenstoff. Wie bei Graphen ist auch beim TGCN die kristalline Struktur zweidimensional. Bei Graphen ist die Leitfähigkeit in der Ebene jedoch exzellent, senkrecht dazu sehr schlecht. Bei TGCN ist es genau umgekehrt: die Leitfähigkeit senkrecht zur Ebene ist rund 65mal größer ist als in der Ebene selbst. Mit einer Bandlücke von 1,7 Elektronenvolt ist TGCN ein guter Kandidat für Anwendungen in der Optoelektronik.

Der Physiker Dr. Christoph Merschjann vom Helmholtz-Zentrum Berlin (HZB) hat daraufhin im Laserlabor JULiq, einem Joint Lab zwischen HZB und Freie Universität Berlin, die Transporteigenschaften in Proben aus TGCN mit zeitaufgelösten Absorptionsmessungen im Femto- bis Nanosekundenbereich untersucht. Aus den Messdaten konnte er ableiten, wie die Ladungsträger durch das Material diffundieren.

»Sie verlassen die sechseckigen Waben aus Triazin-Einheiten nicht horizontal, sondern bewegen sich schräg zur nächsten Triazin-Einheit in der Nachbarebene. Sie bewegen sich entlang röhrenartiger Kanäle durch die Kristallstruktur«, so Merschjann. Dieser Mechanismus könnte erklären, dass die Leitfähigkeit senkrecht zu den Ebenen deutlich höher ist, als in den Ebenen. Allerdings reicht er vermutlich nicht aus, um den tatsächlich gemessenen Faktor von 65 zu erklären. »Wir haben die Transporteigenschaften in diesem Material noch nicht vollständig verstanden und wollen diese weiter untersuchen«, kündigt Merschjann an.

»TGCN ist daher bislang der beste Kandidat, um gängige anorganische Halbleiter wie Silizium mit ihren teilweise kritischen “Dotanden” aus seltenen Elementen zu ersetzen«, sagt Michael Bojdys. »Unser Herstellungsverfahren, das wir in meiner Gruppe an der Humboldt-Universität entwickelt haben, führt zu flachen Schichten von halbleitendem TGCN auf isolierendem Quartzglas. Das ermöglicht Upscaling und einfache Device-Produktion.«

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