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Neue Diagnosetechnik für intelligente Stromzähler

16. Mai 2022, 15:14 Uhr | Cosimo Carriero, Analog Devices
Ein Stromzähler auf mSure-Basis prüft die Genauigkeit der gesamten Metrologie-Funktion im laufenden Betrieb vor Ort.
© jwphotoworks/Adobe Stock

Um Kunden optimal mit Strom zu versorgen, setzen Energieversorger auf intelligente Zähler. Sie erlauben eine Diagnose des Netzes in Echtzeit und eine sofortige Fehlererkennung. Dieser Artikel illustriert die Grundlagen und aktuelle Entwicklungen in der Vor-Ort-Diagnose mit intelligenten Zählern.

Ein intelligenter Stromzähler ist die grundlegende Komponente eines modernen Stromversorgungsnetzes. Zusätzlich zur Anzeige des Stromverbrauchs kann ein solcher Stromzähler Daten über die Qualität der gelieferten Energie sammeln. Er kann zum Beispiel die Blindleistung, den Klirrfaktor, das Auftreten von Stoßspannungen und Spannungssprüngen sowie Änderungen der Frequenz messen, die alle zusammen Indikatoren für den Zustand des Stromnetzes sind. Aber wie arbeitet nun ein Stromzähler?

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Bild 1: Blockschaltungen für ein- und dreiphasige Stromzähler
© Analog Devices

Bild 1 zeigt eine Blockschaltung mit den Hauptkomponenten, sowohl für einen einphasigen als auch einen dreiphasigen Stromzähler. In einem smarten Stromzähler werden die elektrischen Eigenschaften über Strom- und Spannungsmessungen hergeleitet. Diese Messungen werden in einem speziellen analogen Front-End (AFE) verarbeitet und an einen Mikrocontroller übermittelt, der sie anzeigt oder sie für den Kommunikationsknoten zur Fernübertragung aufbereitet.

Die Sensoren zur Strom- und Spannungsmessung

Ein wichtiger Teil eines Stromzählers ist die Strommessung. Anders als die Spannungsmessung, die nur kleine Abweichungen von den Nominalwerten anzeigen kann, hat der Strom einen sehr weiten Dynamikbereich von einigen Milliampere bis zu einigen Hundert Ampere und muss über den gesamten Dynamikbereich mit größter Genauigkeit gemessen werden.

Während für die Spannungsmessung ein einfacher Widerstandsteiler, oder seltener ein Transformator, verwendet werden, können die Sensoren zur Strommessung sehr unterschiedlich sein. Generell werden dafür die folgenden vier Sensorarten eingesetzt: der Shunt, der Stromwandler (CT, Current Transformer), die Rogowski-Spule und der Hall-Sensor. Jeder dieser Sensoren hat seine jeweiligen Vor- und Nachteile. Der Shunt beispielsweise, verbreitet in den Stromzählern für Haushalte eingesetzt, hat wirtschaftliche Vorzüge und ist zweckmäßig. Der größte Nachteil des Shunts ist jedoch die Eigenerwärmung aufgrund des Joule-Effekts, was seinen Einsatz bei hohen Strömen einschränkt.

Im Vergleich dazu vermeidet der Stromwandler die Einschränkung des Shunts bezüglich des maximalen Stroms und ist auch elektrisch isoliert, was ein großer Vorteil ist. Der CT ist als Ringkerntransformator ausgelegt und seine Primärwicklung wird von dem Leiter gebildet, durch den der zu messende Strom durch den Ring fließen soll. Die Sekundärwicklung ist um ein ferromagnetisches Material gewickelt, die Anzahl ihrer Windungen legt das Übersetzungsverhältnis des Trafos fest.

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Cosimo Carriero ist als Staff Field Applications Engineer bei Analog Devices tätig.
© Analog Devices

Verglichen mit dem Shunt, ist der CT teurer und voluminöser. Eine signifikante Beschränkung des Stromwandlers ist sein ferromagnetischer Kern, der, wenn in Sättigung, den Betrieb des Stromzählers stark beeinträchtigt. Die Sättigung resultiert entweder aus einem DC-Offset in AC, einer hohen Stromspitze oder einem externen magnetischen Feld, wie es von einem Permanentmagneten erzeugt wird. Wegen dieser Einschränkungen müssen Systeme, die einen Stromwandler nutzen, abgeschirmt sein oder andere Schutzmechanismen verwenden, um Verfälschungen der gemessenen Werte zu vermeiden.

Hall-Sensoren haben einen exzellenten Frequenzgang und können hohe Ströme messen. Diese Vorzüge werden jedoch von der großen Temperaturdrift teilweise wieder aufgehoben, da hier eine Systemkalibrierung an mehreren unterschiedlichen Punkten nötig ist, um die erforderliche Genauigkeit zu erzielen.

Wie der Stromwandler und auch der Hall-Sensor ist die Rogowski-Spule immanent elektrisch isoliert. Die Rogowski-Spule ist eine Spule mit einem darauf abgestimmten Leiter, durch den der zu messende Strom fließt. Die magnetische Kopplung erfolgt über den Luftkern und hat damit nicht die typischen Sättigungsprobleme von ferromagnetischen Materialien. Der Nachteil der Rogowski-Spule ist, dass das vom Sensor generierte Signal proportional der Ableitung des Stroms ist und damit einen Integrator benötigen, um das Originalsignal wieder zu rekonstruieren.

Um einen großen Dynamikbereich und eine hohe Linearität zu erzielen sowie hohe Ströme messen zu können, benötigt die Rogowski-Spule einen stabilen Integrator. Außerdem ist die Rogowski-Spule besonders empfindlich auf externe Felder, die eine Manipulation der Strommessung durch den Endverbraucher ermöglichen.

Neue Technik für die nächste Generation der intelligenten Stromzähler

Ein intelligenter Stromzähler muss seine Funktion über einen langen Zeitraum, häufig von über zehn Jahren, akkurat ausführen. Eine optimale Entwicklung und die hohe Stabilität der elektronischen Halbleiterkomponenten ermöglichen es, diese hohe Genauigkeit über viele Jahre beizubehalten. Allerdings können Umgebungseinflüsse wie Blitzeinschläge sowie Strom- und Spannungsspitzen die Leistung der Sensoren permanent beeinträchtigen.

Ohne ein hochentwickeltes Diagnosesystem sind solche Effekte schwierig zu erkennen. Die Zählerdiagnosetechnik mSure von Analog Devices ermöglicht es, den Zustand der Messkette in Echtzeit zu überprüfen und den Sensor vor Umwelteinflüssen zu schützen. Diese Technik ist immun gegen Umwelteinflüsse und erkennt Manipulationen durch innovative Diagnosen.

Das Arbeitsprinzip der mSure-Technik ist in Bild 2 illustriert. Ein Standard-Stromzähler arbeitet als offener Regelkreis ohne Rückkoppelschleife. Die Ströme und Spannungen werden von Sensoren gewandelt, es gibt eine Verarbeitungskette, die eine Verstärkung hinzufügt, und am Ende eine Analog/Digital-Wandlung für das Generieren der Daten direkt in der digitalen Ebene. Jede dieser Komponenten trägt zum Gesamtfehler bei und Endkalibrierungen werden genutzt, um den Anfangsfehler zu kompensieren und sicherzustellen, dass der Zähler innerhalb der Spezifikationen einer bestimmten Genauigkeitsklasse bleibt.

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Bild 2: Vergleich eines Systems mit offenem und geschlossenem Regelkreis
© Analog Devices

Ist ein Standardzähler einmal installiert, lässt sich seine Genauigkeit nur noch so überprüfen: Man baut ihn aus und testet ihn im Labor. Eine weniger einschneidende Alternative ist es, die Leistung eines Produktionsloses zu verifizieren, aber das ist teuer. Im Gegensatz zu einem Standardzähler erlaubt ein intelligenter mit der mSure-Technik ausgestatteter Zähler das Verifizieren der Genauigkeit im Einsatz mit einem System mit komplexerem geschlossenem Regelkreis, wie in Bild 2 illustriert.

Der geschlossene Regelkreis enthält eine zusätzliche Referenzschaltung, die ein stabiles und sehr präzises Signal generiert, das in den Sensor eingespeist wird. Dieses Signal läuft durch die gesamte Messkette und wird von der Erkennungsschaltung aufgenommen. Die gesamte Signalkette wird in Echtzeit überwacht, erfasst sämtliche Fehler (wie Verstärkung, Drift etc.) und erlaubt die kontinuierliche Kalibrierung, um diese Fehler auszugleichen.

Darüber hinaus ist einer der größten Vorteile der mSure-Technik, die Erkennung von Missbrauch. Da die meisten Manipulationen das Verändern der Verstärkung der Messkette betreffen, kann mSure, anders als offene Regelkreise, diese Änderung sofort erkennen.

mSure ist nicht-intrusiv und kann stets aktiviert werden, wenn der Zähler läuft. Um eine akkurate Messung sicherzustellen, erkennt und korrigiert eine Abgleichschaltung den Beitrag einer mSure-Schaltung zur endgültigen Strommessung. Die Genauigkeit des Zählers hängt somit allein von der Genauigkeit der Referenzschaltung ab. Die Referenz hat per Definition eine höhere Genauigkeit als der im System eingesetzte Sensor.   

Es ist auch möglich, jederzeit eine Autokalibrierfunktion zu aktivieren. Die Kalibrierdaten setzen sich aus den Verstärkungen der Strom- und Spannungsmessketten zusammen. Die mSure-Technik kann diese Daten mit hoher Genauigkeit extrahieren, ohne dass man auf teure Kalibriergeräte zurückgreifen muss. Die Selbst-Kalibrierung beginnt, sobald man den Zähler mit der Stromversorgung verbindet. Das Vorhandensein eines Verbrauchers ist dabei optional.

Ist ein Stromzähler mit der mSure-Technik ausgerüstet und an seinem Bestimmungsort installiert, kann man die Genauigkeit des Zählers kontinuierlich oder in vorbestimmten Zeitintervallen überprüfen. Zeigt ein Zähler eine Genauigkeits-Drift, ist es möglich, die Kalibrierdaten so zu ändern, dass der Stromzähler wieder akkurat arbeitet.

Bisher erlauben es gesetzliche Vorschriften nicht, die Kalibrierdaten von Standardzählens im Einsatz zu ändern. Mit der mSure-Technik sind die Versorgungsunternehmen in der Lage, wenn nötig, sofort einzugreifen und haben selbst im Falle weitreichender Maßnahmen immer eine akkurate Bestimmung der Unterschiede in der Strommessung. 

Die Bausteine ADE9153B und ADE9322B sind mSure-geeignete ICs für Stromzähler mit Sensorüberwachung und Selbst-Kalibrierung für die nächste Generation von intelligenten Stromzählern von Analog Devices.     

Zusatznutzen durch Energy-Analytics-Studio

Zusätzlich zum mSure-Produktportfolio gibt es das Energy-Analytics-Studio (EAS). EAS ist ein Cloud-Analyse-Service zur Unterstützung der mSure-Technik, die den Zustand jedes einzelnen Zählers verifiziert (Zustandsüberwachung) und damit letztendlich Umsatz sichert.

Die mSure-Manager-Software, die auf dem System-Mikrocontroller läuft, sendet Daten über die Parameter des Zählers. Die Berichtsfrequenz kann dabei vom Betreiber festgelegt werden. Der mSure-Manager erlaubt es, den Zustand eines einzelnen Zählers, aller Zähler in einem bestimmten geografischen Bereich (zum Beispiel solche, die besonderen Wettereinflüssen ausgesetzt waren) oder alle Zähler eines bestimmten Fertigungsloses zu überprüfen.

Zusammenfassung

Die mSure-Technik erlaubt die Echtzeit-Diagnose von Stromzählern im laufenden Einsatz. Kombiniert mit Energy-Analytics-Studio, kann sie den Zustand der Zähler überwachen und damit die Notwendigkeit von Eingriffen im Fehlerfall eliminieren und auch Manipulationen verhindern.

Das Resultat sind Einsparungen für die Versorgungsunternehmen, da Verluste durch ein optimales Management der Zähler vermieden werden und dabei letztendlich auch die durchschnittliche Laufzeit der Zähler verlängert wird. (kv)


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