Mittels regelbarer Ortsnetztransformatoren sowie geeigneter Mess-, Datenlogging- und Übertragungstechnik lassen sich schon heute »smarte« Mittelspannungsnetze mit intelligenter Spannungsregelung aufbauen. Ein teurer Netzausbau ist so in vielen Fällen vermeidbar; zudem können die Netze dann erneuerbare Energien und Elektromobilität problemlos integrieren.
Die Zäsur »Energiewende« zeigt, dass mit der landauf, landab installierten Technik nicht mehr alle anstehenden Herausforderungen bewältigt werden können. Gleichzeitig aber fordert das Energiewirtschaftsgesetz (EnWG) zum einen die technische Sicherheit von Energieanlagen (§49 Abs. 2 bis 4) und zum anderen technische Mindestanforderungen, um die Interoperabilität der Elektrizitätsversorgungsnetze sicherzustellen (§19). Das heißt für die Netzbetreiber konkret, dass sie den Normalbetrieb und den Netzfehlerfall auch bei Einspeisung großer Mengen von Strom aus EEG-Erzeugungsanlagen (Erneuerbare-Energien-Gesetz) bewerkstelligen müssen. Ein Projekt in Regensburg mit Beteiligung der Regensburger Energie- und Wasserversorgung AG & Co. KG (Rewag), der Regensburg Netz GmbH, der OTH Regensburg (Ostbayerische Technische Hochschule) und der Maschinenfabrik Reinhausen GmbH (MR) zeigt Lösungen auf.
Die eingespeiste Leistung dezentraler Stromerzeugungsanlagen hat in den letzten Jahren wegen der massiven Förderung durch das EEG und der kurzentschlossenen Energiewende alle Prognosen übertroffen. Deshalb sind EEG-Erzeugungsanlagen bereits heute systemrelevant – viel früher als es die Bundesregierung geplant hat.
Besonders hart trifft dies die Betreiber von Verteilnetzen, denn wie die Transportnetze waren auch die Verteilnetze bisher nicht für reverse power flow konzipiert. Allerdings sind etwa »75 Prozent der installierten Leistung der EEG-Einspeiser an die Verteilnetze angeschlossen«, wie Prof. Dr.-Ing. Andreas F. X. Welsch von der OTH Regensburg auf Basis von Daten der DGS (Deutsche Gesellschaft für Sonnenenergie e.V., www.energymap.info) berechnete.
Welche Risiken und kostspieligen Herausforderungen unter diesen Vorzeichen entstehen, war den Vätern der Energiewende entweder nicht in vollem Umfang klar – oder sie nahmen sie billigend in Kauf; wie etwa das 50,2-Hz-Problem, bei dem alle PV-Anlagen >10 kWp durch Überfrequenzrelais so gut wie gleichzeitig vom Netz genommen werden, im »ungünstigsten Fall« sind dies laut einer Studie von Ecofys und IFK (Sept. 2011) »bis zu rund 9000 MW.«
Die Lösung dafür ist die 2012 in Deutschland auf den Weg gebrachte Systemstabilitätsverordnung (SysStabV). Sie ist die Grundlage für die Umrüstung bestehender Photovoltaikanlagen und soll die zuverlässige Stromversorgung und -erzeugung dadurch sicherstellen, dass die Schutzeinstellungen von rund 315.000 Photovoltaikanlagen mit einer Leistung von mehr als 10 kW verändert werden müssen.
Allein: »Die Kosten für die Nachrüstung der PV-Anlagen lägen insgesamt voraussichtlich bei etwa 65 bis 175 Mio. Euro zzgl. Verwaltungskosten auf Seiten der Wechselrichter-Hersteller und Verteilungsnetzbetreiber«, wie die Studie von Ecofys und IFK aufzeigt. Den dafür nötigen Umstellungszeitraum schätzt das Forum Netztechnik/Netzbetrieb im VDE (FNN) auf »drei bis vier Jahre«.
Eine weitere Herausforderung ist die Einhaltung des Spannungsbands in den unterschiedlichen Netzebenen. Die Integration dezentraler EEG-Erzeuger durch wirksame Maßnahmen zur Einhaltung des Spannungsbands (nach DIN EN 50160) ist eine Herkulesaufgabe für die Verteilnetzbetreiber, doch letzten Endes unabdingbar: um notwendige Netzausbauten zu reduzieren oder auf einen vertretbaren Zeitraum zu verteilen sowie um Fehlinvestitionen zu vermeiden, geht es doch um Kosten für die deutschen Verteilnetzbetreiber von etwa 11 bis 16 Mrd. Euro bis 2030 (laut Dena-Verteilnetzstudie).