Für interaktive Verbrauchssteuerung und umweltfreundliche Straßenbeleuchtungen

Selbstüberwachende Mesh-Funknetze

1. Juni 2010, 16:47 Uhr | Heinz Arnold

Auf ZigBee setzt Digi International. Michael Pohl, im Management von Digi tätig, hält die Funkübertragung auf Basis von 802.15.4 und dem ZigBee-Protokoll für ein sehr geeignetes Verfahren, um die Strecke von den Sensoren zum Gateway zu überbrücken. ZigBee ermöglicht die flexible und fehlertolerante Vernetzung der Leuchtpunkte. Durch die Kombination von moderner Straßenbeleuchtungstechnik und Kommunikation auf Basis von ZigBee ergibt sich eine Energieeinsparung von bis zu 30 Prozent, wie ein Pilotprojekt zeigt.

»ZigBee hat eine hohe Stabilität erreicht, die Praxis beweist, dass es verlässlich funktioniert«, sagt Michael Pohl. Aber er hält auch andere Funkübertragungen für geeignet, etwa den Wireless M-Bus, der gerade in Deutschland bei Metering-Anwendungen gerne benutzt wird. Der Wireless M-Bus zeichnet sich vor allem durch eine sehr gute Reaktionszeit aus. Außerdem arbeitet Digi International auch mit Funkübertragungen auf 868-MHz-Basis.

Hat das Gateway die Daten empfangen, dann schickt es sie über GSM oder DSLLeitungen weiter. Powerline Communication betrachtet Pohl als schwierig. Es stelle sich in der Praxis immer wieder heraus, dass bei PLC in verschmutzten Netzen Daten verlorengehen. In Neubaugebieten sei PLC kein großes Problem, weil dort ein modernes, sauberes Netz zur Verfügung steht. In Altstädten sei es etwas anderes. Derzeit ist Digi International an zahlreichen Pilotprojekten beteiligt, allerdings ist die Zahl der eingesetzten Module und ICs noch begrenzt. Zähler von Yello sind beispielsweise mit den ARM-CPUs von Digi International ausgestattet. »Es dauert schon länger als gedacht, bis hohe Stückzahlen erreicht werden«, erklärt Pohl, er ist sich aber sicher, dass der Markt jetzt anzieht, schon wegen der staatlichen Initiativen.

Dazu ein Beispiel: In einem großen Projekt im Neubauviertel Hohlgrabenäcker in Stuttgart Zazenhausen arbeiten der Leuchtenhersteller Schréder, der Telemanagement- Hersteller Owlet (www.owlet. de) und die EnBW Regional AG Stuttgart zusammen. Das Ziel: 30 Prozent Energie gegenüber konventioneller Straßenbeleuch tungstechnik einzusparen. In dem Viertel mit 400 Wohneinheiten sind insgesamt 130 Leuchten in drei Leistungsklassen vorgesehen: 100 W für die Hauptstraßen, 70 W für Anliegerstraßen und 50 W für Fußwege. Zum Einsatz kommen dimmbare Natriumdampf- Hochdrucklampen, die mit elektronischen Vorschaltgeräten ausgestattet sind. »Es handelt sich also um einen realitätsnahes Projekt mit einer relativ hohen Anzahl an Leuchten«, so Pohl.

Der »Owlet Column Controller«, ein Telemanagement- System von Owlet, befindet sich im Tragwerk der Leuchte. Er dimmt die Leuchte, sammelt alle Verbrauchsdaten und überträgt sie über Zig- Bee. Für die Kommunikation kommt das drahtlose Sensor-Mesh-Netzwerk von Digi International zum Einsatz, das auf Basis der Digi-XBee-Module und der Connect- Port-Serie arbeitet. Auf dieser Plattform läuft das Nightshift-System von Owlet. Das Mesh-Netz sorgt für die optimale Verteilung der Daten, so dass es nicht zu übermäßigen Belastungen oder Flaschenhälsen kommt.

Die komplette Anlage steuert das Owlet Webportal, über welches das System auch programmiert wird. Es erfasst die Energieaufnahme aller angeschlossenen Verbraucher entweder separat oder summiert. Ein Diagnosesystem meldet den aktuellen Betriebszustand der Anlage und zeigt an, ob Leuchten auszufallen drohen, oder wann das nächste Wartungsintervall folgt. Die »Owlet Column Controller« arbeiten bereits seit Anfang des Jahres. Die Möglichkeit, die Leuchten zu dimmen, führt zu der größten Energieeinsparung. »Neben der Verbesserung des Gesamtwirkungsgrades durch die Vorschaltgeräte können wir die Beleuchtungsstärke in Abhängigkeit des Leuchtmittelalters gezielt anpassen und so die Dimensionierungsreserve im Neuzustand verlustfrei ausschöpfen«, sagt Heiko Haas, Regional Teamleiter für Straßenbeleuchtung von EnBW. Außerdem könnte die Beleuchtungsstärke in den späten Nachtstunden um bis zu 30 Prozent reduziert werden. Auch das soll während des Projektes untersucht werden.

Ein weiteres Beispiel, wie sich Energie sparen lässt, hat Digi International gemeinsam mit dem texanischen Energieversorger TXU Energy, der in Texas 2,1 Millionen Kunden mit Strom versorgt, und Comverge, einem Hersteller von intelli genten Thermostaten, gezeigt. Die intelligenten Thermostaten ermöglichen es, den Energieverbrauch, etwa von Klimaanlagen, über das Internet zu steuern. Das verschafft dem Energieversorger beispielsweise die Möglichkeit, Verbrauchsspitzen zu eliminieren und die Lastverteilung durch unterschiedliche Tarife über den Tag günstiger zu gestalten.

Digi steuert dazu das Ethernet-ZigBee- Gateway bei, Comverge die intelligenten Thermostaten und TXU Energy den iThermostat. Die Geräte kommunizieren über ZigBee mit dem Home Automation Network (HAN), das Ethernet-ZigBee-Gateway von Digi stellt die Verbindung zum Internet her, ohne dass Änderungen im Internetzugang nötig sind. Derzeit sind rund 5000 Geräte am Netz angeschlossen. Die Anwender können die Temperatur im Haus über jeden beliebigen Computer mit Internet-Anschluss einstellen bzw. Schwellenwerte vorgeben und damit sehr bequem unter Kontrolle halten. Der Web- Server läuft im Hintergrund. Er gibt die Einstellungen an das Gateway weiter, das dann über ZigBee die entsprechenden Daten an die Thermostaten überträgt. Der Energieversorger TXU ist über XML mit dem iDigi-Server verbunden, er braucht nicht die direkte IP-Adresse von dem jeweiligen Gateway zu kennen. Das erlaubt es den Anwendern, Kosten zu sparen. TXU wiederum erhält die Möglichkeit, die Klimaanlage des Kunden während Spitzenlastzeiten zyklisch zu schalten, um die Kraftwerke und Leitungen zu entlasten. TXU verspricht sich offenbar so viele Vorteile von dieser Technik, dass das Programm für die Kunden kostenlos ist. Die Geräte sind so ausgelegt, dass die Kunden sie sogar selber montieren können, um sich die Installationskosten zu sparen.

»Jetzt legt der Markt so richtig los. Sowohl in den USA als auch in Europa gehen die Pilotprojekte der Energieversorger in reale Anwendungen mit hohen Stückzahlen über«, sagt John Schwartz, Technology Strategist von Digi International. Großes Potenzial sieht er aber nicht nur für Anwendungen in den Haushalten, sondern auch in der Industrie, beispielsweise in der Lichtsteuerung.


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