Was zum Smart Grid gehört:

Flexibilisierung, Lastmanagement und Batterien

12. November 2012, 15:01 Uhr | Heinz Arnold
Prof. Jochen Kreusel, VDE: »Das System zu vergrößern bietet die Möglichkeit, über Stochastik zu nivellieren, solange Speicher fehlen und es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, die Spitzen abzuschneiden.«
© VDE

Ein Marktumfeld schaffen, das es erlaubt, den konventionellen Kraftwerkspark zu flexibilisieren, Lastmanagement auf europäischer Ebene und Batterien als Speicherelemente ab 2020: So kann die Energiewende gelingen.

Vier Punkte sind laut Prof. Jochen Kreusel, Vorsitzender der Energietechnischen Gesellschaft im VDE und Leiter Smart Grids von ABB, erforderlich, um die Energiewende umsetzen zu können: Die Flexibilisierung des konventionellen Kraftwerksparks setzt er an die erste Stelle. An die zweite Stelle setzt er die Vergrößerung des Verbundsystems, an die dritte Stelle den Verbrauch beeinflussen und Lastverschiebungen durchführen zu können. Und viertens nennt er die Einführung von Speichersystemen.

Grundsätzlich bieten alle konventionellen thermischen Kraftwerke Flexibilität, ihre Energieerzeugung lässt sich recht gut an den jeweils aktuellen Bedarf anpassen.

Ein Haken gibt es derzeit aber doch: Der Markt muss so gestaltet werden, dass die Betreiber Geld verdienen können, wenn sie die Flexibilität bereitstellen. Das ist derzeit nicht der Fall.

Wer das Thema Lastmanagement nur als ein Thema begreift, dass es in Deutschland zu lösen gilt, verkennt die Situation. »Wir müssen europäisch denken: Gerade im Netzausbau müssen wir als Exportnation über die Grenzen schauen«, sagt Alf Henryk Wulf, VDE-Präsident und Vorstandvorsitzender der Alstom Deutschland AG. Auf europäischer Ebene zu handeln, würde es vereinfachen, Erzeugung und Bedarf besser an einander anzupassen: »Das System zu vergrößern bietet die Möglichkeit, über Stochastik zu nivellieren, solange Speicher fehlen und es wirtschaftlich nicht sinnvoll ist, die Spitzen abzuschneiden«, erklärt Prof. Jochen Kreusel. Dann ließen sich sogar die Wasserkraftwerke in Skandinavien einbinden.

Warum also noch Speicher, wenn man über Lastverschiebungen und ein großes Verbundnetz Erzeugung und Verbrauch ausbalancieren kann? Weil dies eben nur bis zu einem gewissen Grad funktioniert: Überschreitet der Anteil der erneuerbaren Energien eine gewisse Schwelle, dann sind Speicher dringend erforderlich, weil das Verschiebungspotenzial nicht so schnell wächst wie die fluktuierend eingespeiste Energie, die ausgeglichen werden muss. Heute verfügt Deutschland über ein an einem Tag nutzbares Leistungspotenzial von 8,5 GW, das Pumpspeicherwerke und KWKs zur Verfügung stellen. Sehr viel mehr Pumpspeicherwerke können auf Basis der geografischen Gegebenheiten nicht hinzukommen. »Bis 2020 benötigen wir große Speicher noch nicht, danach aber schon!«, sagt Prof. Jochen Kreusel. VDE-Analysen haben gezeigt, dass ab einem Anteil der erneuerbaren Energien von 40 Prozent Speicher zu einem erfolgskritischen Element der Energiewende würden. Deshalb sei es auch vollkommen falsch, sich auf Basis der Prognose beruhigt zurück zu lehnen. Denn es sind heute kaum Speicher in Sicht, die für diese Zwecke geeignet wären. Hier ist noch viel Forschungsarbeit erforderlich und zwar sofort.

Was in fernere Zukunft erforderlich ist, darauf weist Prof. Albert Moser von der RWTH Aachen hin: »In einem Szenario mit einem Anteil der erneuerbaren Energien von 80 Prozent könnten 14 GW an Kurzzeitspeichern und 18 GW an Langzeitspeichern erforderlich werden.«


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