Verschwörung der Lobbyisten?

Warum Netzbetreiber Erdkabel ablehnen

16. Dezember 2014, 11:33 Uhr | Heinz Arnold
Sieht Konzernlobbyisten und die Netzbetreiber hinter der Festlegung des Bundesbedarfsplangesetzes auf die Freileitungstechnik: Hans-Josef Fell.
© Hans-Josef Fell

»Erdverkabelung sollte nicht nur in Pilotstrecken, sondern prinzipiell an allen Streckenverläufen möglich sein. Die Bundestagmehrheit kann das zu jeder Zeit veranlassen«, sagt Hans Josef-Fell von den Grünen. Warum die Netzbetreiber sich so gegen Erdverkabelung einsetzen, ist ihm eher ein Rätsel.

Wie kommt es eigentlich, dass im Bundesbedarfsplangesetz vom 27. 3. 2013 die Freileitungstechnik als alternativlos dargestellt wird?

Es war ein harter politischer Kampf. Wir Grünen wollten schon im Netzausbaubeschleunigungsgesetz 2008 und erneut bei der Bundestagsentscheidung 2013, dass prinzipiell an den ganzen Strecken aller Leitungstrassen Erdverkabelungen ermöglicht werden. Union und Liberale haben es aber wie damals die SPD und die Union anders entschieden. Sie folgten den Lobbyisten der Konzerne, die behaupteten Erdverkabelungen, seien unverhältnismäßig teuer. Dabei hatte der europäische Verband der Kabelhersteller schon in der Anhörung 2008 gesagt, dass Erdverkabelungen nicht in jedem Falle teurer sein müssen. Nicht einmal unser Argument, technischer Fortschritt mit neuen Kabeln dürfe man doch nicht prinzipiell mit Quasiverboten verhindern, zog damals.

Wäre es aus ihrer Sicht falsch, wenn man behauptet, dass die Netzbetreiber im Grunde das Gesetz selber geschrieben haben?

Zumindest hatten sie den entscheidenden Einfluss auf den damals zuständigen  Wirtschaftsminister Rösler, der ihren Vorschlägen im Wesentlichen folgte. Die schwarz-gelben Abgeordneten hatten dann keine nennenswerten Änderungen am Regierungsentwurf vorgenommen, obwohl sie in den Anhörungen dem Rat vieler anderer Experten hätten folgen können. Es zeigt sich immer mehr, dass die Parlamentsmehrheit in Koalitionen unter den Regierungen Merkel nur noch ein Abnickerverein der Regierungsvorschläge ist, ohne mutige eigenständige Entscheidungskraft. Damit nimmt die Demokratie immer größeren Schaden, da ja das Parlament der Gesetzgeber ist und nicht die Regierung.    

Welche Möglichkeiten gibt es, dies zu ändern und so die Erdverkabelung als Alternative in Betracht ziehen zu können?

Es braucht dazu eine Gesetzesänderung, in welcher es nur heißen muss, dass Erdverkabelung nicht nur in Pilotstrecken, sondern prinzipiell an allen Streckenverläufen möglich ist. Die Bundestagmehrheit kann so etwas zu jeder Zeit tun.  Insofern lohnt es sich auf die Abgeordneten, besonders in den betroffenen Wahlkreisen, zuzugehen und ihnen eine Gesetzesänderung abzuverlangen. Ihr Wunsch, wieder Frieden in den Wahlkreisen zu bekommen, könnte tatsächlich eine entsprechende Triebfeder sein.

Aus welchem Grund setzt sich ein Netzbetreiber wie hier z.B. Tennet so stark dafür ein, dass eher Freileitungen gebaut werden als die Erdverkabelung durchgeführt wird? Man könnte ja meinen, dass die es den Netzbetreibern nur darauf ankommen sollte, die für sie kostengünstigste Lösung zu wählen. Wenn man dies unterstellt, dann müssten entweder  Fehler in der Berechnung von Herrn Rennert stecken – oder es gibt noch weitere Beweggründe, die hinter der Bevorzugung der Freileitungen stecken?

Bis heute habe ich die ablehnende Haltung der Netzbetreiber gegenüber Erdverkabelungen nicht verstanden. Eigentlich müssten sie ein Interesse haben, Zustimmung in der Bürgerschaft zu erlangen, weil sie ja selbst starke hohe Aufwendungen und sicherlich auch schlaflose Nächte wegen der Bürgerproteste haben. Auch wenn sie aktuell keine Gesetzesgrundlage für die vollständige Verkabelungen haben, kann aber durch augenöffnende Argumente Einfluss genommen werden, eine neue Gesetzesgrundlage zu bekommen. Wer sich aber so stark wie die Netzbetreiber auf die Freileitungen versteift, unter dauernder Nennung längst widerlegter Argumente, muss sich den Vermutungen aussetzen lassen, andere Motive im Hinterkopf zu haben.

Vielleicht wissen sie inzwischen auch, dass in vielen Fällen Erdkabel selbst im Höchstspannungssektor kostengünstiger als Freileitungen sein können. Da sie ja prozentual an den Gesamtkosten verdienen, haben sie natürlich kein gesteigertes Interesse, die Gesamtkosten niedrig zu halten. Tennet hätte schon längst für SuedLink eine Machbarkeitsstudie an ABB mit dem neuen 525 kV Erdkabel in Auftrag geben können, um herauszufinden, ob sie wirklich viel billiger sind, als die vielfache Behauptung Erdkabel seien achtmal teurer als Freileitungen. Warum sie das nicht tun, ist mir schleierhaft.  


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