Mit Freie-Elektronen-Lasern (FELs) kann man jetzt hochintensive Röntgenblitze erzeugen, die auf Nano-Ebene das Zuschauen bei chemischen Reaktionen ermöglichen. Ein internationales Forscherteam unter Leitung der TU München hat hierfür die Grundlage geschaffen.
Sogenannte Freie-Elektronen-Laser (FELs) erzeugen Pulse, die intensiv genug sind, das Tor zu den Grundlagen der chemischen Reaktionen zu öffnen, doch es gibt ein Problem: Die Pulse variieren in Länge und Energie. Ein von Physikern der TU München angeführtes internationales Forschungsteam hat nun einen Ring aus 16 Detektoren und ein zirkular polarisierter Laserstrahl konstruiert, der es ermöglicht, beide Faktoren mit Attosekunden-Genauigkeit zu bestimmen.
Schießt man zwei solcher Blitze schnell hintereinander auf eine Probe, so erhält man Informationen über die strukturellen Veränderungen während einer Reaktion: Ein erster Puls löst die Reaktion aus, mit einem zweiten Laserstrahl wird vermessen, wie die Struktur sich durch die Reaktion verändert. Doch variieren der zeitliche Verlauf der Intensität und die Länge der Röntgenblitze von Blitz zu Blitz, bleibt das Bild unscharf.
»Eine Attosekunde ist der Milliardste Teil einer Milliardstel Sekunde, oder anders ausgedrückt: Eine Attosekunde verhält sich zu einer Sekunde in etwa wie eine Sekunde zum gesamten Alter des Universums«, sagt Reinhard Kienberger, Professor für Laser- und Röntgenphysik an der TU München. »Doch die energetischen Änderungen in einem Molekül während einer Reaktion sind so unglaublich fein und schnell, dass wir nur mit solch extrem kurzen Pulsen etwas sehen.«
In seinem Experiment benutzte das Forschungsteam Röntgenblitze der Linac Coherent Light Source in Menlo Park (USA). In der Probenkammer schlagen sie aus Neon-Atomen Elektronen heraus. Treffen diese nun auf einen Infrarot-Lichtimpuls, so werden sie von dessen elektrischem Feld beschleunigt oder abgebremst, je nachdem welche Feldstärke der Lichtpuls gerade hat, wenn das Elektron erzeugt wird. Die zirkulare Polarisierung des Infrarotpulses gibt dem Elektron nun zusätzlich noch eine Richtung.
Mit einem Ring aus 16 Detektoren sind Energie und Dauer des ursprünglichen Röntgenpulses wie auf dem Zifferblatt einer Uhr mit Attosekundengenauigkeit bestimmbar. Die Information sowohl über die Energieverteilung als auch über die zeitliche Pulsstruktur soll es künftig erlauben, ganz spezifisch einzelne Reaktionsstellen in komplizierteren Molekülen anzusprechen und deren Einfluss auf den Verlauf der Veränderungen während der Reaktion in Echtzeit zu verfolgen.
»Diese Technik kann nun auch dazu verwendet werden, die Entwicklung der FELs selbst voranzutreiben«, sagt Wolfram Helml, Leiter des Forschungsteams. »Wir erhalten eine sofortige Rückmeldung über die Pulsstruktur während der FEL durchgestimmt wird. So können wir gezielt Röntgenblitze mit ganz bestimmter Dauer oder energetischen Eigenschaften erzeugen.«