Alterung von Papier-Massekabeln

Erdverlegte Mittelspannungskabel ohne Bagger prüfen

15. Juli 2016, 16:33 Uhr | Hagen Lang
Von links nach rechts: Stefan Link (Netzmanagement bei der Main-Donau Netzgesellschaft), Hagen Ruhland (Leiter Messtechnik bei der N-ERGIE), Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Weindl (Fakultät für Elektro- und Informationstechnik an der Hochschule Coburg), Dr. Jacob Hanke (Leiter Forschungstransfercenter an der Hochschule Coburg), Torsten Berth (Technischer Leiter Baur GmbH).
© N-ERGIE

Ohne Aufgraben untersucht das Forschungsteam um Prof. Dr. Christian Weindl im Auftrag der N-ERGIE AG den Zustand von Papier-Massekabeln, die werden zwar nicht mehr verbaut, machen im Nürnberger Stadtgebiet jedoch noch 50 Prozent der Mittelspannungsleitungen aus.

Bei vielen älteren erdverlegten Mittelspannungskabeln handelt es sich um sogenannte Papier-Massekabel, die mit öl- beziehungsweise massegetränkten Papierschichten isoliert sind. Im innerstädtischen Mittelspannungsnetz Nürnbergs stellen sie noch die Hälfte aller Leitungen. Ein Forschungsteam um Prof. Dr.-Ing. habil. Christian Weindl von der Hochschule für angewandte Wissenschaft Coburg überprüft im Rahmen einer Kooperation zwischen der N-ERGIE AG Nürnberg und dem Energie Campus Nürnberg mit einem Diagnosefahrzeug die Leitungen.

In einem Labor-Langzeitversuch wurden die Kabel künstlich beschleunigt gealtert, um Parameter zu identifizieren, die auf ein baldiges Ableben hindeuten. Gemeinsam mit der Firma Baur Prüf- und Messtechnik GmbH entwickelte das Forschungsteam einen Kabelmesswagen, mit dem Mitarbeiter der N-ERGIE bis 2018 rund 250 Kabelstrecken im Mittelspannungsnetz analysieren. Besonders interessiert sich die N-ERGIE für den Zustand von Mischkabelstrecken, die mit einer Mischung aus Papier-Massekabeln und mit vernetztem Polyethylen (VPE) isolierten bestückt sind.

Im Messwagen befinden sich umfangreiche Diagnosekomponenten, die im Zuge des Forschungsprojektes entwickelt wurden. Die Untersuchungen werden direkt an Umspannwerken und Trafostationen durchgeführt. Bei Frequenzen von 0.1 bis 50 Hertz werden Verlustfaktoren gemessen, die Auskunft über den Zustand der Kabelstrecken geben. Die Messergebnisse gehen in eine Datenbank ein, die mit Vergleichswerten die Entscheidung über einen möglichen Austausch unterstützt. »Die Feldmessungen laufen sehr gut an. Das hochgenaue Messsystem, das wir entwickelt haben, bewährt sich im praktischen Einsatz. Die Ergebnisse liegen in einem Bereich, der die Erkenntnisse unseres Laborversuchs bestätigt«, sagt Prof. Dr. Weindl.

Stefan Link, der bei der Main-Donau Netzgesellschaft für das Netzmanagement in der Region Nürnberg zuständig ist, erklärt: »Die Feldmessungen, die wir derzeit vornehmen, sind ein weiterer Schritt hin zu einem Datenbanksystem, das uns zukünftig die Wahrscheinlichkeit eines Ausfalls besser abschätzen lässt.«


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