Fokus auf Standard-ICs und geringe Energieaufnahme

ZMDI: »Energieeffizienz ist der Innovationstreiber«

7. Juni 2011, 10:10 Uhr | Heinz Arnold
Thilo von Selchow, ZMDI: »Der Trend zu ’grünen Technologien‘ kommt ZMDI entgegen. Wir verstehen die Anforderungen der Kunden, wenn es darum geht, energieeffiziente Lösungen zu schaffen. Das beinhaltet minimale Energieaufnahme ebenso wie das beste Verhältnis aus Energieaufnahme, Platz auf der Leiterplatte und Kosten. Diese Fähigkeit sichert uns Alleinstellungsmerkmale in den jeweiligen Marktsektoren und eröffnet für die Zukunft viele neue Möglichkeiten.«
© ZMDI

Als Halbleiterhersteller den 50. Geburtstag feiern zu können wie ZMDI - das kommt nicht so häufig vor. Doch für einen IC-Hersteller zählt nur die Zukunft: »Es ist unser Ziel, mit energieeffizienten Produkten auch künftig schneller als der Markt zu wachsen«, erklärt CEO Thilo von Selchow.

Markt&Technik: ZMDI hat sich über die letzten Jahre stark gewandelt. Was waren die wichtigsten Schritte?

Thilo von Selchow: Wir haben unser Technologieportfolio konsequent bereinigt, beispielsweise haben wir uns von der Linie der nichtflüchtigen Speicher getrennt und das Packaging-Geschäft, das wir in sechs Jahren aufgebaut haben, an Silicon Sensor verkauft. Beides im Übrigen zu einer Zeit, in der sich ordentliche Preise realisieren ließen. Auch wenn wir damals von einigen Seiten für diese Schritte kritisiert wurden, können wir heute festhalten, dass das Unternehmen von diesen Entscheidungen und den damit verbundenen Handlungsspielräumen profitiert hat. Mit Zerschlagung hatte dies gar nichts zu tun. Unsere neue Strategie besteht darin, sich auf die Kernkompetenzen zu fokussieren und Produkte zu entwickeln, die der Markt und die Kunden wirklich benötigen. Zudem muss man seine Investitionen heute thematisch bündeln, um bestimmte Märkte aktiv mit eigenen Produkten prägen zu können.

War das wirklich eine neue Strategie?

ZMDI war noch vor zehn Jahren sehr technologie-, ja ich möchte sagen forschungsorientiert. Unsere exzellenten Entwickler konnten hervorragende Prototypen entwerfen. Von da aus bis zu echten Umsätzen ist es aber noch ein weiter Weg. Eine zentrale Herausforderung bestand darin, sich auf die Erfordernisse des Marktes einzustellen. Über die Zeit hat ein starker Mentalitätswandel im Unternehmen stattgefunden, hin zur Marktorientierung. Weil die Technik die Basis für alles weitere ist, konnten wir diesen Wandel aus einer technisch starken Position vorantreiben. Das Neue an der Strategie war also, die Kundenorientierung auf höchste Priorität zu stellen, denn schließlich sind es die Kunden, die uns die Aufträge geben und so unsere Gehälter sichern. Die Kunden haben unser Umdenken honoriert.

ZMDI hat sich ja nicht nur von bestimmten Produkten getrennt, sondern auch die eigene Fertigung an X-Fab verkauft. Wäre es nicht gerade für die Fertigung analoger ICs vorteilhaft gewesen, über eigene Prozesstechniken verfügen zu können?
 
Nein, die Trennung von der Fertigung war ein Meilenstein in der Entwicklung von ZMDI und aus vielerlei Hinsicht vorteilhaft. Wir stehen beispielsweise nicht unter dem Zwang, unsere eigene Fab füllen zu müssen. Wir können jetzt je nach den Wünschen unserer Kunden hohe oder niedrige Stückzahlen über längere oder kürzere Zeiträume liefern. Alles was wir benötigen, können uns unsere leistungsfähigen Partner aus dem Foundry-Sektor anbieten. Die X-Fab ist im Bereich der analogen und Mixed-Signal-Prozesse stark, aber auch - seit der Übernahme von First Silicon - im digitalen Bereich. Ursprünglich hatten wir ja mit First Silicon einen 180-µm-Smart-Power-Prozess entwickelt. Wir können uns damit voll und ganz auf die Entwicklung neuer Produkte und auf Innovationen konzentrieren - genau das, was wir brauchen, um unsere Strategie der Energieeffizienz umzusetzen. Hier werden in den nächsten Jahren sehr viele Innovationen stattfinden.

Energieeffizienz ist heute in aller Munde. Wenn sich ZMDI als Spezialist für Energieeffizienz bezeichnet, was kann sich der Anwender konkret darunter vorstellen?

Wir wollen uns nicht als einen Spezialisten für eine bestimmte Produktgruppe oder einen bestimmten Markt, wie etwa Automotive, sehen, sondern einen Schritt weiter gehen: Wir wollen unseren Kunden ermöglichen, energieeffiziente Systeme aufzubauen, für ganz unterschiedliche Anwendungsbereiche.

Energieeffizienz haben wir als den großen Trend identifiziert. Mit unserer Kompetenz in der analogen und der Mixed-Signal-Technik können wir die Probleme der Kunden hinsichtlich der möglichst geringsten Energieaufnahme lösen. Wir können aber auch für das jeweilige Geschäftsfeld das optimale Verhältnis aus Energieaufnahme, Platz auf der Leiterplatte und Kosten finden. Auf diese Weise können wir uns in den jeweiligen Geschäftsfeldern Alleinstellungsmerkmale sichern. Da entsteht eine Vielzahl neuer Möglichkeiten. Beispiele sind der kleinste intelligente Batteriesensor 5x5 für die Start-Stopp-Funktion im Automotive-Sektor und der kleinste Ambient-Light-Sensor-IC 2x2 für Mobiltelefone.

Im vergangenen Jahr ist ZMDI in das digitale Power-Management eingestiegen und arbeitet hier eng mit Fairchild zusammen. In diesem Bereich hat sich über die letzten Jahren einiges getan, es tummeln sich hier sowohl einige große Hersteller als auch Start-ups. Wo bieten sich Differenzierungsmöglichkeiten für ZMDI?

So viele Große gibt es gar nicht, und die haben häufig die Start-ups übernommen. Auch wenn die Technik unter dem Namen »digitales Power-Management« bekannt ist, so benötigt man dazu eine Menge Analog- und Mixed-Signal-Know-how. Und genau hier liegen unsere Stärke und die Stärke unserer Teams in München und Dresden, die die neuen Power-Management-Produkte entwickeln.

Die Zusammenarbeit mit Fairchild zeigt, dass wir mittlerweile auch von den Großen ernst genommen werden. Gemeinsam können wir uns sicherlich deutlich vom Wettbewerb differenzieren, um damit einen Markt an-zugehen, dessen Potenzial bis 2014 bei voraussichtlich 500 Mio. Dollar liegt. Weil eine Reihe von ZMDI-Innovationen zur Differenzierung von uns patentgeschützt werden, hoffen wir, einige Weltstandards setzen zu können.

Was passiert in den Märkten wie zum Beispiel ICs für ASi und I/O-Link?

ASi ist ein durchaus harter Markt, und I/O-Link gibt es ebenfalls schon ein Weilchen - auch ein schönes Beispiel dafür, dass wir einen langen Atem brauchen. Der Standardisierungsprozess hat sich lange hingezogen, dann erforderte die Entwicklung der ICs noch einmal 18 Monate, und mit spürbarem Umsatz können wir erst ab 2012 rechnen. Dafür ist die Zahl der Wettbewerber sehr überschaubar, und weil wir uns stark in den Standardisierungsgremien engagieren, sehen wir uns in einer guten Ausgangsposition.


  1. ZMDI: »Energieeffizienz ist der Innovationstreiber«
  2. Ziel: 60 Prozent des Umsatzes mit Standardprodukten bis 2015
  3. Das Geschäft wird weniger zyklisch

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