Großbritannien steht vor derselben Henne-Ei-Frage wie Deutschland: Wie gelingt es, Elektroautos in den Markt zu bringen, wenn die Ladeinfrastruktur fehlt? Ladeinfrastruktur wird aber nicht gebaut, wenn es keine Elektroautos gibt und sie zum Ladenhüter wird.
Auch in der britischen Automobilindustrie gibt es, wie in der deutschen die Erkenntnis, dass man der Entwicklung technologisch gerade hinterher läuft.
Selbst altehrwürdige Raubtiere rüsten also um: Jaguar Land Rover gestaltet die elektromobile Zukunft mit dem neuen „I-Pace“. Es ist das erste rein elektrische Fahrzeug des Konzerns. Der Ladespezialist Mennekes liefert exklusiv die Wallboxen dazu. Ab 2020 soll jede neue Baureihe von Jaguar Land Rover über elektrifizierte Modellversionen verfügen.
Solche könnten auch die Milchmänner bewirken. Jüngst kaufte der britische Milchlieferant Milk & More 200 Elektrofahrzeuge Marke „Streetscooter“ des Tochterunternehmens der Deutschen Post. Der entwickelt sich zum internationalen Verkaufsschlager.
Die britische Regierung erwartet, dass bis 2040 die Mehrheit der auf der Insel verkauften Neuwagen und Lieferwagen Elektroautos sein werden. Parallel gibt es mehr oder weniger klare politische Überlegungen, ab 2040 keine Fahrzeuge mehr mit Verbrennungsmotor neu zuzulassen.
Die Ausgangslage
Die Problematik in dieser Aufbruchsstimmung ist, dass es für sie noch keine Voraussetzungen gibt: „Um den Markt vorwärtszubringen, wird eine funktionierende Ladeinfrastruktur benötigt. Denn keiner kauft sich ein EV, wenn er nicht darin vertraut, dass er es auch laden kann. Deswegen hängt der EV-Markt von der Ladeinfrastruktur ab und deswegen ist sie das große Ding. Momentan gibt es in UK nur vereinzelte öffentliche Lademöglichkeiten, die Infrastruktur steht ganz am Anfang. Einige Unternehmen kündigen an, neue Ladestationen zu errichten, aber bisher sind es nur Ankündigungen“, skizziert Lawri Wilson, Area-Manager Großbritannien und Irland beim Batteriehersteller Tesvolt, die Situation.
Problematik des Netzes
Ein anderes Problem ist das Netz an sich. Hausanschlüsse sind in UK in der Regel nur einphasig (anders in Deutschland, da sind sie meist dreiphasig) und das begrenzt die Lademöglichkeiten am heimischen Anschluss. Aus Wilsons’ Sicht sieht die Zukunft in Großbritannien daher eher so aus, dass man zu Hause nur langsam über Nacht lädt und dann stärker darauf angewiesen ist, dass es an Tankstellen, Supermärkten oder am Arbeitsplatz etc. einen Schnelllader gibt.
Doch selbst dort gibt es Hürden: „Die Begrenzung der Leistung der Schnellladestationen wird davon abhängen, wie gut die Netzanbindung zum nächsten Umspannwerk ist. Vielleicht hat dann der regionale Netzbetreiber nicht mehr genug Kapazität übrig, um eine weitere ‚500-kW-Ladestation’ anzubinden, ohne viel Geld in das Upgrade dieses Umspannwerkes zu investieren. Und derjenige, der in die Ladestation installieren will, müsste dann die Kosten für den Umbau des Umspannwerkes tragen“, sagt Wilson.